"Shadow Complex" erzählt die Geschichte der beiden Wandersleute Jason und Claire, die bei einem ihrer Ausflüge in die amerikanische Wildnis plötzlich unliebsame Bekanntschaft mit einer bis an die Zähne bewaffneten und alles andere als freundlich gesinnten Vereinigung, der Erneuerung, machen. Mit dem Vize-Präsidenten hat die kriminelle Organisation bereits kurzen Prozess gemacht, jetzt soll ein Angriff auf San Francisco die USA in einen Bürgerkrieg stürzen.
Jason selbst kümmert das erst einmal recht wenig. Er sorgt sich um seine Freundin Claire, die von Soldaten der Vereinigung in einen gewaltigen, unterirdischen Komplex verschleppt wurde und dort gefangen gehalten wird. Anfangs nur mit einer simplen Taschenlampe ausgestattet, muss Jason einen Weg finden, Claire zu befreien und mit ihr zu fliehen. Die Lösung seines Problems präsentiert sich ihm in Form einer Hightech-Rüstung, deren Einzelteile allerdings über den gesamten Bau verstreut sind. Sprich: Erst wenn alle Teile gefunden und zur Power-Rüstung zusammengesetzt wurden, kann Jason mit Claire das Weite suchen.
Doch die Rüstung zu finden ist nur ein Teil der Aufgabe. Die fast größere Herausforderung besteht für Jason darin, sich einen Weg durch den labyrinthartigen Komplex zu bahnen. Verschlossene Türen, geflutete Gänge oder scheinbar unüberwindbare Abgründe versperren ihm immer wieder den Weg. Um weiterzukommen, bedarf es zusätzlichen Equipments, welches Jason auf seinem Irrweg durch den Komplex findet – darunter neben einer Kletterausrüstung beispielsweise eine Taucherausrüstung, ein Boost-Pack, um höher springen zu können, oder ein Haken, mit dessen Hilfe sich Jason an Wänden und Decken hochziehen kann.
Nicht minder wichtig für die Wegfindung sind die unterschiedlichsten Waffen, die Jason nach und nach in die Hände fallen. Während sich mit der Pistole oder dem MG anfangs nur die Gitter von Luftschächten wegballern lassen, um weiter kraxeln zu können, dienen Granaten oder der Raketenwerfer im weiteren Spielverlauf dazu, schwere Panzertüren aus dem Weg zu räumen. Auf den ersten Blick nicht ganz so gefährlich ist der Schleimwerfer, dessen Munition – eine Art schnell aushärtender Bauschaum – sich hervorragend dazu eignet, automatische Türen kurzzuschließen oder Brücken über Abgründe zu bauen.
Damit neben all der Rätsel-Kost bei der Suche nach dem nächsten Ausgang die Action nicht zu kurz kommt, dürfen sich sämtliche Ausrüstungsgegenstände und Waffen auch im Kampf gegen die unzähligen Gegner der Erneuerung behaupten – insbesondere während der Boss-Fights gegen übermächtige Mech-Spinnen und andere Stahl-Ungetümer, die Jason ein durchaus strategisches Vorgehen abverlangen.
Was "Shadow Complex" nun neben dem packenden und fordernden Mix aus Shooter-, Plattform- und Rätsel-Kost so besonders macht, ist die Präsentation. Die ist nämlich, mit Ausnahme einzelner Abschnitte, in denen sich der Held hinter ein Geschütz klemmen kann, in 2,5D-Optik gehalten. Sämtliche Umgebungen sind demnach zwar dreidimensional gehalten, Jason selbst kann sich aber nur zweidimensional im Vordergrund bewegen. Dennoch stoßen aus den hinteren Winkeln des Raumes immer wieder Gegner zu ihm vor, was dem Spiel sprichwörtlich mehr Tiefe verleiht. Die Problematik, auf von hinten kommende Gegner nicht schießen zu können, wurde durch eine Auto-Ziel-Funktion gelöst, die die Kugel quasi ums Eck ins Ziel lenkt – meistens zumindest.
Befürchtungen, dass "Shadow Complex" aufgrund der nicht gerade zeitgemäßen 2,5D-Optik altbacken und "retro" aussehen könnte, erweisen sich als unbegründet: Von den grünen Wäldern mit seinen blauschimmernden Seen und glasklaren Wasserfällen oberhalb des Komplexes über die sterilen Gänge und hoch-technisierten Labors im Inneren bis zu den Minenschächten (samt klassischer Fahrt in einer Lore): "Shadow Complex" überzeugt neben tollen Explosionen und Wassereffekten vor allem durch seinen Abwechslungsreichtum, der selbst hochpreisige Kaufspiele in den Schatten stellt. Das ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass Jason immer wieder in bereits zuvor besuchte Abschnitte zurückkehrt, wenn auch dann auf einem anderen Weg.
Wenn der Held wider Willen nach gut sechs Stunden – was mitunter mehr ist als die Shooter-Konkurrenz zu bieten hat - seinem Widersacher Lucius gegenüber tritt und die Erneuerung zum Teufel schickt, ist der Spielspaß noch lange nicht vorbei. In vier unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden warten zahlreiche Sammel-Objekte im Komplex darauf, entdeckt zu werden. Ein umfangreiches Tutorial bietet außerdem die Gelegenheit, sein Können im Umgang mit Waffen und Ausrüstung unter Beweis zu stellen und unterschiedlichste Herausforderung in der Bestzeit zu meistern.
Fazit: Selten waren 1.200 Microsoft Points besser investiert. Abwechslungsreich, fordernd und actionlastig bis zum Schluss, steckt "Shadow Complex" so manchen seiner großen Brüder in die Tasche und beweist damit eindrucksvoll, dass "Arcade" und großes Kino kein Widerspruch sein müssen. Ein Titel, denn man sich heuer auf keinen Fall entgehen lassen sollte.
Plattform: Xbox 360
Publisher: Xbox Live Arcade
krone.at-Wertung: 9/10
von Sebastian Räuchle
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