52,5 Prozent der Schüler in Wien haben eine nicht-deutsche Umgangssprache. Der Anteil ist im Schuljahr 2018/19 leicht gestiegen. In Favoriten sind es 72,7 Prozent, wie neue Daten für Wien zeigen, die im Juni vom Österreichischen Integrationsfonds veröffentlicht werden. Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) hat mit der „Krone“ vorab über die Zahlen gesprochen.
„Krone“: Frau Ministerin, Sie haben ganz neue Zahlen für Wien vorliegen. Wie schauen die denn genau aus?
Susanne Raab: Mir ist wichtig, dass wir faktenbasierte Politik machen. Integration wird dort schwierig, wo Parallelgesellschaften entstehen und eine Interaktion mit der österreichischen Gesellschaft nicht stattfindet. Das wird dort ein Thema, wo wir einen hohen Anteil an Zuwanderern haben. In Wien haben wir jetzt neue Zahlen vorliegen. 52,5 Prozent der Schüler in Wien haben eine nicht-deutsche Umgangssprache. Also mehr als die Hälfte spricht zu Hause nicht Deutsch. In Favoriten beträgt der Anteil über 70 Prozent! An Neuen Mittelschulen in Margareten haben mehr als 90 Prozent der Kinder eine nicht-deutsche Umgangssprache.
Nun sagt die Statistik Austria selbst über diese Zahlen, dass sie nichts über die tatsächlichen Deutschkenntnisse der Kinder aussagen. Sie sagen lediglich aus, ob noch eine nicht-deutsche Umgangssprache vorhanden ist.
Die Statistik sagt aus, wie viele Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund kommen.
Aber sie sagt nichts über Deutschkenntnisse aus. Die Kinder können auch super Deutsch sprechen.
Die Statistik sagt aus, dass es wirklich wichtig ist, dass diese Kinder Unterstützung bekommen, weil sie in den Familien nicht mit Deutsch vertraut geworden sind. Deutsch ist der Schlüssel für gelungene Bildung. Bei Kindern haben wir die Chance, dass sie einen guten Integrationsverlauf machen. Und die Zahlen zeigen, dass wir mit den Eltern arbeiten müssen. 25 Prozent der afghanischen Flüchtlinge in Österreich waren noch niemals in einer Schule im Herkunftsland. Daher haben wir jetzt die Sommerschulen, wo Kinder intensiv Deutsch lernen, und Elternkurse, wo Eltern erfahren, wie wichtig es ist, dass man mit Lehrern kooperiert oder zum Elternsprechtag geht.
Bei Ihnen klingt Mehrsprachigkeit immer so, als wäre sie ein Problem. Man könnte sie als Integrationsministerin auch als Qualifikation sehen.
Mehrsprachigkeit ist eine Ressource. Wenn aber Deutsch nicht gut gesprochen wird, ist es eine Hürde.
Aber das gibt diese Statistik ja nicht her.
Wir wissen jedenfalls, dass wir Tausende Kinder in Deutschklassen in Österreich haben.
Bleiben wir bei Deutschklassen. Wie ist Ihr Urteil?
Ich bin hundertprozentig von Deutschklassen überzeugt. Für mich macht es total Sinn, dass Kinder zuerst Deutsch lernen, bevor man Algebra macht.
Deutschklassen sind eine der Maßnahmen, die von einem neuen Expertenbericht, so wie die Hälfte Ihrer Integrationsagenden, als desintegrativ gewertet werden.
Das ist ein Bericht einer NGO. Unser Zugang ist bewusst ein anderer: Integration ist ein wechselseitiger Prozess. Das Angebot muss angenommen werden. Es gibt eine Integrationspflicht. Wenn diese nicht wahrgenommen wird, gibt es Sanktionen und Kürzungen der Sozialhilfe. Ich halte das für den richtigen Zugang.
Interview: Maida Dedagic, Kronen Zeitung
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