Bürgermeister Ludwig:

„Selbstverständlich hat sich Stadtbild verändert“

Wien
03.11.2025 06:00

Eine deutsche Debatte schwappt nach Österreich: Zuwanderung als „Problem im Stadtbild“? Aber wie sehen das Wiens Politiker?

Es ist der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz, der bei unseren Nachbarn für eine intensive Debatte sorgt. Er sagt: „Wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.“

Bundeskanzler unserer Nachbarn: Friedrich Merz
Bundeskanzler unserer Nachbarn: Friedrich Merz(Bild: AP/Francois Walschaerts)

In einer späteren Präzisierung erklärte Merz, was er mit „Problem im Stadtbild“ meinte: Er sprach von Migrantinnen und Migranten ohne Aufenthaltsstatus, ohne Arbeit, die sich nicht an die in Deutschland geltenden Regeln halten. Sie würden teilweise das öffentliche Bild in Städten prägen. Aussage an einen Journalisten: „Fragen Sie Ihre Töchter, was ich damit gemeint haben könnte.“

Wir fragen hingegen Wiens Politiker: Was sagen Sie zu der Debatte? Wo macht sich Zuwanderung positiv und wo negativ bemerkbar?

Die Antworten lesen Sie hier:

SPÖ
Das sagt Bürgermeister Michael Ludwig

Hat Merz recht und betrifft das auch das Wiener Stadtbild?
Die Frage ist nicht, wie ich einen individuellen Eindruck beschreibe, sondern, wie ich Herausforderungen im Zusammenleben löse. Was Wien ausmacht, ist, dass wir Fragen gemeinsam angehen und uns nicht gegeneinander ausspielen lassen.

Was bedeutet das Wort Stadtbild allgemein für Sie?
Einerseits der erste Eindruck, den man von einer Stadt bekommt und jener Eindruck, der sich verfestigt, nachdem man länger in einer Stadt lebt. Ich bin überzeugt, dass der überwiegende Teil das Stadtbild als positiv empfindet.

(Bild: Urbantschitsch Mario)

Wie würden Sie persönlich das Wiener Stadtbild beschreiben?
Wien ist eine moderne Metropole mit Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum, mit der international höchsten Lebensqualität und einem hohen Grünanteil. Natürlich hat auch Wien Herausforderungen, denen man sich stellen muss.

Hat sich das Stadtbild in den vergangenen 10 Jahren verändert?
Selbstverständlich hat sich das Stadtbild verändert, es ändert sich fortlaufend. Wien war bis in die 70er- und 80er-Jahre eine graue Stadt. Heute ist das nicht mehr so, und Wien ist eine der größten und erfolgreichsten Metropolen Europas.

Wo macht sich Zuwanderung positiv und wo negativ bemerkbar?
Menschen mit Migrationshintergrund tragen dazu bei, dass Wien funktioniert. Ohne sie würden Teile der Wirtschaft nicht funktionieren. Wo es zu Problemen mit Kriminalität kommt, muss durchgegriffen werden, denn das ist inakzeptabel.

Neos 
Das sagt Vizebürgermeisterin Bettina Emmerling

Hat Merz recht und betrifft das auch das Wiener Stadtbild?
Wir Neos beurteilen Menschen nicht nach Herkunft. Wir finden: Wer einwandert, muss sich auch einbringen. Darum haben wir die „Mission Deutsch“ gestartet, damit Zugewanderte auch in jungen Jahren schnell die Sprache lernen.

Was bedeutet das Wort Stadtbild allgemein für Sie?
Wie die Stadt aussieht und wie sie sich anfühlt.

Wie würden Sie persönlich das Wiener Stadtbild beschreiben?
Es gibt nicht „das“ Wiener Stadtbild, es gibt viele Stadtbilder. Die Donaustadt sieht anders aus als die Innere Stadt, Neubau anders als Simmering. Die einzig ehrliche Antwort ist also „vielfältig“.

(Bild: Eva Manhart)

Hat sich das Stadtbild in den vergangenen 10 Jahren verändert?
Das Stadtbild ändert sich in einer Stadt permanent. Wir sind stolz darauf, den öffentlichen Raum lebenswerter zu machen, z. B. durch Begrünung oder Anpassung an den Klimawandel, durch Schanigärten, durch mehr Beleuchtung in der Nacht.

Wo macht sich Zuwanderung positiv und wo negativ bemerkbar?
Es gibt viele Negativ-Schlagzeilen über Migranten, die sich nicht integrieren und unsere Werte missachten. Da müssen wir gegensteuern. Es gibt aber unzählige positive Beispiele von Menschen, die einen Beitrag für die Gesellschaft leisten.

ÖVP
Das sagt Markus Figl

Hat Merz recht und betrifft das auch das Wiener Stadtbild?
Wer keine Berechtigung hat, hier zu sein und sich nicht an Regeln hält, darf nicht das Bild unserer Stadt prägen. Auch Wien spürt solche Entwicklungen – die SPÖ-Neos-Stadtregierung muss endlich Integration und Ordnung durchsetzen.

Was bedeutet das Wort Stadtbild allgemein für Sie?
Das Stadtbild ist die Visitenkarte einer Stadt. Das ist der Raum, in dem sich alle sicher und frei bewegen sollen.

(Bild: Jöchl Martin)

Wie würden Sie persönlich das Wiener Stadtbild beschreiben?
Wien ist eine wunderschöne und vielfältige Stadt mit hoher Lebensqualität – aber auch mit wachsenden Problembereichen, die man nicht schönreden darf. Unser Anspruch muss sein, dass sich alle Menschen in jedem Grätzel sicher fühlen.

Hat sich das Stadtbild in den vergangenen 10 Jahren verändert?
Ja, es gibt Bereiche, die unordentlicher und unsicherer geworden sind, besonders rund um Verkehrsknotenpunkte und einzelne Parks.

Wo macht sich Zuwanderung positiv und wo negativ bemerkbar?
Positiv dort, wo Menschen arbeiten, sich integrieren und unsere Stadt mitgestalten – vom Gesundheitsbereich bis hin zum Wirtschaftsbereich. Negativ dort, wo fehlende Integration und Parallelgesellschaften das Miteinander und die Sicherheit belasten.

FPÖ
Das sagt Dominik Nepp

Hat Merz recht und betrifft das auch das Wiener Stadtbild?
Ja und auch das Wiener Stadtbild hat sich seit 2015 stark negativ verändert.

Was bedeutet das Wort Stadtbild allgemein für Sie?
Stadtbild ist auch ein Gefühl. Jeder hat ein Bild im Kopf, wie Wien noch vor der Völkerwanderung 2015 war. Sicher, fair und sauber. Dort müssen wir wieder hin.

Wie würden Sie persönlich das Wiener Stadtbild beschreiben?
Durch die Völkerwanderung der letzten zehn Jahre hat sich das Wiener Stadtbild verändert. Wir sehen vermehrt Jugendbanden aus dem arabischen Raum, Talahons in Parks herumlungern, genauso wie vermehrt Frauen mit Kopftuch.

(Bild: Urbantschitsch Mario)

Hat sich das Stadtbild in den vergangenen 10 Jahren verändert?
Wien ist unsicherer und unfairer geworden. Wenn man bedenkt, dass Völkerwanderer fürs Nichtstun mehr bekommen als Arbeitende, dann muss das System geändert werden.

Wo macht sich Zuwanderung positiv und wo negativ bemerkbar?
Negativ ist, dass das Sicherheitsgefühl dramatisch gesunken ist und es Plätze gibt, die gemieden werden. Positiv: Es gibt viele Migranten, die nach Wien gekommen sind und sich integriert haben. Die finden dieses System auch unfair.

Grüne
Das sagt Judith Pühringer

Hat Merz recht und betrifft das auch das Wiener Stadtbild?
Alle Menschen in Österreich haben sich an Gesetze und Regeln zu halten. Durch große Krisen stellen sich auch in Wien große Fragen. Dabei geht es um politische Lösungen – und nicht um billige Schlagzeilen. Merz polarisiert anstatt Probleme zu lösen.

Was bedeutet das Wort Stadtbild allgemein für Sie?
Der öffentliche Raum ist die Visitenkarte. Wien hat viel zu bieten – vom historischen Zentrum bis zu den Heurigen. Ich möchte in einer sicheren und sauberen Stadt leben, in der Platz für Menschen, Bäume und Vielfalt ist und nicht der Beton dominiert.

(Bild: Zwefo)

Wie würden Sie persönlich das Wiener Stadtbild beschreiben?
Wien ist eine wunderschöne Stadt, an vielen Ecken wurde es grüner und ruhiger. Doch leider gibt es an vielen Stellen noch immer viel zu viel Beton und zu wenig Platz für Menschen. Sicherheit beginnt schon damit, wie man öffentliche Räume gestaltet.

Hat sich das Stadtbild in den vergangenen 10 Jahren verändert?
Leider fehlt der Stadtregierung der Mut für große Ideen und das macht sich auch in Wien immer stärker bemerkbar: Leerstand sticht ins Auge und macht Wohnen teuerer; U-Bahn-Baustellen, die schon Jahre Verspätung haben; Betonwüsten statt Bäume.

Wo macht sich Zuwanderung positiv und wo negativ bemerkbar?
Es sind oft Menschen, deren Wurzeln nicht in Österreich liegen, die wichtige Arbeiten erledigen. Ohne sie würde unsere Stadt nicht funktionieren. In den Schulen und Kindergärten merken wir leider schon länger, dass Pädagogen an ihre Grenzen stoßen.

Die Wiener Politiker sind nicht die einzigen, die auf den Merz-Sager reagierten. Auch Niederösterreichs Johanna Mikl-Leitner gab dem Deutschen in der „Krone“ Recht: „Wer dieses Problem offen anspricht, ist nicht radikal, sondern normal!“

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