Tag der Arbeit

Kampf gegen Wirtschaftskrise beherrscht 1. Mai

Österreich
02.05.2009 09:44
Schon lange nicht mehr hatten Politiker am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, so viele Angriffspunkte für ihre Kundgebungsreden. Ganz im Zeichen der Krise, des Kampfes gegen die Arbeitslosigkeit, aber auch des Steuerstreits in der Regierung standen am Freitag die Parolen. Zahlreiche SPÖ-Granden haben rund 100.000 Teilnehmer beim Maiaufmarsch am Wiener Rathausplatz auf neue Vermögenssteuern eingeschworen. Bundeskanzler Werner Faymann umschiffte das für ihn brisante Thema und sprach stattdessen gegen eine Nulllohnrunde an. Die ÖVP hat indes ein Arbeitstreffen abgehalten und eine Jugendstiftung als Mittel gegen die dramatische Arbeitslosigkeit präsentiert. "Reichensteuern" lehnen Josef Pröll und Co. entschieden ab.

Die rund 100.000 Teilnehmer beim Maiaufmarsch der SPÖ wurden am Rathausplatz von zahlreichen Parteigranden - und von angenehmem Frühlingswetter - erwartet. Die Kundgebung stand unter dem Motto "120 Jahre Sozialdemokratie". Das am häufigsten von den Rednern zu hörende Wort dürfte aber die "Steuergerechtigkeit" gewesen sein.

Foglar und Häupl rittern gegen ÖVP
"Diese Krise muss eindeutige politische Konsequenzen haben", forderte der erste Redner, ÖGB-Präsident Erich Foglar. Denn derzeit würden nicht jene, die die Krise verursacht haben, die Zeche zahlen, sondern die Arbeitnehmer. Der ÖGB, so betonte er, begrüße die Konjunkturpakete. Es müsse nun aber auch eine "faire Diskussion" über vermögensbezogene Steuern geben. Kritik kam dann natürlich am Koalitionspartner ÖVP: "Es kann nicht sein, dass in diesem Lande einseitig eine Partei ein Diskussionsverbot verhängt und dieses Thema zum Nichtthema erklärt", so Foglar. Das Steuersystem weise eine soziale Schieflage auf. Wenn Österreich Schlusslicht bei der Vermögensbesteuerung sei, liege das an der Politik von Schwarz-Blau der vergangenen Jahre. Diese gehöre "korrigiert".

Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl verwies ebenfalls darauf, dass die Arbeitnehmer die Krise nicht verursacht hätten: "Und wenn der Herr Finanzminister und Parteivorsitzender der Österreichischen Volkspartei sagt, alle werden zur Lösung der Krise beitragen müssen, dann sehe ich zur Stunde nichts davon." Bisher hätten nur die Arbeitnehmer die Last der Krisenbewältigung getragen. Darum werde nun Gerechtigkeit eingefordert, so Häupl. Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel zeigte sich erstaunt über die aktuellen Gagen von Spitzenmanagern. Jene, die so viel Schaden angerichtet hätten, würden sich weiterhin "ungeheuerlich" bedienen. "Wir wollen eine gerechte Gesellschaftsordnung für mehr Gerechtigkeit bei Steuern und bei Löhnen", betonte der AK-Chef.

Faymann umschiffte das brisante Steuerthema
Wenig davon griff Bundeskanzler Werner Faymann auf. Er erinnerte zunächst an das eigentlich erst im kommenden Jahr anstehende Jubiläum "120 Jahre Maiaufmarsch". Man werde die Frage der Demokratie und der Freiheit wieder in den Mittelpunkt rücken. Denn es habe Jahre gegeben, wo der 1. Mai verboten gewesen sei, wo es Unterbrechungen durch ein "faschistisches Mörderregime" gegeben habe: "Und es ist, und das ist eine Schande, bis heute in Österreich notwendig, dass es Prozesse gegen Holocaustleugner gibt."

Einziges tagespolitisches Thema in Faymanns Rede: Eine eindringliche Warnung vor einer Nulllohnrunde. Es sei in den letzten Tagen immer wieder von machen Vertretern der Industrie die Forderung nach einer Nulllohnrunde zu hören gewesen. Eine solche würde jedoch die Hälfte der jüngsten Steuersenkung wieder rückgängig machen, so der Kanzler. "Das lassen wir Sozialdemokraten nicht zu, hier stehen wir mit der Gewerkschaft Seite an Seite", versicherte Faymann - der zuvor mit der SP-Bezirksorganisation Liesing auf den Rathausplatz marschiert war.

"Fiona muss zahlen"
Politische Ansagen, Forderungen und Kritik waren, so wie am Maiaufmarsch üblich, auch auf zahlreichen Transparenten zu sehen. "Bildung darf kein Privileg sein", hieß es da etwa. Das Thema des Tages war im knappen Slogan "Fiona muss zahlen - Vermögenssteuern für Superreiche" zusammengefasst. Ebenfalls schon beinahe traditionell: Kanzler-Kritik der Sozialistischen Jugend. Sie hatte ein Transparent mit der Aufschrift "Lieber Werner, ohne ÖVP und Krone hätten wir dich gerner" mitgebracht.

ÖVP: Jugendstiftung soll 2.000 Jobs für Junge bringen
Die ÖVP traf sich unterdessen zu einem Arbeitsgespräch mit dem Kernthema Jugendarbeitslosigkeit. Die Ergebnisse wurden im Anschluss von Parteiobmann Josef Pröll und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner präsentiert. Größtes Projekt: eine Jugendstiftung als Maßnahme gegen die Arbeitslosigkeit.

Ziel sei es, die jungen Menschen in Beschäftigung zu bringen, erklärte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Das Projekt soll zehn Millionen Euro kosten und von Firmen, dem Arbeitsmarktservice sowie aus Rücklagen des Wirtschafts- und Sozialministeriums finanziert werden. Mit der Jugendstiftung soll ein 1995 gegründetes Projekt wieder aufleben. 2.000 junge Leute will man in einem ersten Durchgang damit erreichen.

Beim Projekt geht es um Berufsorientierung, Praktika und Coaching, so Mitterlehner. Für die Unter-19-Jährigen, also Lehrlinge, ist ein sogenannter "Pakt für Jugendliche geplant". Ab Juni soll mit den jeweils 15 größten Unternehmen in einem Bundesland ein "Vertrag" geschlossen werden, wonach sie versichern, den momentanen Ausbildungsgrad zu halten oder sogar auszubauen. Auch der Bund, der derzeit 3.400 Ausbildungsplätze bietet, soll diese Zahl zumindest halten oder ausweiten.

Pröll: "Neue Steuern beschleunigen Abschwung"
Sowohl der Wirtschaftsminister als auch Parteiobmann Josef Pröll lehnten vehement neue Steuern in Zeiten der Wirtschaftskrise ab. "Es sind alle gefordert, nicht mit überzogenen und falschen Diskussionen den Aufschwung zu beenden", erklärte Pröll und weiter: "Wenn man heute über neue Steuern spricht, beschleunigt das den Abschwung und verhindert den Aufschwung. Wir sagen Nein zu einer Eigentumsbesteuerung im breiten Mittelstand." Finanzspekulationen hingegen könnten in Zukunft besteuert werden.

Thema der Klausur war angesichts der bevorstehenden EU-Wahlen auch die Europäische Union. Es würde kein Zweifel am proeuropäischen Kurs der ÖVP bestehen, so der Parteichef: "Wir bekennen uns zu einer aktiven Entwicklung", die allerdings eine österreichische Handschrift tragen soll. An der Sitzung am Tag der Arbeit nahm das gesamte ÖVP-Regierungsteam teil. Einzig Justizminister Claudia Bandion-Ortner sei aus organisatorischen Gründen verhindert gewesen.

FPÖ im Bierstadl, Glawischnig-Kritik an Faymann
Die FPÖ veranstaltet in Linz den "Europa-Bierstadl" - gleichsam der EU-Wahlkampfauftakt (siehe Infobox). Das BZÖ hielt eine Informationsveranstaltung in Kärnten ab und forderte dort unter anderem eine "soziale Flat-Tax" sowie einen Zuwanderungsstopp.

Die Grünen begingen traditionell bereits den 30. April als "Tag der Arbeitslosen". Von Parteichefin Glawischnig gab es am Freitag per Presseaussendung Kritik zur Rede Werner Faymanns am Rathausplatz: Während sich die SPÖ-Granden nach der Reihe für vermögensbezogene Steuern aussprechen, bleibe ihr Parteivorsitzender Werner Faymann auf diesem Ohr taub. "Der Kanzler kann das Wort Gerechtigkeit offenbar nicht einmal buchstabieren", kritisierte sie.

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