Polizist schoss 7 Mal

Jacob Blake: Trotz Lähmung an Spitalbett gefesselt

Ausland
29.08.2020 00:09

Ein weißer Polizist hatte Jacob Blake (29) in Kenosha im US-Bundesstaat Wisconsin sieben Mal aus nächster Nähe in den Rücken geschossen. Seine drei Kinder im Alter von drei, fünf und acht Jahren saßen auf dem Rücksitz und mussten die furchtbaren Szenen mit ansehen. Blake überlebte, ist aber derzeit von der Hüfte abwärts gelähmt. Umso unverständlicher für seinen Vater, warum man seinen Sohn im Krankenhaus mit Handschellen ans Bett fesselte: „Er kann nicht aufstehen. Er kann selbst dann nicht aufstehen, wenn er es wollte.“ Die Beschwerde zeigte Wirkung: Blake wurden am Freitag die Fesseln abgenommen, auch die polizeiliche Überwachung wurde eingestellt.

„Warum haben sie so oft auf mich geschossen?“, habe Blake seinen Vater als Erstes gefragt, als er wieder zu Bewusstsein gekommen sei, schilderte Jacob Blake Sr. CNN. „Sie hätten überhaupt nicht auf dich schießen sollen“, habe dieser ihm geantwortet. Und auch sein Enkelsohn, der im Auto gesessen war und an diesem Tag seinen achten Geburtstag hätte feiern sollen, könne es nicht verstehen: „Warum haben sie meinem Daddy in den Rücken geschossen?“

Darüber hinaus sorgte nicht nur innerhalb seiner Familie für Empörung, dass Blake trotz seiner schweren Verletzung mit Handschellen an das Krankenhausbett gefesselt und polizeilich überwacht worden war. Sein Onkel sprach von einer „Beleidigung“, dass man seinen Neffen mit „kaltem Stahl am Knöchel“ festgehalten: „Er ist gelähmt und kann nicht laufen, und sie ketten ihn an das Bett. Warum?“

Sheriff-Büro: Maßnahmen wegen früherem Haftbefehl
Ein Sprecher des Sheriff-Büros sagte gegenüber CNN, dass dies an einem Haftbefehl liege, der wegen eines Verdachts auf häusliche Gewalt Anfang Mai gegen Blake erwirkt worden sei. Blake habe damals unrechtmäßig ein Haus betreten und im Schlafzimmer eine Frau sexuell attackiert, bevor er mit ihrem Wagen davongefahren sei. Gegen diesen Haftbefehl sei Blakes Anwalt Patrick Cafferty nun vorgegangen und habe erreicht, dass er fallengelassen wurde, wurde mitgeteilt.

„Vor fünf Minuten sind die Handschellen bei Mister Blake entfernt worden und die Beamten haben sein Zimmer verlassen“, sagte der Anwalt laut einem Bericht des „Wisconsin State Journal“ Freitagmittag Ortszeit. Der Gouverneur des Bundesstaats Wisconsin, Tony Evers, hatte bereits am Donnerstag Unverständnis über die Sicherheitsmaßnahme gezeigt. „Ich persönlich verstehe nicht, warum das notwendig sein sollte“, sagte der US-Demokrat. „Ich würde mir wünschen, dass wir einen besseren Weg finden würden, ihm bei der Genesung zu helfen.“ Das Festketten erscheine ihm wie „schlechte Medizin“. 

Mehrere Operationen bereits hinter sich
Es ist ungewiss, ob Blake jemals wieder wird gehen können. Laut seinem Vater kämpft er weiterhin um sein Leben. Blake sei mehrmals operiert worden. Er habe innere Verletzungen erlitten, eine zersplitterte Wirbelsäule - und in seinem Rückenmark seien Kugelsplitter.

Familie: Blake wollte Streit zwischen zwei Frauen schlichten
Ein weißer Polizist hatte den 29-Jährigen, der nach Angaben seiner Familie einen Streit zwischen zwei Frauen habe schlichten wollen, am vergangenen Sonntag in Kenosha mit sieben Schüssen aus nächster Nähe schwer verletzt. Auf einem Handyvideo von dem Polizeieinsatz ist zu sehen, wie Blake zu seinem Auto geht, gefolgt von zwei Polizisten mit gezückten Waffen. Eine der Waffen ist auf seinen Rücken gerichtet. Als Blake die Fahrertür öffnet und sich ins Auto beugt, packt einer der Polizisten ihn, dann fallen die Schüsse. Blake sackt in sich zusammen.

Zwei Tote in Kenosha - 17-Jähriger wegen Mordes angeklagt
Die schwer zu fassenden Szenen ließen die Proteste im Rahmen der „Black Lives Matter“-Bewegung erneut aufflammen, teilweise kam es zu Ausschreitungen. In Kenosha selbst etwa wurden Gebäude und Autos angezündet. Am Rande der Proteste dort wurden am Dienstagabend zwei Menschen erschossen, als Tatverdächtiger wurde ein 17-Jähriger festgenommen.

Martin Luther King III: „Wir fordern echten und dauerhaften Wandel“
Friedlicher ging es am Freitag vor dem Lincoln-Memorial im Herzen der US-Hauptstadt Washington zu, wo Zehntausende Demonstranten unter dem Motto „Nehmt eurer Knie aus unserem Nacken“ ebenfalls ein Ende der Polizeigewalt gegen schwarze US-Amerikaner und echte Gleichberechtigung für alle forderten. Der Marsch wurde nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis Ende Mai organisiert. Ein weißer Polizist hatte Floyd mehr als acht Minuten lang sein Knie in den Nacken gedrückt, obwohl der 46-Jährige mehr als 20 Mal klagte, er bekomme keine Luft.

Zu dem Protestmarsch aufgerufen hatte der Bürgerrechtler Martin Luther King III, der älteste Sohn von Martin Luther King Jr., der auf den Tag genau vor 57 Jahren in Washington seine berühmte Rede mit den Worten „Ich habe einen Traum“ hielt. „Wir fordern echten, dauerhaften, strukturellen Wandel“, sagte Martin Luther King III am Freitag bei der Kundgebung. Bei der Demonstration hielten Verwandte Floyds und Angehörige von weiteren afroamerikanischen Opfern von Polizeigewalt Reden.

Generalstaatsanwalt: Blake hatte ein Messer im Auto
Die Polizisten versuchen ihre Vorgehensweise zu verteidigen: Blake habe ein Messer in seinem Fahrzeug gehabt, bestätigte am Mittwoch der Generalstaatsanwalt des Bundesstaates, Joshua Kaul, das habe er den Polizisten auch vorher gesagt. Das Messer sei auf dem Boden des Innenraums auf der Fahrerseite sichergestellt worden. Weitere Waffen wurden aber nicht gefunden.

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