Wirbel in Australien

Reporter untersuchen Kriegsgräuel: Razzia bei ABC!

Ausland
05.06.2019 10:17

In Australien hat die Polizei im Zusammenhang mit der Weitergabe brisanter Geheimdokumente der Regierung am Mittwoch den Sitz des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders ABC in Sydney durchsucht. Der laut dem Sender „höchst ungewöhnliche“ Einsatz richtete sich insbesondere gegen drei Journalisten, die an investigativen Recherchen zu möglichen Kriegsverbrechen beteiligt waren. ABC hatte 2017 Papiere erhalten, die zeigten, dass australische Sondereinsatzkräfte in Afghanistan unschuldige Männer und Kinder getötet haben.

ABC-Redaktionsleiter Craig McMurtrie zufolge verlangten die Ermittler neben der Herausgabe von Passwörtern unter anderem Einsicht in die Mitschriften der Reporter, in deren E-Mails, in die Entwürfe ihrer Geschichten der zwei Jahre langen Recherche und in Filmmaterial. ABC-Manager David Anderson erklärte, es sei „höchst ungewöhnlich“, dass der nationale Rundfunk in einer solchen Art und Weise durchsucht werde.

Behörden wegen Berichterstattung unter Druck
Zudem war einen Tag zuvor die Wohnung eines Journalisten in Canberra durchsucht worden. Hintergrund war ein Bericht über Versuche der Behörden, die heimische Kommunikation von Australiern ausspionieren zu dürfen. In beiden Fällen waren sensible und als geheim eingestufte Materialien Gegenstand der Berichterstattung, die die australischen Behörden und insbesondere die Sicherheitsdienste in ein schlechtes Licht rückte.

Premier versucht zu beschwichtigen: „Australien glaubt an die Pressefreiheit“
Regierungschef Scott Morrison versuchte, sich von den Durchsuchungen zu distanzieren und bezeichnete sie als Angelegenheit der Polizei und nicht der Regierung. „Australien glaubt fest an die Pressefreiheit“, erklärte er. Es gebe aber auch feste Regeln zum Schutz der nationalen Sicherheit. Die designierte Innenministerin Kristina Keneally verlangte eine Erklärung zu den Durchsuchungen.

Gewerkschaft kritisiert Knebelung der Medien durch strenge Gesetze 
Obwohl die australischen Medien weitgehend unabhängig berichten können, setzen strenge Verleumdungsgesetze, Gerichtsanordnungen zur Geheimhaltung oder staatliche Sicherheitsregeln der Berichterstattung Grenzen. Eine australische Mediengewerkschaft kritisierte das jüngste Vorgehen der Behörden als Einschüchterungsversuch: „Wenn die Wahrheit die Regierung beschämt, ist das Ergebnis, dass die Bundespolizei an deine Tür klopft.“ Dies müsse aufhören.

Erinnerungen Whistelblowerin Manning und WikiLeaks-Gründer Assange
Der aktuelle Fall erinnert an die Aufregung in den USA, als Whistleblowerin Chelsea Manning - damals noch als Soldat Bradley Manning - im Jahr 2010 schwere Verfehlungen von US-Militärangehörigen unter anderem im Irak und in Afghanistan über WikiLeaks öffentlich gemacht hatte. Ein Video zeigte unter anderem, wie eine US-Hubschrauberbesatzung im Irak Zivilisten tötete.

WikiLeaks-Gründer Julian Assange, ein Australier, wurde nach der Veröffentlichung des brisanten Materials in den USA wegen „Verschwörung“ angeklagt. Bei einem Schuldspruch könnte er jahrzehntelang ins Gefängnis geschickt werden.

Assange war im April in London verhaftet worden, nachdem er sich sieben Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft verschanzt hatte, um einem Auslieferungsantrag Schwedens wegen Vergewaltigungsvorwürfen aus dem Jahr 2010 zu entgehen. Er bezeichnete die Anschuldigungen stets als Vorwand, um ihn schließlich an die Vereinigten Staaten ausliefern zu können.

Nach der Festnahme seines 47-jährigen Landsmannes hatte Australiens Premier Morrison übrigens eine Einmischung seiner Regierung in den Fall Assange ausgeschlossen. Das sei „Sache der USA“ und habe „nichts mit uns zu tun“, sagte er. Der WikiLeaks-Gründer erhalte keine Sonderbehandlung, ihm werde lediglich die übliche konsularische Unterstützung gewährt.

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