Der erste Schnee ist noch nicht einmal gefallen, trotzdem sorgt er in einer burgenländischen Gemeinde bereits für politische Glatteisgefahr – und zu einer ungewollten Kostenexplosion, die angesichts der angespannten Finanzlage die Wogen hochgehen lässt. Die „Krone“ weiß, wer warum ausrutschte.
Ein halbes Jahrhundert lang übernahm das Eisenstädter Familienunternehmen Neissl für Stotzing den Winterdienst. Mit Schneeräumungen und Streueinsätzen zur Bekämpfung von Eis und Frost sorgten die Mitarbeiter dafür, dass der öffentliche Verkehr auch unter widrigen Wetterverhältnissen sicher möglich war. Niemand in der 821 Einwohner zählenden, ÖVP-dominierten Gemeinde hatte etwas zu beanstanden – bis SPÖ-Gemeinderäte in einer Sitzung am Ende März 2025 einen Antrag auf Neuausschreibung der Kosten einbrachten.
Weil laut den Sozialdemokraten die „Niederschläge in den Wintermonaten nachweislich zurückgehen“ (Stichwort Klimawandel) und die „finanzielle Situation allgemein prekär“ ist, sollte geprüft werden, ob die Kosten für den Winterdienst – sie lagen 2024 bei 12.072 Euro – sowie die automatische fortlaufende Steigerung von fünf Prozent pro Jahr gerechtfertigt seien bzw. ob die Gemeinde nicht auch einen günstigeren Winterdienst besorgen könne.
Jetzt wird es teurer als zuvor
Infolge schrieb die Kommune zehn Betriebe an. Zwei legten ein Angebot. Die Firma Neissl war nicht darunter. Vor Kurzem musste im Gemeinderat eine Entscheidung getroffen werden. Die Wahl fiel auf die günstigere Option – die Schneeräumung Fleischhacker aus Leithaprodersdorf. Das Ergebnis ist dennoch ernüchternd. Denn statt der erhofften Ersparnis erhöhen sich die Kosten für den Winterdienst nun auf 15.000 Euro.
In der Bevölkerung sorgt das freilich für Unmut, schließlich wird die angespannte Finanzlage jetzt noch weiter verschärft. ÖVP-Bürgermeister Thomas Tiwald und ÖVP-Parteiobmann Wolfgang Kostenwein verstehen die Aufregung. Sie beschuldigen die Roten, ein funktionierendes System zerschlagen und der Gemeinde ein neues Problem eingebrockt zu haben.
Obwohl die SPÖ-Gemeinderäte eine Neuausschreibung forderten, waren sie nicht imstande, auch nur ein einziges Angebot selbst einzuholen.
ÖVP-Bürgermeister Thomas Tiwald und ÖVP-Obmann Wolfgang Kostenwein
Das sagt die ÖVP
„Anstatt das Gespräch mit dem bisherigen Betreiber abzuwarten, haben die SPÖ-Gemeinderäte Neid geschürt, unseren langjährigen Partner in Misskredit gebracht und ihn ohne Grund vertrieben. Das Unternehmen, das bei uns im Ort einen Standort betreibt, führte jährlich Kommunalsteuer ab – zuletzt 1942 Euro. Damit ergaben sich für den Winterdienst nur effektive Kosten von 10.130 Euro“, rechnen die ÖVP-Politiker vor.
Das Argument, dass es immer weniger Einsätze brauche, lassen sie nicht gelten: „Der Winterdienst auf Gemeindestraßen und -wegen ist gesetzlich verpflichtend und muss zuverlässig erfüllt werden, unabhängig davon, wie oft es tatsächlich schneit. Geräte und Personal müssen also permanent einsatzbereit stehen.“
So kontert die SPÖ
Die SPÖ lässt sich den Schwarzen Peter nicht zuschieben: „Die Darstellung der ÖVP, dass wir die Verantwortung tragen, entbehrt jeder sachlichen Grundlage. Es wurde nie ein neuer Winterdienst gefordert, sondern lediglich die Kostenentwicklung kritisch hinterfragt – angesichts rückläufiger Einsätze, steigender Ausgaben und fehlender Dokumentation. Vorrangiges Ziel war eine wirtschaftliche Prüfung, kein Anbieterwechsel.“
Die ÖVP habe sich in einem Antrag im Gemeinderat selbst für ein Gespräch mit dem bisherigen Anbieter ausgesprochen: „Die Firma Neissl wäre mit den bestehenden Konditionen der Bestbieter gewesen. Warum sie nicht angeboten hat, ist nicht bekannt.“
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