Trotz EU-Türkei-Deal

Faymann: "Balkanroute bleibt weiter geschlossen"

Österreich
19.03.2016 16:55

Trotz des beschlossenen Pakts der EU mit der Türkei zur Eindämmung der Flüchtlingsströme, der wie berichtet mit Sonntag in Kraft tritt , bleibt die Balkanroute weiterhin geschlossen. Das bekräftigte Bundeskanzler Werner Faymann im Gespräch mit der "Krone" einmal mehr: "Die Gefahren sind noch lange nicht vorüber. Wir stehen möglicherweise erst am Anfang neuer Krisenentwicklungen."

Die EU/Schengen-Außengrenze ist noch immer nicht gesichert. Selbst wenn das endlich gelingen sollte, so Faymann, werde alles daran gesetzt werden, dass es keinen illegalen Migranten-Transit mehr über die Balkanroute gebe.

"EU-Grenzschutzeinheit braucht mehr Macht"
Unzufrieden ist der Kanzler vor allem mit der bisherigen Struktur der Frontex-Grenzschutzeinheit der EU. Frontex müsse deutlich mehr Macht und Möglichkeiten erhalten. "Die Intensität der Schutzmaßnahmen und der nötige Aufwand wird von dem Druck, der auf der Balkanroute, aber auch auf allen anderen illegalen Routen herrscht, abhängen", lenkt Faymann die Aufmerksamkeit auch auf die Mittelmeerroute über Italien und den Brennerpass. Der Kanzler war schon bisher in Sorge, dass das kleine Mazedonien dem Druck an seiner Grenze nicht standhalten könne.

Neuerlich Kritik an Merkel
Wegen eines möglichen Anlockens von Migranten über neue Schlepperrouten beharrt Faymann auf seiner Forderung an die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, unbegrenzte Aufnahmebereitschaft von Flüchtlingen eine öffentliche Absage zu erteilen: "Das hat sie in Brüssel wieder nicht getan."

EU-Deal: Bewährungsprobe für Griechenland und Türkei
Ob man das Abkommen zwischen der EU und der Türkei tatsächlich als einen Erfolg verbuchen kann, wird man in den kommenden Wochen und Monaten sehen. Auf alle Fälle wird der Deal zur großen Bewährungsprobe für Griechenland und die Türkei. Bekanntlich verpflichtet sich Ankara, alle illegal eingereisten Migranten von den griechischen Inseln zurückzunehmen, im Gegenzug nehmen die Europäer syrische Kriegsflüchtlinge aus der Türkei auf.

Bürokratischer Kraftakt
Doch kann Griechenland die Rückführungsprogramme überhaupt bewältigen und lassen sich Migranten auf den Inseln "einsperren"? An den Hotspots muss künftig jeder Flüchtling geprüft werden, ob er nur seine Lebensumstände verbessern will, oder in der Türkei Verfolgung erleidet, etwa Kurden. Dazu sind 4000 Fachkräfte notwendig. Griechenland hat sie nicht. Die EU-Staaten müssten vorerst einmal rasch 2300 bereitstellen.

Skepsis zu Visabefreiungen
Offen ist auch noch, wie es mit einer möglichen Visafreiheit für türkische Staatsbürger im Schengenraum weitergeht. Wenn die Türkei bis Ende Juni dafür alle 72 von der EU geforderten Bedingungen erfüllt, können Personen maximal 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen einreisen. Bislang werden über 90 Prozent der Visaanträge positiv bearbeitet, allerdings nach einem zeitraubenden, bürokratischen Hürdenlauf. Faymann bleibt bei der Visabefreiung zurückhaltend: "Mehr als die Hälfte der Bedingungen sind seitens der Türkei zur Stunde nicht erfüllt." Im Mai soll darüber auf EU-Ebene diskutiert und im Juni entschieden werden.

Fakt ist: Die Visafreiheit umfasst nicht das Recht, sich in der Europäischen Union niederzulassen, dort eine Arbeit aufzunehmen oder die Sozialsysteme zu beanspruchen. Dschihadisten auf dem Weg zwischen Syrien und Europa sind durch die Visapflicht offenbar nicht aufgehalten worden. Sie haben ebenso wie Kriminelle und Mafiosi echte EU-Pässe, wenn sie EU-Bürger sind, oder falsche EU-Pässe, die auf dem "freien Markt" beschafft werden können.

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