Ex-Tennisstar Boris Becker hat in seinem neuen Buch „Inside“ aufgeschrieben, wie es ihm während seiner Haft in Großbritannien ergangen ist. Er schreibt von Schreien in der Nacht, seiner jetzigen Ehefrau Carvalho Monteiro, die ihn gerettet habe und einem Philosophiekurs in Stoizismus – der Lehre, Unkontrollierbares mit Gelassenheit hinzunehmen.
Das Buch schildert auf etwa 340 Seiten die Zeit vor der Urteilsverkündung und sich schließlich in dieser für ihn ungewohnten Welt eines Gefängnisses zurechtfinden muss. In der ersten Nacht im Gefängnis hätten ihm Schreie am meisten zugesetzt. „Schreie, die klingen, als ob jemand Schmerzen hätte“, schreibt der 57-Jährige.
„Es ging ums nackte Überleben“
Anfangs im berüchtigten Gefängnis Wandsworth untergebracht, in dem einst schon Schriftsteller Oscar Wilde einsaß, verbringt er seine Zeit in einer schimmeligen Zelle. Hält sich mit Frühstücksfernsehen, Atemübungen, Unterrichten und Anrufen bei seiner geliebten Lilian über Wasser. „Es ging ums nackte Überleben, nichts weiter. Versuchen zu essen, versuchen zu schlafen“, schreibt Becker. Er verliert nach eigenen Angaben mehrere Kilogramm Gewicht, kommt später ins Gefängnis Huntercombe, wo er im Fitnessraum mithilft und einen Philosophiekurs über Stoizismus besucht.
Becker besuchte Philosophiekurs
Becker wird vor Gefahren gewarnt; versucht, sich von manchen Häftlingen fernzuhalten und ungeschriebene Codes zu verstehen. Gerät nach einem verlorenen Pokerspiel trotzdem in Schwierigkeiten. Muss sich in der Zelle, so schildert er, plötzlich mit sich selbst auseinandersetzen.
Die Beziehung zu Lilian de Carvalho Monteiro wird für ihn zum Anker. In der Widmung seines Buchs nennt er sie die „Frau, die mich gerettet hat“. Inzwischen sind die beiden verheiratet und Becker erwartet mit Lilian sein fünftes Kind. Sie und seine inzwischen verstorbene Mutter Elvira seien der Grund, warum er heute hier sei. „Ich liebe euch beide.“
„Niemand sagte „Bum Bum“
Manchmal schimmert das Privileg des früheren Lebens durch. Etwa wenn Becker einräumt, dass er nicht wusste, wie man einen Wasserkocher bedient, oder wenn sich Mithäftlinge anfangs nicht für seine Tenniskarriere interessieren („Kein Spitzname, niemand sagte ,Bum Bum‘“). Dann liefert das Buch einen Einblick in den Kopf eines Menschen, der schon früh einen großen Erfolg verbucht hat.
Becker erzählt, wie die finanziellen Sorgen in seinem Leben größer wurden. Alkohol, Frauen, Paparazzi. Berichtet, wie ihn Freunde im Stich lassen. „Ich war einmal der beste Tennisspieler der Welt. Ich besaß einmal mehr Geld, als ich jemals brauchen würde“, schreibt er. Das sei selbstverständlich gewesen. „Aber wer war ich jetzt?“
Ich war einmal der beste Tennisspieler der Welt. Ich besaß einmal mehr Geld, als ich jemals brauchen würde.
Boris Becker
Wie sein Leben nach dem Gefängnis aussieht
Nach mehr als sieben Monaten in Haft wird Becker nach Deutschland abgeschoben. Becker verlässt England im Privatjet eines Freundes und ist ein freier Mann. Das erste Bier, die erste Pizza. „Was Geld betraf, so hatte ich noch weniger als nichts“, schreibt er. Er habe eine Finca auf Mallorca, ein Haus in Leimen, eine Wohnung in London und eine Million Pfund auf seinem Bankkonto verloren und dem Insolvenzverwalter trotzdem noch fünfhunderttausend Pfund geschuldet. „Das muss man sich mal vorstellen: Du sitzt siebeneinhalb Monate im Knast, und wenn du rauskommst, wollen sie immer noch mehr von dir.“
Inzwischen lebt Becker im italienischen Mailand, sein Buch will er am Donnerstag bei einer Premiere in Berlin vorstellen. Wie viel Geld er für den Buchdeal bekommt, ist nicht bekannt.
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