Lob und Proteste:

Regierungspläne für Kassen spalten Oberösterreich

Oberösterreich
23.05.2018 11:13

Die nun etwas konkreteren Regierungspläne zur Zusammenlegung diverser Kassen der Sozialversicherungen (siehe hier) lösen in Oberösterreich Lob und Proteste aus. Schwarzblaue Landesregierung und Wirtschaftskammer begrüßen die Pläne, Gebietskrankenkasse, Arbeiterkammer, SPÖ und Grüne protestieren vehement.

LH Thomas Stelzer und seine Gesundheitslandesrätin Christine Haberlander begrüßen „den Start zur Sozialversicherungsreform“ und sagen: „Zentrale Forderungen sind erfüllt, aber jetzt muss der Dialog mit den Bundesländern über die Details starten.“ Das Beitragsaufkommen der Oberösterreicher bleibe im Land und Effizienzgewinne würden zu einem besseren Leistungsangebot führen, heben die beiden ÖVP-Landespolitiker hervor. Haberlander zuversichtlich: „Durch die Zusage, die Effizienzgewinne direkt in ein besseres Leistungsangebot für Patientinnen und Patienten zu investieren, ist die Versorgung der oberösterreichischen Versicherten auf hohem Niveau gesichert.“

Zentrale der „Gesundheitskasse“ in Linz?
LH Stelzer zeigt sich erfreut, dass der Hauptsitz der neuen (aus den Länder- GKKs und anderen Kassen zusammengelegten) „Österreichischen Gesundheitskasse“ in einem Bundesland sein  wird und rechnet damit, dass das Linz sein werde - auch wenn Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eher an eine Stärkung „des ländlichen Raums“ durch die Standortwahl für die neue Kassenzentrale zu denken scheint.

FPÖ: „Reformen waren überfällig“
FPÖ-Landeschef Manfred Haimbuchner freut sich über die „überfällige Verschlankung der Verwaltung“ bei den Sozialversicherungen:  „Mit dieser Reform wird es gleiche Leistung für gleiche Beiträge geben. Das ist eine Frage der Fairness. Und entgegen aller Unkenrufe - vorrangig aus SPÖ-dominierten Bereichen wie der Arbeiterkammer - wird es keine Leistungsverluste geben. Mit diesem Jahrhundertprojekt wird die dringend nötige Effizienzsteigerung in diesem Bereich in Angriff genommen.“

WKO: „Mehr Effektivität und Gerechtigkeit“
Wirtschaftskammer-Präsidentin Doris Hummer erwartet sich „mehr Effektivität und soziale Gerechtigkeit“. „Die Reduktion der Sozialversicherungsträger von 21 auf vier oder fünf ist ein sinnvoller Schritt, wobei es in der Folge darum gehen wird, die daraus resultierenden Synergien auch wirklich zu heben. Von besonderer Bedeutung ist es, gleichzeitig eine weitgehende Autonomie der Länderkassen zu gewährleisten: Entscheidungen über die von oberösterreichischen Betrieben geleisteten Beitragszahlungen müssen weiterhin ausschließlich in Oberösterreich getroffen werden.“

AK: „Frontalangriff auf Arbeitnehmer
Während Präsidentin Hummer „die bewährte Selbstverwaltung durch die Sozialpartner weiter gewährleistet“ sieht, kommt aus der Arbeiterkammer auch zu diesem Punkt Protest: „Die Selbstverwaltung in den Gebietskrankenkassen soll nach dem heute vorgestellten Plan der Bundesregierung durch einen Verwaltungsrat ersetzt werden. Dadurch werden die Beitragszahlerinnen und -zahler in der Mitbestimmung völlig ausgebootet. Das funktionierende Gesundheitswesen wird mutwillig aufs Spiel gesetzt, um den Einfluss der Arbeitnehmer-Vertretungen zurückzudrängen und die Macht der Unternehmer und der Regierenden zu stärken“, ist AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer erbost. Er meint: „Die vom Bundeskanzler zum größten Reformprojekt in der Geschichte Österreichs stilisierte Zusammenlegung der SV-Träger entwickelt sich zum größten Angriff auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der zweiten Republik.“

SPÖ: „Zerstörung wird als Reform verkauft“
SPOÖ-Chefin Birgit Gerstorfer zeigt sich „entsetzt über die von Türkis-Blau geplante Zerstörung der Sozialversicherungen“. Sie poltert: „Was hier als Reform verkauft wird, ist in Wahrheit die Zerstörung eines bewährten Systems.“ Erstaunlich aus oberösterreichischer Sicht findet Gerstorfer den Beifall von ÖVP und FPÖ auf Landesebene zu diesem „Kahlschlag“ im Gesundheitswesen: „Stelzer und Haimbuchner applaudieren dem Vorhaben, die oberösterreichische Gebietskrankenkasse, die mit besten Leistungen und bestem Kostenmanagement glänzt, zu einem Filialbetrieb zu degradieren.“ Und sie meint: „Da Kurz und Strache ,Effizienzgewinne‘ in Höhe von einer Milliarde Euro versprechen, befürchte ich ernsthaft Einsparungen auch bei den Leistungen. Und diese Einsparungen werden die Patientinnen und Patienten zu spüren bekommen!“

Grüne: “Zwangsfusion ist keine Reform„
Die grüne Gesundheitssprecherin Ulrike Schwarz sieht in der Fusion „keine Reform, sondern eine Gefahr für unser Gesundheitswesen“. Sie argumentiert das so: „Dieser Zentralismus hat selbstverständlich negative Folgen für Oberösterreich. So gehen Sondervereinbarungen und die Abstimmung auf regionale Notwendigkeiten verloren: Etwa die Abschaffung der Chefarztpflicht für Medikamente, der hausärztliche Notdienst in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz (finanziert von GKK und Land) zur Entlastung der HausärztInnen.“ „Kooperation war in Oberösterreich bisher extrem wichtig. Die Zusammenarbeit zwischen Gebietskrankenkasse, Ärztekammer und der Gesundheitspolitik ist eng und erfolgreich. Das ist nun akut gefährdet“, betont Schwarz überdies.

OÖGKK sieht sich gegen Wand rasen
In der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse als hauptbetroffener Institution in unserem Bundesland herrschen Verwunderung und Entsetzen über die Pläne der Bundesregierung, von denen man nur aus den Medien wisse. Obmann  Albert Maringer beschreibt seine Gefühle angesichts des Vorgehens der Bundesregierung so: „Ich als Eigentümervertreter in der OÖGKK komme mir im Moment vor wie Beifahrer im eigenen Auto... und ich sehe das Fahrzeug geradewegs auf eine Wand zufahren.“ Maringer weiter: „Anstelle eines Dialogs und der Suche nachgemeinsamen Lösungen erleben wir einen Stil des Anpatzens und des Drüberfahrens"

Kasse will „Pläne auf Herz und Nieren prüfen“
Die nun bekannt gewordenen Pläne der Bundesregierung will die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse „nach drei einfachen Fragen prüfen“ Und zwar: „Werden dadurch die Gesundheitsleistungen für unsere Versicherten besser? Wird in die Beiträge und ins Eigentum der oberösterreichischen Versichertengemeinschaft eingegriffen? Und bleibt die Gesundheitsversorgung für unsere Beitragszahler leistbar?“, wie OÖGKK-Obmann Maringer ausführt. Denn: „Wir Versicherten haben ja schließlich nichts zu verschenken!“, sagt er mit Niki Lauda…

Werner Pöchinger, Kronen Zeitung

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