Liegt im Koma

Putin-Kritiker Nawalny soll jetzt nach Deutschland

Ausland
20.08.2020 20:58

Einer der bekanntesten Regierungskritiker Russlands liegt mit Vergiftungssymptomen offenbar im Koma. Alexej Nawalny (44) sei auf einer Intensivstation und werde künstlich beamtet, sagte seine Sprecherin am Donnerstag. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eine Behandlung Nawalnys in einem deutschen Krankenhaus angeboten. Ärzte in Russland kämpfen derzeit in einem Krankenhaus um Nawalnys Leben, der nach Angaben seiner Sprecherin „gezielt vergiftet“ wurde.

Eine Maschine mit medizinischer Ausrüstung und Spezialisten an Bord soll am Freitag nach Omsk fliegen, um den lebensgefährlich erkrankten Kreml-Kritiker nach Deutschland zu holen, teilte die Initiative „Cinema for Peace“ am Donnerstagabend mit. 

Nawalny möglicherweise schon Freitag in Berlin
„Wir sind in Kontakt mit den Behörden und hoffen, dass wir alle Genehmigungen und einen Arztbericht für den Koma-Patienten erhalten.“ Falls der 44-Jährige transportfähig sei, sei der Rückflug gleich für Freitag geplant. Kosten für Flug und Behandlung würden von Privatleuten bezahlt. Es wird erwartet, dass Nawalny am frühen Nachmittag in Berlin ankommt, die Berliner Charité sei bereit, den Patienten zu behandeln. An Bord der Spezialmaschine für den Krankentransport befand sich laut „Bild“ neben medizinischem Gerät ein Rettungsteam aus Nürnberg.

Eine Nawalny nahestehende Ärztin, Anastasia Wassiljewa, begrüßte auf Twitter ein Angebot des Kreml-Sprechers Dmitri Peskow, wonach Moskau einen Transfer Nawalnys nach Deutschland unterstützen werde.

Der Oppositionelle hatte seiner Sprecherin Kira Jarmisch zufolge auf dem Flughafen von Tomsk in einem Café einen Tee getrunken. Die Agentur Interfax meldete unter Berufung auf den Café-Besitzer, dort würden nun die Überwachungskameras überprüft. Der Fluggesellschaft S7 zufolge nahm Nawalny auf dem Flug nach Moskau nichts zu sich. Er habe sich kurz nach dem Start unwohl gefühlt. 

Ähnlicher Vorfall 2019
Jarmisch ließ offen, wer für eine Vergiftung verantwortlich sein könnte. Die Lage ähnele einem Vorfall von 2019, als ein Arzt bei Nawalny Allergiesymptome auf eine mögliche Vergiftung zurückführte, sagte sie. Die Polizei sei nun ins Krankenhaus gerufen worden. Dort erklärten die behandelnden Ärzte einerseits, Nawalnys Zustand sei stabil und er liege im Koma. Es hieß aber auch, er schwebe in Lebensgefahr und man versuche, ihn zu retten. Zwar wurde laut Jarmisch Nawalnys persönlicher Arzt eingeflogen. Jedoch verhindere das Krankenhauspersonal eine Untersuchung. Auch Nawalnys Ehefrau flog aus Moskau ein. Der russische Regierungssprecher Dmitry Peskow sagte, eine Vergiftung sei bislang nicht bestätigt. Er wünsche Nawalny aber eine baldige Genesung.

Merkel und Macron bestürzt über Vorfall
Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zeigten sich bestürzt über den Vorfall. Beide boten eine Behandlung in ihren Ländern an. Merkel forderte eine Aufklärung des Vorfalls. Deutschland sei zu aller gesundheitlichen Hilfe für Nawalny bereit, „auch in deutschen Krankenhäusern“, sagte die Kanzlerin bei einem Treffen mit Macron in Südfrankreich.

„Putin hat Angst“
Nawalny ist einer der prominentesten Kritiker von Russlands Präsident Wladimir Putin. Er hat in den vergangenen Jahren als Organisator von Protesten wiederholt Haftstrafen verbüßt. In Russland finden im September Regionalwahlen statt. Nawalny und seine Mitstreiter haben im Vorfeld Kampagnen für oppositionelle Kandidaten gestartet. In Diplomatenkreisen wurde zudem auf die jüngsten Massenproteste in Belarus verwiesen. „Putin hat Angst“, sagte ein EU-Vertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte. „Er schickt eine Botschaft an sein eigenes Volk, nicht das zu Hause zu probieren, was sie im TV in Belarus sehen.“

Russlands Regierung weist Anschuldigungen zurück
Die russische Regierung wies unterdessen Anschuldigungen zurück, dass sie unliebsame Personen mit Gift aus dem Weg schaffen lässt. Dieser Vorwurf wurde unter anderem nach dem Tod des russischen Ex-Spions und Regierungskritikers Alexander Litwinenko erhoben, der 2006 in London an einer Vergiftung durch Polonium in seinem Tee starb. Auch der Angriff mit Nervengift auf den früheren Doppelagenten Sergej Skripal 2018 im britischen Salisbury gehört dazu.

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