Es ist eine erschütternde Prognose, die Ökonomen aus Wien liefern. Während in der Ukraine Drohnen und Raketen einschlagen, sitzt der Kreml auf einer prall gefüllten Kriegskasse. Die Frage, wie lange sich Russland den Krieg noch leisten kann, beantworten die Experten des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) mit brutaler Klarheit: sehr, sehr lange.
Die ernüchternde Analyse von wiiw-Direktor Mario Holzner: „Aus der Sicht der Finanzierung kann der Krieg noch jahrzehntelang dauern!“ Eine Horror-Vorstellung für die Ukraine und den Westen.
Warum Putins Geldbeutel so prall gefüllt ist
Doch warum hat Moskau so viel Geld? Dafür gibt es mehrere gewichtige Gründe. Experte Vasily Astrov vom wiiw analysiert: „Der Spielraum ist sehr groß, der Horizont für die Dauer des Krieges daher auch.“
Zwar muss Russland in diesem Jahr das größte Budgetdefizit seit Corona verkraften. Doch die Zahl von 2,5 Prozent ist laut Astrov alles andere als alarmierend. Er vergleicht: „2,5 Prozent sind im internationalen Kontext immer noch sehr moderat. Zum Vergleich: In Polen sind es sieben Prozent, in Rumänien acht bis neun Prozent, in Österreich fünf Prozent.“
Der größte Vorteil aber ist die gigantische finanzielle Polsterung aus den fetten Jahren. Astrov erklärt: „Die russische Staatsverschuldung ist sehr niedrig und liegt bei nur 15 bis 16 Prozent der Wirtschaftsleistung. In den vergangenen Jahren konnten die Budgetdefizite zum großen Teil durch Reserven finanziert werden, denn es gibt einen gut dotierten Wohlfahrtsfonds.“ Jahrelang spülten davor Öl- und Gasexporte Milliarden in die Moskauer Staatskasse.
„Russlands fiskalische Lage ist eigentlich ganz gut“
Und selbst wenn diese riesigen Reserven eines Tages aufgebraucht sein sollten, wäre das noch lange kein Ende. Dann, so Astrov, habe Russland immer noch die Möglichkeit, Kredite von den heimischen Banken aufzunehmen, wie es die meisten Länder machen.
Sein ernüchterndes Fazit lautet: „Die fiskalische Lage ist trotz Krieg und Sanktionen eigentlich ganz gut. Russland könnte den Krieg noch lange finanzieren.“
Wo die Sanktionen endlich wehtun
Doch haben die ganzen Strafmaßnahmen des Westens denn überhaupt nichts gebracht? Doch, sagen die Experten. Sie wirken, aber sie wirken langsam.
Astrov nennt konkrete Branchen: „Es gibt schon Auswirkungen, etwa auf die Luftfahrtbranche, wo bei den Maschinen von Boeing und Airbus Ersatzteile fehlen und die Wartung schwierig wurde.“ Das größte Problem für Putins Wirtschaft sei jedoch, dass wegen der Sanktionen Technologien für die Ölförderung fehlten, etwa in den geografisch schwierigen Gebieten in der Arktis.
Die Exportverbote für Hightech-Güter nach Russland bremsen zudem die Konjunktur spürbar. Die Folgen zeigen sich bereits: Statt der 4,3 Prozent vom Vorjahr dürfte Russlands Wirtschaft 2024 nur noch um magere 1,2 Prozent wachsen. Im Frühjahr schrammte das Land haarscharf an einer technischen Rezession vorbei.
Hohe Zinsen und Steuern würgen die Wirtschaft ab
Gleichzeitig würgt die Notenbank die Wirtschaft mit einem brutalen Zinsschlag ab. Bei Leitzinsen von 17 Prozent sind Investitionen in neue Maschinen für Unternehmen fast unmöglich.
Putins Regierung fährt deshalb einen harten Sparkurs. Sie erhöhte Steuern auf private Einkommen und Unternehmensgewinne. Ab 2026 soll auch die Umsatzsteuer steigen. Sogar die Militärausgaben sollen um sechs Milliarden Euro gekürzt werden.
All diese Maßnahmen werden das Wachstum natürlich ebenfalls bremsen, warnt Astrov. Doch das Fazit der Wiener Experten bleibt beunruhigend: Der finanzielle Atem des Kremls ist lang – sehr lang. Der Krieg könnte noch Jahre weitergehen.
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