Schlafen in Zelten
Calais: Trotz Räumung treffen neue Flüchtlinge ein
Ungeachtet der Schließung des "Dschungel"-Lagers im nordfranzösischen Calais treffen dort neue Flüchtlinge ein. Präfektin Fabienne Buccio sagte am Donnerstag, es kämen zum Teil auch Menschen aus Paris und sogar Deutschland. Sie könnten aber nicht auf eine Aufnahme hoffen. Der französische Menschenrechtsbeauftragte Jacques Toubon ermahnte die Regierung, den Schutz minderjähriger Flüchtlinge zu gewährleisten.
Laut Angaben der Präfektin haben seit Beginn der Räumung am Montag rund 6000 Flüchtlinge das Lager über das dafür eingerichtete Verteilzentrum verlassen. In dem Camp sollen sich laut offiziellen Schätzungen zuvor rund 6400 Menschen aufgehalten haben. Das Lager werde bis kommenden Montag endgültig abgerissen, kündigte Buccio an.
Mehrheit der Flüchtlinge asylberechtigt
Die umgesiedelten Flüchtlinge haben gute Chancen auf Asyl in Frankreich, wie der Leiter des französischen Flüchtlingsamts, Pascal Brice, dem Sender France Info sagte. In den vergangenen beiden Jahren seien "70 Prozent von ihnen als Flüchtling anerkannt" worden. Es gehe also nicht um "Wirtschaftsmigranten". Hilfsorganisationen wie "Ärzte der Welt" berichteten unterdessen, rund 2000 bis 3000 Flüchtlinge aus dem "Dschungel" versuchten nun, sich im Umland von Calais durchzuschlagen oder nach Paris zu gelangen. Helfer hatten die Zahl der Campbewohner stets höher eingeschätzt als die französischen Behörden und zuletzt von gut 8000 Menschen im "Dschungel" gesprochen.
Umgekehrt waren die Auswirkungen der Räumung von Calais aber auch in der französischen Hauptstadt zu spüren. In den vergangenen zwei Tagen sei die Zahl der dort auf der Straße lebenden Migranten um ein Drittel gestiegen, sagte die Mitarbeiterin einer Hilfsorganisation dem französischen Fernsehsender BFMTV. Mittlerweile schliefen etwa 3000 Menschen in Zelten und auf Matratzen auf dem Gehsteig.
Menschenrechtsbeauftragter über Schicksal Minderjähriger besorgt
Besondere Sorge bereiten dem französischen Menschenrechtsbeauftragten Toubon die minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge, von denen zuletzt 1300 in dem Lager gelebt haben sollen. Toubon rief die französischen und britischen Behörden auf, die Verfahren für ihre Unterbringung zu beschleunigen. Laut Angaben des französischen Innenministeriums sind seit Wochenbeginn etwa 230 dieser Minderjährigen in Richtung Großbritannien gebracht worden, die dort Angehörige haben. Toubon forderte, alle in Frankreich verbleibenden Kinder oder Jugendlichen "systematisch über das Asylverfahren zu informieren" und über ihre Rechte aufzuklären.
Weil ein am Rande des "Dschungels" gelegenes Lager mit Wohncontainern für minderjährige Flüchtlinge seit Mittwoch voll ist, mussten Dutzende Jugendliche die Nacht im Freien verbringen. "Im Dschungel ist es zu gefährlich, mit dem Lager ist es vorbei", sagte der 16-jährige Abdelhadi aus Afghanistan.
Der Abriss der verwaisten Flüchtlingshütten und Zelte ging unterdessen weiter. Arbeiter setzten unter anderem große Bagger und Räumfahrzeuge ein. Flüchtlinge, die versuchten, in das Camp zu gelangen, wurden von Polizisten in schwerer Schutzkleidung zurückgedrängt. Rund um das Gelände standen Polizeiwägen. Auch Journalisten wurde der Zugang untersagt.
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