Ein Radler, querschnittgelähmt wegen einer Stolperfalle, ein Artist ohne Salto-Kompetenz nach einem Unfall und Kuss-Probleme wegen OP-Pfusch: Schmerzensgeld-Zusprüche, die für Schlagzeilen sorgten.
Das aktuelle Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) rund um einen nun querschnittsgelähmten Radfahrer sorgte für Aufsehen - die „Krone“ berichtete. Der Niederösterreicher, einst begeisterter Sportler, stürzte bei einer Tour, weil ein Landwirt eine Nylonschnur im Gelände gespannt und der Radler das Hindernis zu spät gesehen hatte. Der Familienvater ist seither querschnittsgelähmt. Der OGH entschied jetzt: Das Opfer ist zu drei Viertel mitschuldig am Unfall, von den geforderten 320.000 Euro Schmerzensgeld bekommt er also nur ein Viertel. Ein schwacher Trost.
Ein gestaffelter Rahmen
Der Anspruch auf Schmerzensgeld (österreichisch auch Schmerzengeld) ist in Österreich der Höhe nach geregelt. § 1325 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches besagt klar: „Wer jemanden an seinem Körper verletzt, bestreitet die Heilungskosten des Verletzten, ersetzt ihm den entgangenen oder auch künftig entgehenden Verdienst (etwa bei Erwerbsunfähigkeit, Anm.) und bezahlt ihm auf Verlangen überdies ein den erhobenen Umständen angemessenes Schmerzengeld.“
Dieses „Verlangen“ muss innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis des Schadens gerichtlich geltend gemacht werden. Die Beweislast liegt beim Verletzten. Absolute Verjährung tritt nach 30 Jahren ein. Für einen künftigen Folgeschaden - der oft noch gar nicht vorhersehbar ist - kann diese Verjährungsfrist durch eine Feststellungsklage (§ 228 ZPO) verhindert werden.
Tagsätze bis zu 360 Euro
Die Höhe des Schmerzensgeldes ist in Österreich zwar geregelt - aber interessanterweise können sich Gerichte in einem Geldrahmen bewegen. Ein Tag leichte Schmerzen - den Betroffenen gelingt „Ablenkung“, man ist sogar arbeitsfähig - kostet Verursacher 100 bis 120 Euro. Bei einem starken Schmerzzustand können sich schwer Erkrankte an nichts mehr erfreuen, wahrscheinlich nicht einmal an Tagsätzen von 300 bis 360 Euro.
Hier können zu den Tagsätzen auch die Abgeltung von Heilungs- und Behandlungskosten, Aufwendungen für Haushaltshilfen und Medizingeräte, z.B. Gehhilfen, aber auch Umbaukosten der Wohnung oder des Hauses eingeklagt werden - wenn der Verunfallte behindert bleibt. Einen Sonderfall stellt das Trauerschmerzensgeld dar, hier gibt es weder Ober- noch Untergrenzen. In der gerichtlichen Praxis aber wird für die Berechnung auch die Schmerztabelle herangezogen.
Apropos Gerichtsweg: Klüger ist freilich eine außergerichtliche Einigung - in den meisten Fällen mit Versicherungen -, denn gerade Zivilprozesse sind langwierig und kostspielig. Dafür ist das zugesprochene Schmerzensgeld immer steuerfrei. Denn es betrifft die Privatsphäre der Geschädigten. Bei Entschädigungen für Verdienstentgang hingegen nascht der Fiskus mit - diese sind steuerpflichtig!
44 Millionen Euro für Hose, die verloren ging
In den USA kommt es zu 40 Millionen Klagen pro Jahr wegen Schadenersatz. Auch skurrile Sachen werden verhandelt.
Doch wieso kommt es zu solch skurrilen Klagen mit horrenden Summen bei der Forderung nach Schmerzensgeld? Einfach ausgedrückt: In den USA sind die Gerichtskosten günstig (bis zu 160 Euro), und Anwälte kämpfen für ihre Mandanten, weil sie gewinnbeteiligt sind.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.