Der Klausur-Vormittag stand zunächst im Zeichen der steirischen Landtagswahl und der EU. Als Symbol ihrer Pro-Europa-Haltung hatte die ÖVP EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy ins steirische Loipersdorf eingeladen. Eine bürgernahe Inszenierung ist allerdings nicht ganz gelungen, da sich Van Rompuy ziemlich distanziert zeigte.
Er wollte weder bei seinem Eintreffen am Vorabend an die Hotelbar, wo Minister und Abgeordnete bei steirischem Wein und Bier plauderten, noch war er zu einem Statement für die Presse bereit und eilte nach seinem offiziellen Auftritt Richtung Brüssel davon (ausführlicher Bericht über seine Rede in der Infobox).
300 Millionen für die grüne Sache
Schwerpunkt der ÖVP-Klausur nach Van Rompuys Abflug war die sogenannte Ökologisierung des Steuersystems. Die Schwarzen wollen die geplanten Mehreinnahmen durch Steuern für 2011 von 1,7 auf zwei Milliarden erhöhen und die zusätzlichen 300 Millionen Euro pro Jahr in Forschung, thermische Sanierung und Green Jobs (alle drei ehemalige Stichworte der Grünen) investieren. Diese Investitionen sollen zehn Jahre lang fließen. Detaillierte Pläne, wie die Zusatzeinnahmen aussehen werden, gibt es noch nicht.
Bisher sind nur 500 Millionen Euro Bankenabgabe fix, die restlichen 1,5 Milliarden Euro würde die ÖVP am liebsten nur über Ökosteuern (dazu gehören MöSt-Erhöhung, CO2-Steuer, etc.) einnehmen. Die SPÖ hat aber bekanntlich andere Pläne, etwa die Vermögenszuwachssteuer. In der Koalition wird darüber also noch verhandelt werden müssen. Dass sich durch die zusätzlichen 300 Millionen Euro das Budgetsanierungs-Volumen im Verhältnis von 60 Prozent Sparmaßnahmen zu 40 Prozent neuen Steuern verschieben würde, wurde von der ÖVP nicht bestritten.
Pröll: "Meine Sache waren Steuererhöhungen nie"
Trotz dieser neuen Steuer-Ideen gab Parteichef Josef Pröll in seiner wahlkämpferischen Ansprache grundsätzlich der SPÖ die Schuld an den geplanten Steuererhöhungen. "Meine Sache waren Steuererhöhungen nie", aber man sei in einer Koalition mit der SPÖ und müsse Kompromisse schließen. Die ÖVP argumentiert ihre Pläne für zusätzliche Einnahmen mit den Investitionen. Immerhin sollen damit 100.000 neue Jobs geschaffen und 20.000 Haushalte thermisch saniert werden.
Wissenschaftsministerin Beatrix Karl will mit den in Aussicht gestellten zusätzlichen 100 Millionen Euro pro Jahr ab 2011 drei Schwerpunkte setzen: Die Zahl der Studienplätze an jenen zehn Fachhochschul-Studiengängen, die am Arbeitsmarkt am gefragtesten sind, soll erhöht werden. Weiters will Karl die schon seit Jahren geplante Einrichtung von Exzellenzclustern im Bereich der Grundlagenforschung fördern und die Einrichtung universitärer Gründerzentren unterstützen, wo neue Ideen in innovative Produkte umgesetzt werden.
Für den steirischen Landeschef Hermann Schützenhöfer gab es vom Bund Unterstützung für die bevorstehende Landtagswahl. Pröll mahnte aber seine Gefolgschaft trotz Wahlerfolgen: "Schön demütig bleiben, meine Freunde. Wir sind der kleine Partner in der Regierung."
SPÖ und Opposition zweifeln an Glaubwürdigkeit
Kritisch reagierten die restlichen Parteien auf die schwarze Klausur. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas warf Pröll vor, unter dem Deckmantel der "Ökologisierung" eine Mehrbelastung der Bevölkerung zu planen. Grünen-Vizechef Werner Kogler stellte die Glaubwürdigkeit der ÖVP infrage. Immerhin sei die ÖVP bis vor Kurzem "noch völlig in ihrer Retro-Perspektive verhaftet" gewesen, "in der sich die Phantasie in strukturkonservativen Schrottprämien erschöpfte".
Auch für FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl ist die ÖVP nicht glaubwürdig, "wenn sie jetzt versucht, dem Prinzip des ungezügelten Kapitalismus abzuschwören, weil sie selber jahre- und jahrzehntelang die treibende Kraft in Österreich hinter neoliberalen Fehlentwicklungen gewesen" sei. Kritik an den geplanten Steuererhöhungen übte auch das BZÖ. Obmann Josef Bucher bezeichnete die ÖVP als "Steuererhöhungspartei".
Top-Thema: Des Vizekanzlers Sehne
Prölls Operation an der Achillessehne war das Top-Thema am Rande der Klausur. Der Vizekanzler musste wiederholt detailliert schildern, wie seine Achillessehne beim Tennisspielen gerissen ist. Er schien die Mühen von Gips und Krücken aber recht gelassen zu nehmen. Seine Rede hielt er auf einem Barhocker, den steilen Weg vom Hotel zum Kongresszentrum legte er in einem Golfkart zurück.
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