"Wie auf Titanic"

Handyfotos zeigen letzte Minuten auf der “Sewol”

Ausland
02.05.2014 11:00
"Es ist wie bei der Titanic" - so scherzten die Schüler auf der sinkenden "Sewol", als sie den Ernst der Lage noch nicht erfassten. Nachdem bereits Sprachaufnahmen vom Handy eines der toten Teenager veröffentlicht wurden, sind nun Fotos und Videos der letzten Minuten vor dem Untergang aufgetaucht. Auf Letzteren ist unter anderem zu hören, wie sich Schüler in Panik von ihren Eltern und der Welt verabschiedeten.

Der Großteil der 476 Menschen an Bord der südkoreanischen Fähre waren Schüler einer Mittelschule, die mit ihren Lehrern zu einer Ferieninsel unterwegs waren. Viele von ihnen hätten den Videoaufzeichnungen nach den Ernst der Lage zuerst nicht erfasst, berichtet die Nachrichtenagentur AP.

Scherze vor dem Untergang
Demnach sei unter anderem "Das macht Spaß!" und "Es ist wie bei der Titanic" zu hören. Ein anderer flachse "Hey, rettet mich!", während ein weiterer Schüler scherzeshalber vorschlage, das Handyvideo auf Facebook zu veröffentlichen. Der jugendliche Besitzer des Handys, der 17-jährige Park Su Hyeon, begann laut Anzeige des Mobiltelefons um 8.52 Uhr zu filmen - wenige Minuten bevor die Crew zum ersten Mal Alarm gab.

Nur Momente nach den Scherzen sei auf der Aufnahme aber zu sehen, wie die "Sewol" sich neigte und die Menschen an Bord durchgeschüttelt wurden, so die AP. Ab diesem Zeitpunkt machte sich laut dem Bericht Panik breit - so sagte etwa ein junger Bub: "Ich will raus. Ich will hier nicht sterben!"

"Mama, Papa, ich liebe euch"
Gegen Ende der Videoaufnahme um 9.06 Uhr ist laut AP Park Su Hyeon zu hören: "Das sieht wie das Ende aus." Ein Schulkollege beklage sich über zitternde Knie und Übelkeit, ein anderer wundert sich über die Ansage der Schiffscrew, dass alle Passagiere Rettungswesten überziehen sollen. "Ich verstehe nicht (...) Heißt das, dass das Schiff sinkt?" "Was macht der Kapitän?", frage ein anderer. Ein Schüler habe festgestellt: "Das sind die Bilder, die wir als unsere letzten Erinnerungen machen müssen." Und ein weiterer Bub habe sich von seinen Eltern verabschiedet: "Mama, Papa, ich liebe euch."

Park Su Hyeon war eines der ersten Todesopfer, die Taucher aus der "Sewol" bargen. Mit ihm gelangte sein Handy an die Oberfläche, dessen intakten Speicherchip sein Vater an die Medien weitergab. Schon vor einigen Tagen waren Auszüge aus den Videos des Teenagers öffentlich gemacht worden (siehe Infobox).

226 Todesopfer - 76 Menschen vermisst
Mehr als zwei Wochen nach dem Untergang ist die Zahl der Todesopfer am Freitag auf 226 gestiegen. In der Früh wurden nach Angaben der Behörden vier weitere Leichen aus dem Wrack und rund vier Kilometer vom Unglücksort entfernt die Leiche einer bisher vermissten Passagierin aus dem Wasser geborgen. Es werden noch 76 der ursprünglich 476 Menschen an Bord vermisst.

Die Bergungsarbeiten wurden nach Berichten südkoreanischer Sender weiter durch die starke Strömung erschwert. Die Taucher durchkämmten verschiedene Gänge des Schiffes und weitere Kabinen. Es wird vermutet, dass dort die meisten Passagiere eingeschlossen wurden.

Überladung als Unglücksursache?
Die Ermittler untersuchen indes unter anderem, ob eine Überladung zusammen mit früheren Umbauten an der 20 Jahre alten Auto- und Personenfähre ein Grund für den Untergang gewesen sein könnte. Experten zufolge könnte außerdem eine zu scharfe Wendung die Fähre ins Ungleichgewicht gebracht haben.

Der Kapitän und die anderen 14 leitenden Besatzungsmitglieder sitzen in Untersuchungshaft. Sie werden beschuldigt, nicht genug unternommen zu haben, um die Passagiere zu retten. Sie sollen die Evakuierung verzögert und - allen voran der Kapitän - die Fähre frühzeitig verlassen haben.

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