krone.at-Chronologie

Das jahrelange Tauziehen um Julian Assange

Ausland
11.04.2019 13:20

Fast sieben Jahren saß WikiLeaks-Gründer Julian Assange in der Botschaft Ecuadors in London fest - bis er nun am Donnerstag von der britischen Polizei verhaftet wurde. In den USA war der Australier in Ungnade gefallen, weil seine Enthüllungsplattform unter anderem geheimes Material zu den Kriegen in Afghanistan und im Irak veröffentlichte. In Schweden wurde er wegen angeblicher sexueller Vergehen gesucht. Ein krone.at-Rückblick auf das jahrelange Tauziehen um Assange.

August 2010: Schwedische Staatsanwälte erlassen Haftbefehl gegen Assange, heben ihn aber kurz darauf wieder auf. Die Justiz wirft dem Australier vor, er habe bei einem Besuch im Land zwei Frauen vergewaltigt und sexuell genötigt.

Dezember 2010:
Assange wird von der britischen Polizei wegen eines neuen Haftbefehls aus Schweden festgenommen. Gegen Kaution und unter Auflagen kommt er frei. Er hält die Vorwürfe für politisch motiviert.

Februar 2011: Ein Londoner Gericht hält eine Auslieferung nach Schweden für rechtens, Assange geht Anfang März in Berufung. Er fürchtet die Auslieferung an die USA, wo ihm eine lange Haft oder gar die Todesstrafe wegen Geheimnisverrats drohen könnte.

November 2011:
Der britische High Court entscheidet, dass Assange an Schweden ausgeliefert werden darf. Dieser legt Einspruch ein.

Juni 2012: Der Einspruch scheitert. Am 19. Juni flieht Assange in die Botschaft von Ecuador in London und beantragt politisches Asyl.

Juli 2014:
Assanges Anwälte beantragen in Schweden eine Aufhebung des vier Jahre alten Haftbefehls. Der Antrag scheitert.

August 2015: Die schwedische Staatsanwaltschaft lässt die Vorwürfe der sexuellen Nötigung und des Missbrauchs wegen Verjährung fallen. Der Vergewaltigungsvorwurf bleibt aber bestehen.

Februar 2016: Nach Ansicht von UNO-Rechtsexperten kommt Assanges Aufenthalt in der Botschaft einer willkürlichen Haft gleich. Sie fordern, er müsse sich wieder frei bewegen können.

November 2016:
Schwedische Staatsanwälte befragen Assange in London.

April 2017: Medienberichten zufolge bereiten die USA eine Anklage gegen Assange vor.

Mai 2017: Schwedens Justiz gibt bekannt, dass sie die Ermittlungen gegen Assange einstellt.

Jänner 2018: Ecuador bürgert Assange ein. Die Bitte der Regierung des südamerikanischen Landes um einen Diplomatenstatus für den 46-jährigen Australier lehnt das britische Außenministerium allerdings ab. Damit hätte er beim Verlassen der Botschaft einer Festnahme entgehen und zum Flughafen fahren können.

Februar 2018: Der britische Haftbefehl gegen Assange bleibt bestehen. Ein entsprechender Antrag der Anwälte des WikiLeaks-Gründers wird abgelehnt. Diese hatten argumentiert, dass die Aufrechterhaltung des Haftbefehls nicht mehr im öffentlichen Interesse sei.

Juli 2018: Der Vertraute von NSA-Aufdecker Edward Snowden, der Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald, berichtet, dass der neue ecuadorianische Präsident Lenin Moreno Assange das Asyl entziehen möchte und eine entsprechende Vereinbarung mit Großbritannien ausverhandeln werde.

August 2018: Der Geheimdienstausschuss im US-Senat will Assange zu seiner Rolle bei der Präsidentschaftswahl 2016 befragen. Der Ausschuss untersucht die mutmaßliche russische Einflussnahme auf die Wahl und prüft dabei auch eine Verstrickung des Lagers des aktuellen Präsidenten Donald Trump.

Oktober 2018: Das Verhältnis zwischen Assange und Ecuador erreicht einen Tiefpunkt. Er verklagt die Regierung, weil er mit seinen Lebensbedingungen in der Londoner Botschaft des Landes unzufrieden ist. Ecuador verstoße „gegen die Grundrechte und die Freiheit“. Die Justiz weist die Anklage zurück.

Dezember 2018: Abgeordnete des EU-Parlaments sorgen sich um Sicherheit und Gesundheit von Assange. Er müsse aus seinem Exil in Ecuadors Botschaft in London in ein für ihn sicheres Land ausreisen dürfen, fordern sie in einem Brief unter anderem an UN-Generalsekretär Antonio Guterres.

April 2019: Ecuador wirft Assange vor, gegen die Asyl-Auflagen verstoßen zu haben. Die ecuadorianische Regierung legt offiziell Beschwerde über Assange bei einem UNO-Berichterstatter ein. Demnach wurden auf WikiLeaks Fotos, Videos und private Unterhaltungen von Präsident Moreno veröffentlicht.

WikiLeaks teilt daraufhin unter Berufung auf „eine hochrangige Quelle innerhalb des ecuadorianischen Staates“ mit, Assange werde „binnen Stunden oder Tagen“ der Botschaft verwiesen werden. Mit der britischen Seite sei demnach bereits eine Vereinbarung zu seiner Festnahme getroffen worden.

WikiLeaks wirft zudem Ecuador vor, eine rechtswidrige Totalüberwachung von Assange in der Londoner Botschaft gestartet zu haben. Demnach sollen selbst vertrauliche Gespräche des Australiers mit seinen Ärzten und Anwälten mit hochauflösenden Videokameras und Mikrofonen aufgezeichnet worden sein.

11. April 2019: Der WikiLeaks-Gründer wird von der britischen Polizei in London festgenommen. Der 47-jährige wird mit der Erlaubnis Ecuadors von Beamten aus dem Botschaftsgebäude geholt und in ein Londoner Kommissariat gebracht.

Assange: Charismatisch, autoritär und umstritten
Assange kam am 3. Juli 1971 im australischen Townsville in Queensland auf die Welt. Sein Stiefvater betrieb ein Wandertheater. Schon früh begeisterte sich Assange für Computertechnik. Bereits als Jugendlicher verschaffte er sich Zugang zu fremden Rechnern, beispielsweise von Behörden und Unternehmen. Mit 18 Jahren heiratete er und wurde Vater. Die Ehe ging bald in die Brüche.

Bei der Gründung von WikiLeaks 2006 war Assange eine zentrale Figur. Er ist auch innerhalb der Hackerszene umstritten. So gab es etwa Kritik an seinem autoritären Umgangsstil und auch wegen der Vorwürfe sexueller Vergehen, die in Schweden gegen ihn erhoben worden waren. Die Anklage in Schweden war 2017 fallen gelassen worden. Andere verehren Assange wie einen Helden und nennen ihn charismatisch.

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