Religionslehrer

Ausbildungsdefizite auch in anderen Religionen

Österreich
02.02.2009 16:45
Die Debatte um muslimische Religionslehrer in Österreich konzentriert sich seit der Relativierung der Studie des Wiener Islamforschers Mouhanad Khorchide durch Bildungsforscher zunehmend auf die Ausbildungsdefizite der Lehrkräfte. Und wie sich dabei herausstellt, hat nicht nur die Islamische Glaubensgemeinschaft mitunter Schwierigkeiten, qualifizierte Religionslehrer zu finden. Die Israelitische Kultusgemeinde muss ihre Lehrer zum Teil aus Israel holen, da es hier zu wenige gibt. Die Lehrer der syrisch-orthodoxen Kirche werden ausschließlich in Syrien und der Türkei ausgebildet. Aus der Politik werden indes die Rufe nach einem Rücktritt von IGGiÖ-Präsident Anas Schakfeh lauter - sogar die Grünen fordern, dass der 66-Jährige abtritt.

Ausbildungsdefizite und ein genereller Mangel an Lehrkräften ist in Österreich offenbar ein Problem, dass alle Glaubensgemeinschaften Abseits der Kirche beschäftigt. Die Israelitische Kultusgemeinde Wien holt Hebräisch- sowie Religionslehrer für ihre etwa 1.000 Schüler zum Teil aus Israel, erklärte Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg. "In Österreich gibt es nicht genügend."

Hierzulande würden die Lehrer großteils an speziellen Instituten ausgebildet, man achte auf hohes Niveau. "Es ist uns sehr wichtig, dass Lehrer auch ein breites Allgemeinwissen haben, Wissen über den Staat, die Gesellschaft und die Demokratie", so Eisenberg.

Mit etwa 350 Schülern und fünf Lehrern hat man in der syrisch-orthodoxenKirche laut Chorbischof Emanuel Aydin zwar grundsätzlich "keine Schwierigkeiten" mit dem Personal. Die Ausbildung erfolge allerdings in Klöstern in Syrien und der Türkei, da es in Österreich keine entsprechenden Einrichtungen gebe.

Auch an der Armenischen Schule in Wien, die den einzigen armenisch-apostolischen Religionsunterricht im Land anbietet, herrscht kein Mangel an qualifizierten Lehrern. Es sei aber üblich, dass Priester unterrichten, die aus Armenien kommen und sich nur auf Zeit in Österreich aufhalten, erklärte Direktorin Karine Zangocyan. Derzeit seien zwei von drei Religionslehrern Priester, die dritte Lehrerin habe ihre Ausbildung im Libanon absolviert.

"Anfangs hatten wir auch Probleme mit der Qualifizierung unserer Religionslehrer", räumt Dranislav Djukaric, Fachinspektor und Schulamtsleiter der orthodoxen Kirche, ein. 1992, als die Orthodoxen mit dem Religionsunterricht in Österreich begannen, habe man zum Teil Lehrer aus dem Ausland geholt. "Seit zwei Jahren haben wir aber die Möglichkeit, an der Kirchlich Pädagogischen Hochschule Wien/Krems auszubilden", so Djukaric.

Das Projekt an der Kirchlich Pädagogischen Hochschule sei europaweit einzigartig, da alle christlichen Glaubensgemeinschaften zusammenarbeiten. "Beispielsweise haben alle gemeinsam die didaktischen Fächer, nur spezifische theologische Fächer werden getrennt unterrichtet", erklärt Djukaric. Man werde in Zukunft keine Probleme haben, die rund 10.000 Schüler gut zu unterrichten.

Auch die Altkatholische Kirche, die derzeit österreichweit 22 Lehrer zur Verfügung hat, profitiert von der Zusammenarbeit an der Kirchlich Pädagogischen Hochschule: "Die Religionslehrer stehen nicht gerade in Massen an, aber durch die Hochschule finden sich welche", so Brigitte Kohlweg, Beauftragte für den Religionsunterricht. Wichtiger als die theologische Ausbildung sei der Altkatholischen Kirche aber die pädagogische Qualifizierung.

Trotz eines "gewissen" Nachwuchsproblems kommt es für die Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft (ÖBR) nicht infrage, Lehrer aus dem Ausland zu holen. "Da hätten wir keine Garantie für eine Qualitätssicherung", erklärt Hugo Klingler von der ÖBR. Die derzeit 17 aktiven Religionslehrer hätten alle eine pädagogische und theologische Ausbildung nach österreichischen Standards, außerdem würden regelmäßig Fortbildungen abgehalten.

Rufe nach Schakfeh-Abtritt aus der Politik
Indes steigt der Druck auf Anas Schakfeh, den Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Am Wochenende war bekannt geworden, dass unter Schakfehs Aufsicht als Fachinspektor höchst streitbare Inhalte in den muslimischen Religionsbüchern erhalten geblieben sind bzw. sogar er selbst diese eingefügt hat. "profil" druckte ein Bild aus einem Lehrbuch auf. Darauf wird ein "Märtyrer" gezeigt, der gerade am Schlachtfeld stirbt. "Ein Muslim, der auf dem Weg Allahs und zur Verteidigung der Heimat stirbt, ist ein Märtyrer (Sahid). Er wird von Allah mit dem Paradies belohnt, wie Allah es im Koran versprochen hat", heißt es darunter. 

Dass FPÖ und BZÖ im Zuge dessen Schakfehs Rücktritt fordern, überrascht nicht weiter. Am Sonntag gab es aber erstmals auch von den Grünen eine derartige Forderung: Schakfeh sei als "Leiter des islamischen Schulamtes untragbar". "Es darf nicht sein, dass in Österreich mit öffentlichen Mitteln Schulbücher gedruckt werden, in denen der Märtyrer-Tod als erstrebenswert dargestellt wird und mit dem Paradies belohnt werde", kritisierte Bildungssprecher Harald Walser. Er verlangte dabei auch eine generelle Diskussion über den Religionsunterricht: Wenn der Staat die Unterrichtsmittel und die Lehrer bezahle, müsse er auch die Inhalte kontrollieren können und für die Ausbildung und Anstellung der Lehrkräfte zuständig sein.

Walser meinte, er bekenne sich zu Trennung von Staat und Kirche, wenn aber "Leute wie Schakfeh aber entscheidenden Einfluss darauf haben, was unseren Kindern in den vom Staat bezahlten Schulen von den vom Staat bezahlten Religionslehrerinnen und -lehrern beigebracht wird, dann hat der Staat zu handeln". SPÖ und ÖVP haben bisher keine Rücktrittsforderungen laut werden lassen.

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