Wirbel um den bekannten schwedischen Möbelriesen: Ikea ist wegen illegaler Videoüberwachung zu einer Strafe in Millionenhöhe verurteilt worden. In der Wiener Filiale am Westbahnhof sollen Personen bei der PIN-Eingabe gefilmt worden sein. Ikea will in Revision gehen.
Bei der Ikea-Filiale am Wiener Westbahnhof sollen Kameras Passanten vor der Filiale und den Kassenbereichen samt PIN-Eingaben unrechtmäßig gefilmt haben. Ausgangspunkt war ein Verwaltungsstrafverfahren um Datenschutzverletzung vom Frühjahr 2022. 30 Verstöße gegen Datenschutzvorschriften haben die Ermittlungen gezeigt. Ikea wurde zu 1,5 Millionen Euro Strafe und der Zahlung der Verfahrenskosten von 150.000 Euro verurteilt.
Eine Kamera soll laut Urteil PIN-Eingaben von erkennbaren Kunden aufgezeichnet und die Aufnahmen 72 Stunden lang gespeichert haben. Sechs weitere Kameras überwachten Bereiche, für die es keine rechtliche Grundlage gab. Blickfelder von sieben Kameras seien zu groß, seien für den angegebenen Zweck wie etwa Kontrolle der Schneeräumung ganz oder teils nicht erforderlich.
Personen nicht verpixelt
Hinzu kam, dass in bestimmten Bereichen die digitale Verpixelung unbeteiligter Personen fehlte. Ikea machte im Prozess dafür einen ehemaligen Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma verantwortlich. Der Mann sei laut Urteil technisch aber nicht in der Lage gewesen, dies umzusetzen. Ikea habe die Maskierungen auch nicht wieder hergestellt.
„Aus unserer Sicht deutlich überzogen“
Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) bestätigte das ursprüngliche Straferkenntnis der Datenschutzbehörde, hieß es zur APA. Ikea kündigte Rechtsmittel an. „Wir vertreten den Standpunkt, dass durch den Umstand, dass unser elektronisches Sicherheitssystem gar keine personenbezogenen Daten verarbeitet und aufgezeichnete Personen oder ihre Dateneingaben auch nicht identifizierbar waren, per se gar keine Datenschutzverletzung passieren hätte können“, so Christina Strauss, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit Ikea Österreich, laut dem deutschen Portal „heise.de“.
Die Strafhöhe ist aus unserer Sicht deutlich überzogen.
Christina Strauss, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit Ikea Österreich
Und selbst wenn, sei die Strafhöhe „aus unserer Sicht deutlich überzogen“, zumal niemand geschädigt worden sei. Freilich kooperiere man mit den Behörden. Rechtskonformer Datenschutz stehe „an erster Stelle“ bei Ikea. Die Videoüberwachung des Eingangs- und Kassabereichs sei am Standort Wien-Westbahnhof notwendig, um gegen Diebstähle und Vandalismus vorzugehen.
Mehrere zehntausend Menschen gefilmt
Anders als Ikea ist das Bundesverwaltungsgericht zu der Überzeugung gelangt, dass von 25. März bis 25. Mai 2022 zumindest mehrere zehntausend verschiedene Personen erkennbar gefilmt wurden. Aus der Begründung ergibt sich, dass Ikea einen stark frequentierten öffentlichen Bereich gefilmt hat: Der Wiener Westbahnhof zieht täglich viele Menschen an, auch an seinen Nebenpforten. Zusätzlich waren eine Straßenbahnstation und der Ausgang einer U-Bahn-Station erfasst. Ikea hat die Überwachungsanlage in Echtbetrieb genommen, noch bevor die datenschutzrechtliche Beurteilung vorlag.
Kein materieller Schaden bei Betroffenen
Materiellen Schaden für Betroffene hat das Bundesverwaltungsgericht nicht festgestellt, der ideelle Schaden sei gering. Insbesondere wurden die abgefilmten PINs nicht missbraucht. Strafmildernd wirkten die Kooperation des Möbelhauses, dessen Unbescholtenheit, die Behebung des Übelstandes, das Löschen der Aufnahmen und das Fehlen finanzieller Vorteile.
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