Trump: „Hexenjagd“

Amtsenthebung? US-Kongress setzte ersten Schritt

Ausland
24.09.2019 23:16

Der US-Kongress leitet erste Schritte für eine Amtsenthebung von Präsident Donald Trump ein. Sie habe eine entsprechende Untersuchung angeordnet, teilte die Präsidentin des Abgeordnetenhauses, Nancy Pelosi, am späten Dienstagabend unserer Zeit mit. Trump habe bei seinem umstrittenen Telefonat mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj Verfassungsbruch begangen. Das will Trump nicht hinnehmen: Er kündigte an, am Mittwoch die Mitschrift des strittigen Telefonats zwischen ihm und Selenskyj zu veröffentlichen.

Trump „hat seinen Amtseid verletzt“, kritisierte Pelosi, Politikerin der oppositionellen Demokraten, mit Blick auf Berichte, wonach Trump Selenskyj zu Handlungen aufgefordert hatte, die seinem möglichen Kontrahenten bei der Präsidentenwahl im kommenden Jahr, Ex-Vizepräsident Joe Biden, schaden könnten. Im Gegenzug soll Trump dem Ukrainer auch ein unangemessenes „Versprechen“ gegeben haben - zu dessen Inhalt ist allerdings nichts bekannt.

US-Medien berichteten, Trump habe persönlich angeordnet, der Ukraine zugesagte Hilfsgelder von rund 400 Millionen US-Dollar (364,13 Mio. Euro) zunächst nicht auszuzahlen. Demokraten sehen in dem Vorfall versuchte Beeinflussung der im November 2020 anstehenden Präsidentenwahl mithilfe einer ausländischen Regierung und möglichen Amtsmissbrauch.

Trump sieht „lächerliche Hetzjagd“ wegen „angemessenem Gespräch“
Trump hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe mehrfach zurückgewiesen. Er sprach am Dienstag in New York und in einer Twitter-Tirade von einer „lächerlichen Hexenjagd“. Es sei „so ein erfolgreicher und wichtiger Tag bei den Vereinten Nationen“ gewesen - „und die Demokraten mussten dies natürlich mit Breaking-News-Hexenjagd-Müll absichtlich ruinieren“, so der Präsident. Zudem erklärte er, die Veröffentlichung der Mitschrift des strittigen Telefonats genehmigt zu haben. Die Öffentlichkeit werde dann sehen, „dass es ein sehr freundliches und absolut angemessenes Gespräch war“, twitterte Trump. Seine Anhänger schwor er mit einem dramatisch geschnittenen Video auf „4 more years“ ein. Innerhalb von Minuten hatte das Video mehr als 160.000 Abrufe.

Trump: Zurückhaltung der Gelder hatte andere Gründe
Trump wehrte sich vehement gegen die Anschuldigungen. Er erklärte in New York, er habe Selenskyj nicht unter Druck gesetzt. Bei der Zurückhaltung der Hilfsgelder sei es ihm darum gegangen zu sehen, ob andere Staaten wie Deutschland und Frankreich mehr zahlen könnten. Allerdings räumte Trump ein, es habe Druck in Sachen Biden gegeben: „Sie haben Druck bekommen in Bezug auf Joe Biden. Was Joe Biden für seinen Sohn gemacht hat, das ist etwas, was sie prüfen sollten“, sagte Trump. Er wirft Biden vor, die Ukraine als Vizepräsident unter Druck gesetzt zu haben, um Korruptionsermittlungen gegen seinen Sohn Hunter Biden, einen Geschäftsmann, zu verhindern. Biden hat die Anschuldigungen zurückgewiesen.

Bereits 150 Parlamentarier für Amtsenthebungsverfahren
Im Zuge der Ukraine-Vorwürfe sprachen sich immer mehr demokratische Parlamentarier für ein Amtsenthebungsverfahren aus: US-Medien bezifferten die Zahl der Befürworter auf rund 150. Mindestens 218 Stimmen sind nötig. Die Demokraten haben im Abgeordnetenhaus eine Mehrheit von 235 der 435 Stimmen. Pelosi stand einem Amtsenthebungsverfahren bisher sehr skeptisch gegenüber. In der Vergangenheit verwies sie immer wieder auf die hohen Hürden und die damit verbundenen Risiken. Kritiker weisen darauf hin, dass das Amtsenthebungsverfahren den Chancen der Demokraten schmälern könnte, Trump bei der Wahl im November 2020 aus dem Amt zu jagen.

Zweidrittelmehrheit im Senat für Absetzung nötig
Ein sogenanntes Impeachment könnte zwar mit der Mehrheit der Demokraten im Abgeordnetenhaus angestrengt werden. Die Entscheidung über eine tatsächliche Amtsenthebung liegt aber im Senat, wo Trumps Republikaner die Mehrheit haben. Für eine Absetzung ist dort eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. An dieser Hürde waren Ende der 1990er-Jahre die Republikaner gescheitert, als sie in der Lewinsky-Affäre ein Amtsenthebungsverfahren gegen den damaligen demokratischen Präsidenten Bill Clinton eingeleitet hatten. Bisher ist noch kein US-Präsident durch ein Impeachment-Verfahren des Amtes enthoben worden.

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