Fragen an Kandidaten

Wie stehen Sie zur aktiven Sterbehilfe?

Wien
02.10.2020 06:01

Wie stehen Sie zur aktiven Sterbehilfe? Es ist ein heikles Thema und fällt nicht in den Kompetenzbereich der Wiener Stadtregierung - trotzdem interessiert uns die Meinung der Kandidaten der Wien-Wahl zum Thema aktive Sterbehilfe.

Wie berichtet, muss sich der Verfassungsgerichtshof mit der Causa beschäftigen. Und erst kürzlich hatte ein Fall in Linz für Aufregung gesorgt. Und das sagen die Politiker ...

Michael Ludwig (SPÖ):
Für uns stehen die Fürsorge, die Solidarität und die Selbstbestimmtheit am Ende des Lebens an oberster Stelle. Wir wollen, dass alle Menschen in Würde leben und auch in Würde sterben können. Da geht es um Freiheit von Schmerz und Angst sowie um Betreuung und Begleitung in einem würdevollen Umfeld. Damit das in Österreich erreicht werden kann, müssen jedoch noch jede Menge Hausaufgaben erledigt werden: Es braucht einen breiten Ausbau der Palliativ- und Hospizdienste mit einem bundesweiten Rechtsanspruch, und der Zugang darf nicht vom Wohnort oder finanziellen Möglichkeiten abhängig sein. Mir ist die Betreuung von Menschen mit schweren und unheilbaren Erkrankungen ganz besonders wichtig.

Birgit Hebein (Grüne):
Für die Grünen ist der Ausbau von Palliativ-Angeboten und Hospizen, bei denen die Menschen und Betroffenen im Mittelpunkt stehen, oberste Priorität. Wir wollen, dass der Tod enttabuisiert wird, dass Menschen in Würde altern können. Schmerzen und Leid gehören leider mit dazu, unser Ziel als Gesellschaft muss es aber sein, dass wir Menschen begleiten und es ihnen erleichtern. Dazu gehört auch Hilfe für die Betroffenen - nicht nur für die Sterbenden, sondern auch für (pflegende) Angehörige. Oftmals ist der Wunsch zu sterben darin begründet, dass die Gepflegten ihrem Umfeld nicht zur Last fallen wollen. Hier müssen wir als Gesellschaft eingreifen. Es braucht eine breite Diskussion über Sterbehilfe.

Dominik Nepp (FPÖ):
Ich sehe das Thema durchaus kritisch, da ich die große Gefahr der Manipulation und des Missbrauchs erkenne. Außerdem glaube ich, dass es weder Angehörigen noch medizinischem Personal zugemutet werden darf, über Leben und Tod eines Menschen zu entscheiden. Aber es ist zweifellos auch so, dass es bei allem technischen und wissenschaftlichen Fortschritt unmenschlich sein kann, die medizinischen Grenzen des Möglichen völlig auszuschöpfen. Aber hier setzen ja bei uns in Österreich ohnedies die durchaus gebräuchlichen palliativen Behandlungsmethoden an, deren Ziel es ist, nur noch die Beschwerden und Schmerzen eines Patienten zu lindern, um eine höchstmögliche Lebensqualität für unheilbar kranke Menschen zu erreichen.

Gernot Blümel (ÖVP):
Das ist natürlich ein sehr sensibles Thema und für die österreichischen Verfassungsrichter derzeit eine extrem schwierige Entscheidung. Unsere Position ist aber sehr eindeutig, sie ist auch in unserem Grundsatzprogramm festgehalten. Wir bekennen uns zur Würde eines jeden Menschen in jeder Phase seines Lebens. Jeder Sterbende ist ein Lebender - bis zuletzt. Aber niemand darf am Ende seines Lebens alleingelassen werden. Dies bedeutet für uns, dass ein Klima der Mitmenschlichkeit gefördert wird und die Hospiz- und Palliativversorgung flächendeckend ausgebaut werden. Als Instrumente der Selbstbestimmung fördern wir zudem die Patientenverfügung und die Vorsorgevollmacht. Aktive Sterbehilfe lehnen wir hingegen entschieden ab.

Christoph Wiederkehr (Neos):
Die Diskussion um das sehr sensible und komplexe Thema Sterbehilfe in großen Teilen der Bevölkerung und die Entwicklungen in Europa machen es unumgänglich, auch in Österreich endlich eine offene und ehrliche Diskussion über Sterbehilfe zu führen. Die Politik tritt zentrale gesellschaftliche Fragen leider immer öfter an Höchstgerichte ab, weil sie sich vor einem unvoreingenommenen Diskurs fürchtet. Wer diese Diskussion verbietet oder rein ideologisch führt, belässt unzählige Menschen weiter in einem persönlichen Dilemma und drängt sie bei einer der schwersten Entscheidungen des Lebens in die Kriminalität. Wir fordern daher einen breiten gesellschaftlichen Diskurs zum Thema Sterbehilfe.

Heinz-Christian Strache (Team HC Strache):
Das ist ein sehr sensibles Thema und als mögliches Gesetzgebungsprojekt höchst anspruchsvoll. Hier bedarf es einer grundlegenden Unterscheidung der Formen von Sterbehilfe. Nämlich der aktiven, der passiven und der indirekten. Die aktive oder gar kommerziell organisierte Sterbehilfe sollte als Tötung auf Verlangen weiterhin strafbar sein, passive und indirekte Sterbehilfe nicht. Bei der passiven Sterbehilfe werden lebensverlängernde Maßnahmen entsprechend dem Patientenwillen nicht eingeleitet, abgebrochen oder nicht fortgesetzt. Bei der indirekten Sterbehilfe bekommt der Patient zur Schmerzlinderung medizinisch gebotene Mittel, die als unvermeidbare Folge eine lebensverkürzende Wirkung haben.

Kronen Zeitung

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