Kinderarzt klärt auf:

Covid-Risiko für Kinder „überhaupt nicht gering“

Österreich
07.09.2021 22:16

Kinder ab zwölf Jahren können sich in Österreich seit Ende Mai mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer impfen lassen. Aber wann ist es für die Kleinsten so weit? Ab wann kann man Kinder unter zwölf immunisieren, und soll man das überhaupt? Wie gefährlich ist das Coronavirus für Kinder? Der Kinderarzt DDr. Peter Voitl klärt im Gespräch mit Damita Pressl über Mythen, Irrglauben und Zweifel auf.

Für Voitl ist die Sache klar: Ab zwölf Jahren kann man bedenkenlos impfen. Das empfiehlt der Arzt auch allen Eltern. „Mittlerweile haben wir ausreichend Daten. Rund elf Millionen Jugendliche sind in den Vereinigten Staaten geimpft worden, die Nebenwirkungen sind größtenteils harmlos: Kopfweh, Fieber oder Unwohlsein. Das entspricht den Zulassungsstudien. Beobachtet wurde in einem außerordentlich geringen Prozentsatz der Fälle eine Herzmuskelentzündung bei männlichen Jugendlichen, die ist aber immer harmlos verlaufen. Sie führt gelegentlich zu Spitalsaufenthalten, aber zu keinen Todesfällen. Im Vergleich ist der Nutzen der Impfung weit höher als das Krankheitsrisiko.“

„Können auf jeden Fall eine klare Empfehlung dafür abgeben"
Aus Österreich habe man noch nicht viele Daten, weil die Durchimpfungsrate in dieser Altersklasse noch recht niedrig ist. Es sei aber anzunehmen, dass die Situation ähnlich wie in den USA ist. Bei den Bedenken der Eltern gehe es hauptsächlich darum, dass die Zulassungsstudie mit nur 3000 Jugendlichen durchgeführt worden sei. „Da gab es natürlich große Unsicherheit, ob das ausreichend ist, um sämtliche Nebenwirkungen zu erfassen.“ Mittlerweile sei die Datenlage aber „außerordentlich gut. Wir können auf jeden Fall eine klare Empfehlung dafür abgeben“, sagt Voitl.

Aber das Coronavirus ist doch harmlos für Kinder? Das stimmt nicht, erklärt Voitl: „Das Risiko ist überhaupt nicht gering. Auch die Hospitalisierung ist nicht angenehm. Man darf nicht immer nur alles an der Sterberate festmachen.“

„Ein Kind auf der Intensivstation zu haben, ist nicht lustig“
Die Sterberate ist tatsächlich gering. „Die AGES meldet drei Sterbefälle von Kindern unter 15. Das ist vergleichsweise nicht viel. Aber Long Covid erwartet man bei sechs bis zehn Prozent der Kinder. Das ist viel, und das bedeutet Geschmacksverlust, Geruchsverlust und ein Erschöpftheitszustand, der gerade in der Altersklasse, wo die Entwicklung stattfindet, höchst problematisch ist. Zusätzlich gibt es die schweren Verläufe. Ein Kind auf der Intensivstation zu haben, ist nicht lustig.“

Derzeit „keine Anhaltspunkte“ für Langzeitfolgen
Aber woher will denn die Wissenschaft wissen, dass es wirklich keine Langzeitfolgen gibt? „Man muss unterscheiden zwischen Langzeitfolgen und Spätfolgen. Spätfolgen sind Folgen, die Jahre nach der Impfung auftreten - das ist medizinisch nicht möglich. Auf eine Impfung reagiert man immer gleich. Das ist nicht wie bei einem Medikament, das man über lange Zeit einnimmt. Langzeitfolgen müsste man jetzt langsam herausfiltern können, auch seltene, wenn man Hunderte Millionen geimpft hat. Aber derzeit hat man keinen Anhaltspunkt dafür“, so Voitl.

Derzeit Dosisfindungsstudien
Und was ist mit Kindern unter zwölf Jahren? „Ich denke, mit Jahreswechsel wird der Impfstoff für Ab-Sechsjährige zur Verfügung stehen.“ Auch für die Kleinsten sollte es im Laufe des kommenden Jahres so weit sein, erklärt der Arzt. Die Impfstoffe für Unter-Zwölfjährige werden wohl dieselben sein, die wir bereits kennen. Derzeit laufen Dosisfindungsstudien, um festzustellen, in welcher Dosis diese bei Kindern am besten verabreicht werden.

Die ersten Ergebnisse der Zulassungsstudie werden noch im September erwartet. Über kurz oder lang rechnet Voitl damit, dass alle gängigen Impfstoffe auch für Kinder zugelassen werden.

Wie fühlen sich eigentlich Kinderärzte, wenn ein paar Schauspieler meinen, sich durch öffentliche Zurschaustellung fachfremder Meinungen in die Impfdebatte einmischen zu müssen? Voitl: „Meines Wissens hat keiner davon eine virologische Ausbildung oder ein Medizinstudium absolviert. Es gibt den schönen Satz: ‚Wer das glaubt, was Til Schweiger sagt, soll sich dann auch von ihm behandeln lassen, wenn er Corona bekommen sollte.‘ Man soll im Rahmen seiner beruflichen Kompetenzen bleiben.“

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