Wahl am Sonntag

Türkei: Recep Erdogan als zweiter Atatürk

Ausland
09.08.2014 17:28
Elf Jahre war er Premierminister, am Sonntag lässt sich der autokratisch regierende Türken-Sultan Recep Tayyip Erdogan vom Volk zum Staatspräsidenten wählen. Und er lässt keinen Zweifel daran, dass er dann noch mehr Macht an sich reißen will. Erdogan sieht sich schon jetzt als zweiter Atatürk.

Im Gegensatz zu dem identitätsstiftenden Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk, der die Trennung von Religion und Staat in der Verfassung verankern ließ, verfolgt der in einer Predigerschule ausgebildete Erdogan jedoch eine tief islamisch geprägte Agenda. Unwidersprochen können hochrangige Politiker seiner AKP sogar verlangen, dass man Frauen das Lachen in der Öffentlichkeit verbieten sollte, da dies den strengen moralischen Wertvorstellungen des Islam widersprechen würde.

Der cholerische Erdogan, der schon jetzt keinerlei Kritik zulässt und die Polizei mit Knüppeln und Wasserwerfern auf friedliche Demonstranten hetzt, hat in der Türkei allerdings viele Anhänger. Vor allem, aber keinesweg nur auf dem Land und bei den unteren Einkommensschichten.

Das hat er seinen unbestrittenen Erfolgen zu verdanken: Die Wirtschaft ist unter ihm aufgeblüht, das Pro-Kopf-Einkommen hat sich verdreifacht, teils gigantische Infrastruktur-Projekte wurden in Angriff genommen und auch fertiggestellt, das jahrzehntelang übermächtige Militär wurde zurechtgestutzt, und auch der Konflikt mit den Kurden ist auf dem Weg der Aussöhnung.

Nicht zuletzt hat Erdogan vielen Türken das Gefühl zurückgegeben, wieder stolz auf ihr Land sein zu können. Deshalb wird er die Wahl wohl schon im ersten Durchgang für sich entscheiden können.

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