„Kollektiver Wahnsinn“

Erdogan zeigt unzensiertes Christchurch-Mordvideo!

Ausland
17.03.2019 09:31

17 Minuten lang ist das Video, das der Attentäter von Christchurch live ins Internet übertragen hat, als sein jahrelanger Feldzug gegen Muslime in einer nicht zu fassenden und unglaublich brutalen und blutigen Tragödie endete: Er metzelte in zwei Moscheen in der neuseeländischen Stadt 50 Menschen nieder, Dutzende weitere sind verletzt. Unter den Opfern: kleine Kinder. Medien rund um die Welt zeigten diese Minuten des Terrors bewusst nicht, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hingegen schon: Bei einer Wahlkampfveranstaltung in der Türkei lief das Video auf einer Leinwand - unzensiert!

„Mir fehlen die Worte. Das ist kollektiver Wahnsinn“, brachte es der Journalist und Autor Eren Güvencin in seinem Tweet auf den Punkt. Die Rede Erdogans vor Tausenden Menschen am Samstag in der Hafenstadt Tekirdag sei komplett auf TRT, der öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehanstalt der Türkei, gesendet worden. Und auch „Bild“-Redakteur Metin Gülmen twittert: „Unfassbar! Erdogan lässt bei Wahlkampf-Auftritt in Tekirdag das Christchurch-Massaker auf Großleinwand laufen, stachelt seine Wähler weiter gegen den Westen auf.“

„Erdogan, Khan und Merkel Feinde der weißen Rasse“
In seinem Manifest, das der Massenmörder von Christchurch nur Minuten vor seiner Tat auf sozialen Medien veröffentlicht sowie unter anderem an die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern geschickt hatte, bezeichnet der des vielfachen Mordes beschuldigte Brenton Tarrant die Muslime als eine Gefahr, die es auszulöschen gelte. Als „die größten Feinde der weiße Rasse“ und Helfer der „Gefahr Islam“ nennt er neben dem Londoner Bürgermeister Sadiq Khan und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel auch Erdogan und ruft in der 74-seitigen Kampfschrift zu Attentaten auf die drei Politiker auf.

„Verräter verdienen den Tod von Verrätern“
Erdogan, Khan und Merkel würden mit hoch erhobenen Köpfen durch die Gegend stolzieren und glauben, sie seien unantastbar. „Aber sie werden bald herausfinden, wie falsch sie liegen. Verräter verdienen den Tod von Verrätern. Es ist egal, ob es drei oder 30 Jahre dauert, aber diese Leute müssen für ihre widerlichen Attacken auf unsere Rasse sterben“, schrieb der 28-jährige gebürtige Australier, der als rechtsextremistisch und gewalttätig bekannt ist, laut Medien. Durch die Hilfe dieser drei Politiker nämlich würde das europäische Volk durch Einwanderer „ausgetauscht“ werden.

Terror-Überlebender vergibt dem Attentäter
Hingegen verzieh ein Überlebender des Anschlags, dessen Frau bei dem Massaker erschossen wurde, dem rechtsextremen Angreifer: „Vergebung ist das Beste, Großzügigkeit, Liebe und Fürsorge, Optimismus“, sagte der 59-jährige Farid Ahmad der Nachrichtenagentur AFP. Er würde Tarrant bei einem Treffen sagen: „Ich liebe dich als Mensch.“ Farid Ahmads 44 Jahre alte Frau Husne ist eine der 50 Toten des Attentats.

Als die ersten Schüsse fielen, habe sie „viele Frauen und Kinder“ aus dem Gotteshaus geführt, sagte Ahmad. „Dann kam sie zurück, um nach mir zu sehen, weil ich in einem Rollstuhl saß, und als sie sich der Tür näherte, wurde auf sie geschossen. Sie war beschäftigt damit, Leben zu retten, und hat sich selbst darüber vergessen.“ Vom Tod seiner Frau habe Ahmad aber erst später erfahren, als sich ein Foto ihrer Leiche in den sozialen Netzwerken im Internet verbreitete. Dennoch kann sich der 59-jährige Witwer vorstellen, sich mit dem Attentäter an einen Tisch zu setzen. Er würde ihn dabei ermutigen, über seine Lebensperspektiven nachzudenken.

Video: Wer ist der Rechtsextremist Brenton Tarrant?

Todesopfer sind Muslime zwischen zwei und 77 Jahren
Laut neuseeländischen Medienberichten sind alle Todesopfer Muslime im Alter von zwei bis 77 Jahren. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst aber noch nicht. Von den mehreren Dutzend Verletzten schweben noch mindestens zwei in Lebensgefahr. Die ersten Toten sollen noch am Sonntag an die Familien übergeben werden. Damit kann dann auch mit den Beerdigungen begonnen werden.

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