Illegale Pflege

Begeht Landeshauptmann Pröll Amtsmissbrauch?

Österreich
17.12.2007 11:50
Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll bekräftigt in der Pflege-Debatte auch nach dem Auslaufen der Amnestie-Regelung Straffreiheit für drei Monate ab dem neuen Jahr. "Ich garantiere heute hier, bei allem, was ich tun kann, dass in Niederösterreich in den ersten drei Monaten niemand gestraft wird", sagte Pröll in einem Zeitungsbericht. Pröll meinte, die Bezirkshauptmannschaften seien schon angewiesen "und alles andere ist dann im Konkreten ab 1. Jänner gerne auch in aller Öffentlichkeit zu diskutieren". Sozialminister Buchinger spricht in diesem Zusammenhang von einer gesetzeswidrigen Weisung des niederösterreichischen Landeschefs.

"Ich lasse weder meinen Landsleuten drohen noch mir selbst", so Pröll in Richtung Sozialminister Erwin Buchinger. Der Minister hatte im Rahmen der angekündigten Verlängerung der Pflege-Amnestie für drei Monate in Niederösterreich gemeint, Pröll könne die Behörden gar nicht anweisen, im Fall illegaler Pfleger nicht tätig zu werden. "Eine entsprechende Anweisung wäre gesetzeswidrig", meinte Buchinger.

Zu Mutmaßungen, Pröll handle in der Pflegedebatte derzeit so aufgrund der Landtagswahl im Frühjahr 2008, meinte der Landeshauptmann: "Nicht Erwin Pröll und die niederösterreichische ÖVP haben diesen sozialpolitischen Schritt erzwungen, sondern der Sozialminister mit einem vollkommen unfähigen Modell und seiner brutalen Härte. Hätten wir in Niederösterreich nicht dieses eigene Modell erstellt, wären Tausende in der Illegalität, von Strafe bedroht und müssten eine Menge zusätzliches Geld aufbringen. Das sind die Zwänge und nicht irgendein Wahltermin."

Verfassungsexperte steht Pröll-Weisung kritisch gegenüber
Am Montag meinte der Wiener Verfassungsrechtsexperte Heinz Mayer, eine Weisung des Landeshauptmanns an seine Bezirkshauptmannschaftsjuristen, nicht zu strafen, wäre ihrerseits strafbar.

"So eine Weisung würde den Verdacht des Amtsmissbrauchs aufwerfen", so Mayer, "denn der Landeshauptmann ist nicht zuständig, gesetzlich vorgesehene Sanktionen zu suspendieren; das kann nur der Gesetzgeber machen. Wer wissentlich seine Befugnisse missbraucht - und ich nehme an, der Herr Landeshauptmann weiß das, dass das nicht zulässig ist - der setzt sich dem Verdacht einer strafbaren Handlung aus."

Justizministerin: "Gerichte müssen Amtsmissbrauch feststellen"
Eine Weisung, die Gesetze nicht einzuhalten, könnte "natürlich problematisch" sein. Aber andererseits habe die Verwaltung auch einen gewissen Spielraum im Vollzug der Gesetze. Das sagte Justizministerin Maria Berger am Montag in einer Pressekonferenz, angesprochen auf die Weisung des niederösterreichischen Landeshauptmannes Erwin Pröll an die Bezirkshauptmannschaften, die ersten drei Monate 2008 bei illegaler Pflege nicht zu bestrafen. Überzeugt ist Berger, dass Bürger nicht für die bisherige unklare Gesetzeslage bestraft werden sollten.

Auf die Einschätzung, Prölls Vorgehen wäre "Amtsmissbrauch", wollte sich Berger freilich nicht festlegen: "Die Qualifikation als Amtsmissbrauch werden Sie von mir sicherlich nicht erhalten. Das müssten Gerichte feststellen." Zuständig dafür, einen allfälligen Amtsmissbrauch vor Gericht zu bringen, wären die Aufsichtsbehörden der Sozialversicherungen, erklärte die Ministerin.

Berger gegen Amnestie-Verlängerung
Jedenfalls zeige die ganze Situation, "dass man so schnell wie möglich einen legalen Zustand herstellen muss" - und legale Pflege in erschwinglicher Weise ermöglicht, betonte Berger und wandte sich klar gegen eine Verlängerung der Amnestie: "Das Wichtigste ist, diese Situation nicht zu verlängern und die Menschen nicht noch länger in einem unsicheren Rechtszustand zu lassen."

Ihr "politischer Ansatz" sei, dass Bürger, die illegale Pflege in Anspruch genommen haben, nicht für eine unklare gesetzliche Situation bestraft werden sollten. Berger erinnerte daran, dass es eine ähnliche Situation ja auch schon beim Kindergeld gegeben habe. Auch dort sollten die Folgen einer unklaren Regelung nicht zu Lasten der Bürger gehen.

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