"Dank schuldig"

Hans Dichand zum Tod von Franz Olah

Österreich
04.09.2009 17:32
Franz Olah, einer der bedeutendsten Politiker und einer der letzten Charismatiker in der österreichischen Politik seit 1945, ist Freitagmorgen fast 100-jährig im Krankenhaus Baden gestorben. Mit ihm in Verbindung steht auch die Hilfeleistung bei der Entstehung der "Neuen Kronen Zeitung" vor 50 Jahren. Im Folgenden erinnert sich "Krone"-Herausgeber Hans Dichand an Franz Olah, der als ÖGB-Präsident und Innenminister einst zu den mächtigsten Männern der Zweiten Republik gezählt hat.

Mein Verhältnis zu Olah hat Peter-Michael Lingens einmal aus verständnisvoller Perspektive zu analysieren versucht: „Gefunden haben sich damals Dichand und Olah: Mehr als nur Zufall verbindet den Setzerlehrling aus dem Grazer Glasscherbenviertel mit dem Klaviermacherlehrling aus Hernals: der gleiche Hang zum Abenteuer, dennoch fern von revolutionären Ambitionen. Die Treue zu den alten Kampfgefährten – statt Dichands Matrosenfreundschaften die KZ-Freundschaften Olahs. Der Hass gegen die Kommunisten. Beide, Dichand und Olah, besitzen das intuitive Gespür für das, was das Volk zu hören wünscht.“

Olah hatte damals die Wiener Zeitungslandschaft beobachtet und dabei auch den Aufstieg des „Kurier“ verfolgt. Die SPÖ dagegen hatte zwar noch ein paar Parteizeitungen, in Wien die „Arbeiter Zeitung“ (schamvoll nannte sie sich inzwischen „AZ“), aber es war abzusehen, dass sie alle eingehen würden. Und der ÖVP ging es nicht viel besser. Wer will schon die täglichen Nachrichten durch eine Parteibrille zensuriert vorgesetzt bekommen.

Kreiskys Subventions-Füllhorn für Zeitungen
Die Zukunft der Zeitungen – das begriffen Broda als auch Olah, die nach dem Abgang des SP-Obmanns Pittermann zum Pyramidenklettern angetreten waren – lag weit weg von den Parteizentralen. Kreisky versuchte mit seinem Subventions-Füllhorn Zeitungen an sich zu binden. Manchmal kostete das nur einen Professorentitel…

Fritz Molden schreibt in seinem Buch „Besetzer, Toren, Biedermänner“: „Weder die SPÖ noch die ÖVP haben in Österreich je die geringste Begabung bewiesen, Zeitungen zu gründen, Zeitungen zu gestalten, aus Zeitungen etwas zu machen. Das Einzige, was sie fertigbrachten, war Subventionen zu geben und die dahinsiechenden Blätter dann einzustellen. Zeitungen sind in Österreich immer nur dann erfolgreich gewesen, wenn sie frei vom Einfluss politischer Parteien waren. Auch wenn Franz Olah bei der Kreditbeschaffung für die ,Kronen Zeitung‘  im Jahr 1959 behilflich war, so wurde sie doch nur durch die Leistungen eines Journalisten und Zeitungsherausgebers Hans Dichand zu einem Erfolgsphänomen, wie es auf dem Zeitungssektor in Europa kaum  ein zweites gibt. Das ist ihr aber nur gelungen, weil sie sich nie in ein Naheverhältnis zu einer politischen Partei begeben hat. Sie hat sich manchmal im Kampf ums Überleben gegen die eine oder andere Partei gestellt oder an die eine oder andere Partei angelehnt. Das ist begreiflich, denn anders kann man in einem Land wie Österreich, wo alles politisch auszementiert ist, nicht bestehen.“

"Bin Franz Olah großen Dank schuldig"
Olah mit seiner panzerbrechenden Energie, seinem Volkstribunen-Instinkt und dem für ihn typisch offenen Bekenntnis zur Macht hat geholfen, einen Kredit von 12 Millionen Schilling zu bekommen. Aber er wusste, dass sie, um Erfolg zu haben, unabhängig sein musste. Ich bin Franz Olah großen Dank schuldig. Er hat für die Chance, die er mir verschafft hat, ein Risiko auf sich genommen, das sich für ihn in tragischer Weise ausgewirkt hat. Dieses Schicksal hat er stets mit dem für ihn so typischen stillen Lächeln getragen.

Vor wenigen Tagen äußerte  Franz Olah gegenüber seinem deutlich jüngeren, aber dennoch langjährigen Freund, dem ehemaligen Wiener Stadtschulrats-Präsidenten Kurt Scholz, seinen letzten Wunsch. Er möchte im Wiener Stephansdom aufgebahrt werden. Ein entsprechender Brief an Kardinal Christoph Schönborn  mit diesem Wunsch war bereits fast fertiggeschrieben. Franz Olah war jedoch schon zu schwach, um ihn zu unterschreiben.

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