Toskana-Flair

Roero: Verborgener Schatz am Fuß der Berge

Reisen & Urlaub
29.06.2018 15:00

Viel zu lange führte der Roero neben Barolo und Barbaresco ein Schattendasein in der bekannten italienischen Weinregion. Es ist wahrlich an der Zeit, sich ihm und seiner kulinarischer sowie landschaftlichen Vielfalt zu widmen.

Lange lag er ein bisschen im Dornröschenschlaf. Der Roero, die Region in unmittelbarer Nähe zu den weltberühmten Weingebieten des Barolos und Barbarescos. Wer vom Piemont, der zweitgrößten Region Italiens, und von Wein sinnierte, hatte oftmals nur Augen für die Kassenschlager der Langhe und verwöhnte seinen Gaumen mit einem der großen Weine Italiens. Es wird Zeit, den Roere wieder aufzuwecken. Das dachten sich nicht nur die ansässigen Winzer. Auch die Tourismusverantwortlichen entdeckten wieder die Schätze der Region, die allzu lange ein Schattendasein neben Langhe führte: Man produzierte Wein für den lokalen Gebrauch, nur wenige kannten außerhalb Italiens die alte Traubensorte Arneis, die hier im kalkhaltigen und sandigen Terroir zu einem leichtfüßigen, duftenden, eher säurearmen Wein verarbeitet wird. In der Vergangenheit diente die schon seit dem 15. Jahrhundert bekannte Sorte oft nur als Verschnittpartner der Nebbiolo-Weine. Mittlerweile wurde aus dem Tafelwein von anno dazumal der Roero Arneis DOCG und der Roero DOCG. Letzterer muss den Vergleich mit den berühmten Weingeschwistern Barolo oder Barbaresco nicht scheuen.

Eine Stunde südlich von Turin liegt der Roero, im Süden von Piemont, links des Flusses Tanaro, zwischen den Gebieten Langhe und Monferrato. Die Landschaft ist vielfältig - von der wilden Schönheit der Rocche und ihren zerklüfteten Kämmen über die sanften, ordentlich bestellten Hänge der Weinberge, die jahrhundertealten Kastanienwälder bis hin zu den anmutigen Obsthainen. Noch verschont vom Massentourismus, präsentieren sich die kleinen in die hügelige Landschaft eingebetteten Weingüter, Genusshandwerker und Restaurants den Besuchern. Vor allem die junge Winzergeneration entdeckt das große Potenzial ihrer Heimat und bringt sie mehr in den Fokus. Ja, man hat angefangen, in neue Degustationsräume zu investieren, um die Touristen zu empfangen, aber alles im kleinen, doch feinen Rahmen. Authentisch will man bleiben, sich auf seine traditionellen Produkte besinnen. Nicht nur auf den Wein, unter anderem auch auf den kraftvollen mediterranen Honig - über 400 Imkerbetriebe kann der Roero vorweisen. Oder den Trüffel oder die berühmte Haselnuss, hier auch gerne „die edle Runde“ genannt. Natürlich auch auf die vielen Käsespezialitäten.

Eine eigene Weinmesse hat der Roero nun auch. Bereits zum dritten Mal fanden Anfang April die „Roero Days“ statt. Ausrichter ist das „Consorzio Tutela Roero“, eine Vereinigung lokaler Weinerzeuger, die nicht nur ihren Wein vermarkten möchten, sondern auch Landschaft und Geschichte des kleinen Landstriches bekannt machen will.

Gerade einmal etwas mehr als 20 Gemeinden gehören zum Roero. Alle von Landwirtschaft geprägt. Gemütlich und gemächlich geht es hier zu. Auf gutes Essen legt man großen Wert. Gekocht wird mit Produkten aus der Region - und das auf hohem Niveau. So wie zum Beispiel bei Davide Palluda. In seinem Ristorante e Osteria All’Enoteca in Canale gibt es traditionelle Küche zu moderaten Preisen, die bereits mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde. „Wir bekommen nur die Krümel vom großen Tourismus-Kuchen“, schmunzelt er. Aber das stört ihn weniger. Schließlich ist im Roero auch nicht viel Platz, meint er.

Ebenso darf sich das La Madernassa mit einem Stern rühmen - Michelangelo Mammoliti zaubert in dem Restaurant, das in einem charmanten Resort liegt, kleine Kunstwerke, die nicht nur den Gaumen erfreuen, sondern auch eine farbenfrohe Wohltat für das Auge sind. Ebenfalls authentische Gerichte bekommt man im Il Centro in Priocca serviert. Etwas unscheinbar versteckt sich das Restaurant in den Gassen. Auch drinnen wird nicht viel Firlefanz betrieben. Schon die Großmutter der Köchin Elide Cordero hat hier gekocht. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Enrico und den Kindern betreibt sie das Restaurant, das sich mittlerweile auch über einen Michelin-Stern freuen darf. Und auch im Il Centro begeistern uns erschwinglichen Preise für die großartige Qualität. Ganz zu schweigen vom gut bestückten Weinkeller.

In die Tiefen hinabzusteigen lohnt sich auch bei so manchem Winzer. Giovanni Negro in Monteu Roero zum Beispiel, zählt zu den besten Herstellern des Arneis, und er hat viel dazu beigetragen, dass dieser Wein sehr bekannt wurde. 50 Hektar mit traditionellen Rebsorten bewirtschaftet er mit seinen Kindern. Der Familienbetrieb war einer der ersten, die den Arneis von süß auf trocken umstellten. Dafür wird er auch oft „Signore Arneis“ genannt, berichtet er nicht ohne Stolz. Auch dass Papst Johannes Paul II. einst auf seinem Anwesen 1988 anderthalb Gläser des 87er-Arneis getrunken hat.

Ach ja, bei all den kulinarischen und önophilen Genüssen sollte man sich aber trotzdem Zeit nehmen für diverse Rundgänge und Ausflüge zu Schlössern und Burgen wie in Guarene oder Monteu Roero. Empfehlenswert ist auch eine Wanderung durch das Freilichtmuseum Le Rocche del Roero.

Wer Lust auf richtig authentisches Italien hat, der ist im Roero gut aufgehoben. Auch wenn es abseits von bekannten Touristenrouten liegt. Oder gerade deshalb.

Diana Krulei, Kronen Zeitung

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