Streit um Entlohnung

Gemeindebund hat mit 1,50 Euro/Stunde kein Problem

Österreich
20.04.2019 12:13

Nach der Kritik von acht Bundesländern an den Plänen des Innenministeriums, den Stundenlohn für gemeinnützige Tätigkeiten von Asylwerbern einheitlich auf 1,50 Euro zu senken, hat Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) am Samstag nun Unterstützung vonseiten des Österreichischen Gemeindebundes erhalten. Die von der ÖVP dominierte Interessenvertretung der Gemeinden sieht in der angedachten Kürzung kein Problem.

In einer Stellungnahme an das Innenministerium heißt es, die Höhe des Beitrags sei im Hinblick auf die Integration „nicht so bedeutend“, berichtete am Samstag das Ö1-„Morgenjournal“. Es handle sich zudem um keine Erwerbsarbeit im herkömmlichen Sinn.

„Die Höhe des Anerkennungsbeitrages ist schon allein deshalb nicht so bedeutend, da die Asylwerber zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes nicht davon abhängig sind, da sie als Schutzsuchende von der Grundversorgung des Staates getragen sind“, heißt es wörtlich in der Stellungnahme, die von Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl und Generalsekretär Walter Leiss (beide ÖVP) unterzeichnet ist.

Gemeindebundpräsident Alfred Riedl (ÖVP) (Bild: Gemeindebund/Jürg Christandl)
Gemeindebundpräsident Alfred Riedl (ÖVP)

Je eher man bereit sei, den Anerkennungsbeitrag als „symbolischen Dank“ für freiwillig geleistete Arbeit zu begreifen, desto mehr Wert komme den Leistungen der Asylwerber im Hinblick auf eine mögliche künftige Integration zu, heißt es weiter in dem Schreiben.

Keine offizielle Position des Gemeindebundes?
Kritik an Riedl kam umgehend vom Gemeindevertreterverband (GVV) Österreich. Der Gemeindebund-Präsident vertrete hier keine offizielle Position des Gemeindebundes, sondern lediglich seine persönliche Meinung, so die GVV-Vorsitzenden Maria-Luise Mathiaschitz und Rupert Dworak. Mit dem Vorstoß wolle ich Riedl offensichtlich der Regierung anbiedern. „Die Position Riedls ist weder mit dem Vorstand noch mit dem Präsidium des Gemeindebundes abgestimmt“, betonte Dworak.

Klagenfurts Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ) (Bild: Uta Rojsek-Wiedergut)
Klagenfurts Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ)

Auch der burgenländische GVV-Präsident Erich Trummer sowie der Kärntner Gemeindebund-Präsident Peter Stauber - beide Mitglieder des Präsidiums des Gemeindebundes - kritisieren den Vorstoß von Riedl scharf: „Hier geht es um einen nicht abgestimmten Vorstoß gegen die Interessen der Gemeinden und Städte Österreichs, mit dem zahlreiche bestehende, gut funktionierende Regelungen zerstört werden!“

Acht Bundesländer gegen 1,50 Euro pro Stunde
Am Donnerstag hatten sich acht Bundesländer in einer gemeinsamen Stellungnahme gegen die Verordnung ausgesprochen und für die Beibehaltung der bisherigen Praxis plädiert. „Es ist paradox: Der Innenminister will ein Problem lösen, das es gar nicht gibt. Wir verstehen nicht, wieso er ein funktionierendes System kaputt macht“, kritisierte etwa Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ).

Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) (Bild: Zwefo)
Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ)

Auch Städtebund sieht Kürzung kritisch
Kritisch zu Wort meldete sich auch der Städtebund. Die Kürzung brächte für die öffentliche Hand keine nennenswerten Einsparungen, sie wäre aber aus integrations- und arbeitsmarktpolitischer Sicht „kontraproduktiv“. Der Anerkennungsbetrag habe den Zweck, den Wert der geleisteten Tätigkeit für die Gesellschaft zum Ausdruck zu bringen. Dies sei für das Selbstwertgefühlt der Menschen wichtig und motiviere Asylwerber sich für die Gemeinschaft zu betätigen.

Selbst ÖVP-Landeschefs sind skeptisch
Nicht einmal alle ÖVP-Landeshauptleute stehen hinter den auch von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) unterstützten Plänen. Markus Wallner etwa sieht in Vorarlberg keine Notwendigkeit, den Stundenlohn für Asylwerber für gemeinnützige Tätigkeiten auf 1,50 Euro zu senken. „Wir haben hier ein sehr gut funktionierendes Modell aufgebaut“, betonte Wallner und verwies auf vier Euro Stundenlohn, der in Vorarlberg bezahlt wird. Er sehe keinen unmittelbaren Anlass, das zu ändern. Auch der Tiroler ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter reagierte auf den Vorstoß abwartend. Für ihn sei das derzeitige „Tiroler System“ (drei Euro pro Stunde, Anm.) ein „gutes System“, so Platter.

Markus Wallner (Bild: Landespressestelle, Amt der Vorarlberger Landesregierung)
Markus Wallner

FPÖ findet Kritik „fernab von jeder Sachlichkeit“
Ganz anders sieht man das naturgemäß in den Reihen der FPÖ. Die Freiheitlichen finden die Kritik an der Kürzung des Stundenlohns „absurd“ und „fernab von jeder Sachlichkeit“. „Hier wird nur versucht ein rationales Thema polemisch zu missbrauchen“, meinte etwa der geschäftsführende Klubobmann Johann Gudenus. Seine Argumentation: Bei den Remunerantentätigkeiten handle es sich um gemeinnützige Arbeiten, für die ein Anerkennungsbeitrag vorgesehen ist. Es sei dies aber keine Erwerbstätigkeit zur Schaffung und Sicherstellung des Lebensunterhaltes.

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