Seine markante Stimme prägte Rockklassiker wie „Black Night“, „Child In Time“ und das unsterbliche „Smoke On The Water“. Als Frontmann von Deep Purple wurde Ian Gillan weltberühmt. Dass der britische Sänger auch solo und mit eigenen Bands erfolgreich war, ein Heavy-Metal-Album mit Black Sabbath aufnahm und sogar mit Luciano Pavarotti sang, wird dabei oft übersehen. Heute, am 19. August, wird der vielseitige Gillan 80 Jahre alt.
Deep Purple sind immer noch aktiv – offenbar etwas mehr, als es Gillan lieb ist. „Ich glaube, wir machen im Moment etwas zu viel“, sagte er vergangenes Jahr im Interview der Deutschen Presse-Agentur in London. „Es wäre gut, unsere Kräfte besser einzuteilen, ein wenig vom Gas zu gehen, um das Ganze noch ein wenig länger am Leben zu erhalten.“
Hard Rock und Klagegeschrei
Bevor Ian Gillan 1969 dazukam, galten Deep Purple in ihrer britischen Heimat als Underground-Act, obwohl sie in den USA schon den Hit „Hush“ gelandet hatten. Der im heutigen Londoner Bezirk Chiswick geborene Gillan stieg ein, als die Band sich gerade stilistisch neu ausrichtete.
Gleich das erste gemeinsame Studioalbum „Deep Purple In Rock“ (1970) markierte den internationalen Durchbruch – dank furioser Rocksongs wie „Speed King“ oder dem zehnminütigen Epos „Child In Time“ mit Gillans legendärem Klagegeschrei.
„Machine Head“, das dritte Album der sogenannten Mark-II-Besetzung – Sänger Gillan, Gitarrist Ritchie Blackmore, Bassist Roger Glover, Organist Jon Lord und Schlagzeuger Ian Paice – etablierte die Deep Purple als eine der führenden Hard-Rock-Bands. 1972 erschienen, enthielt es „Highway Star“, „Space Truckin‘“ und den Kulthit „Smoke On The Water“ mit einem der bekanntesten Gitarrenriffs der Musikgeschichte.
Neid von Pavarotti
Letzteres darf bis heute bei keinem Deep-Purple-Konzert fehlen. „Ich hatte es nie über“, betonte Gillan im dpa-Gespräch. Er singe das Lied auch jeden Abend anders. „Pavarotti hat mich darum beneidet.“ Der Opernsänger habe diese Freiheit nämlich nicht.
1999 sangen die ungleichen Musiker beim Benefizkonzert „Pavarotti & Friends For Guatemala And Kosovo“ gemeinsam „Nessun Dorma“ und „Smoke On The Water“. Gillan, der schon als fünfjähriger Sopran im Kirchenchor sang, fühlt sich in vielen Musikgenres wohl.
Jazz, Rock und Heavy Metal
Nach dem rasanten Aufstieg mit Deep Purple war bereits 1973 auf dem Höhepunkt der Popularität der Band Schluss für Gillan. Wegen interner Spannungen, vor allem Konflikten mit Gitarrist Ritchie Blackmore, verließ er die Band nach nur vier Jahren. „Viele Bands zerbrechen am Erwachsenwerden, das ist ganz natürlich“, sagte er.
„Zum ersten Mal im Leben hat man einen Konflikt, und man ist total unvorbereitet.“ Durch den riesigen Erfolg habe es immer mehr äußere Einflüsse gegeben. Das habe Probleme mit sich gebracht. „Es ist allen passiert, auch den Beatles.“
Der Sänger verabschiedete sich daraufhin vorerst vom Hard Rock. Er gründete die Ian Gillan Band, die progressiven Jazzrock und Jazz-Fusion spielte. Der kommerzielle Erfolg blieb allerdings aus. Mit seiner Nachfolgeband Gillan kehrte der stimmlich versierte Brite erfolgreich zum Hard Rock zurück.
Für Aufsehen sorgte, dass er 1983 bei der Heavy-Metal-Band Black Sabbath einstieg, wo er auf Ozzy Osbourne und Ronnie James Dio folgte. Das Album „Born Again“ war ein Erfolg und genießt heute Kultstatus. In dem Song „Trashed“ singt Gillan darüber, wie er unter Alkoholeinfluss das Auto von Schlagzeuger Bill Ward zu Schrott fuhr. Er hatte Glück, dass er den schweren Unfall überlebte.
Gerüchte über neues Album
Nur ein Jahr später zog es ihn wieder zu Deep Purple. 1984 raufte sich die klassische Mark-II-Besetzung zusammen und veröffentlichte das gefeierte Comeback-Album „Perfect Strangers“. Nach einer weiteren kurzen Trennung ist er seit 1992 durchgängig dabei. Von der Mark-II-Besetzung sind außer ihm Glover und Paice geblieben.
Wenn die Musiker nicht auf Tournee oder im Studio sind, verbringen sie keine Zeit miteinander. „Überhaupt nicht“, sagte Gillan und grinste. „Wenn man mit jemandem neun Monate unterwegs ist, dann fährt man nach Hause und will deren hässliche Gesichter nicht mehr sehen.“
Schon bald dürfte er die Gesichter wiedersehen. Es wird nämlich gemunkelt, dass im nächsten Jahr ein neues Album erscheinen könnte. Und im November stehen die nächsten Konzerte an – in Tiflis, Dubai und Kuala Lumpur.
Veränderter Stimmklang
Während „Smoke On The Water“ oder „Highway Star“ bis heute bei jedem Auftritt gesetzt sind, wird man „Child In Time“ wohl nicht mehr von Gillan hören. „Es ging mühelos, bis ich etwa 38 Jahre alt war“, sagte er. „Dann veränderte sich die gesamte Stimmstruktur, und plötzlich wurde es anstrengend. Und es klang angestrengt.“
Mit den stimmlichen Folgen des Älterwerdens habe er sich erst arrangieren müssen. „Früher war ich ein Athlet, auf einmal konnte ich den Stabhochsprung nicht mehr machen“, sagte er. „Aber ich hatte den Vorteil, dass ich in meiner mittleren Stimmlage einen besseren Klang gefunden habe. Mit den Jahren wurde ich immer zufriedener. Und jetzt bin ich begeistert.“
Mit 80 Jahren ist Ian Gillan offenkundig mit sich und seiner Karriere im Reinen. Einmal sei er gefragt worden, ob alles, was er mache, im Schatten von Deep Purple stehe, erzählte Gillan im dpa-Interview. „Da dachte ich: Eigentlich nicht, das stimmt so nicht. Ich würde sagen: Ich werde für immer im Sonnenschein von Deep Purple baden.“
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