René Benko sitzt seit exakt sechs Monaten in Haft. Obwohl er seit zwölf Jahren in der Signa-Gruppe keine offizielle Funktion mehr bekleidet, sieht die Haftrichterin in ihm den „faktischen Machthaber“ des bankrotten Konzerns – und den Schatten-Herrscher der Benko-Stiftungen. Die „Krone“ erklärt die Hintergründe.
Die Geister, die er rief, wird René Benko nicht mehr los. Vor exakt sechs Monaten wurde der Finanzjongleur in seinem Innsbrucker Büro von der Soko Signa festgenommen, seit 24. Jänner fristet der einstige Strahlemann der Signa nun sein Dasein in einer Zelle im Grauen Haus, in der Justizvollzugsanstalt Wien-Josefstadt. Der 48-jährige Tiroler wird nach wie vor wegen Tatbegehungsgefahr festgehalten. Das mag auf den ersten Blick im Vergleich mit anderen Wirtschaftscausen ungewöhnlich lange erscheinen, ist jedoch dem vom Bankrotteur selbst erschaffenen „System Benko“ geschuldet. Dem einstigen Möchtegern-Milliardär fällt just jenes Konstrukt auf den Kopf, das er selbst erdacht hat – und das ihn selbst und einen großen Teil seines Vermögens eigentlich schützen hätte sollen.
„Musterfall von Korruption“
Vorspiel: Im Jahr 2013 kassiert René Benko eine strafrechtliche Verurteilung wegen versuchter verbotener Intervention. Die Richterin spricht von einem „Musterfall von Korruption“ – und verurteilt Benko und seinen damaligen Steuerberater zu einem Jahr bedingter Haft. Die Strafe ist getilgt.
Ab diesem Zeitpunkt zieht sich Benko aus sämtlichen Signa-Funktionen zurück. Er ist fortan weder Geschäftsführer der Signa Holding noch Vorstand wesentlicher Konzerngesellschaften wie Signa Prime oder Signa Development. Offiziell bekleidet Benko bloß einen Beiratsposten.
Fürst der Finsternis
Die Wahrheit, wie sie von den Ermittlern Stück für Stück zusammengetragen und gesehen wird: Benko blieb im Signa-Reich tatsächlich gleichsam ein Fürst der Finsternis, der sich mit viel Liebe zu Details weiterhin maßgeblich um Signa-Finanzierungen oder Transaktionen in seinem Stiftungs-Schattenreich kümmerte. Der „Krone“ und „News“ liegen mittlerweile Hunderte Belege dafür vor, dass nicht nur große Finanzierungen oder Übernahmen, sondern auch verhältnismäßig kleine Anschaffungen wie Springreitpferde, Jagdwaffen, Sportautos oder das Silberbesteck für eine Villa in Innsbruck Igls auf seinen Sanctus warteten. Ohne Benko ging in der Signa-Welt wenig bis nichts.
Benkos Problem: Er kann nun nicht – wie andere Vorstände oder Geschäftsführer, die einer Straftat verdächtigt werden – mit einem Federstrich seine Macht abgeben, indem er alle seine Funktionen zurücklegt, um gegenüber dem Gericht zu signalisieren, dass keine Tatbegehungsgefahr mehr bestehe. Benko hatte zwölf Jahre lang in der Signa am Papier keine Macht, hat diese aber nach Überzeugung der Kriminalisten doch ausgeübt. Mag das Signa-Reich auch in Trümmern liegen und weite Teile davon mittlerweile von Hunderten Masseverwaltern beherrscht werden: Im Schatten-Konstrukt der Benko-Stiftungen vermuten die Staatsanwälte und das Gericht nach wie vor die Herrschaft Benkos. Und Hunderte versteckte Millionen, gehütet von offensichtlichen Getreuen, die als Strohmänner vermutet werden. Auch wenn Herrscher Benko selbst offiziell seit über einem Jahr bankrott ist.
„Hohe kriminelle Energie“
Im aktuellen Beschluss zur Fortsetzung der U-Haft begründet die Richterin mit eindeutiger Klarheit: Es bestehe der „dringende Verdacht, dass René Benko sein Vermögen sonst tatsächlich oder zum Schein verringert hat, indem er Vermögenswerte in von ihm faktisch kontrollierte Stiftungen, insbesondere die Laura Privatstiftung, aber auch die Ingbe Stiftung, (...) verschoben und so dem Zugriff der Gläubiger entzogen hat (...)“. Kurz: Benko konnte wie ein Eigentümer „uneingeschränkt“ über Vermögen verfügen.
Weiters betont die Richterin, dass aufgrund der „hohen kriminellen Energie des Beschuldigten“ weiterhin zu befürchten sei, er „werde auf freiem Fuß erneut strafbare Handlungen“ begehen. „Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschuldigte nach fünf Monaten Untersuchungshaft grundlegend umgedacht hätte, um davon auszugehen, er werde in Zukunft keine weiteren Vermögensdelikte begehen.“
„Habe sich Strohmännern bedient“
Benko bot dem Gericht neuerlich an, ein „Gelöbnis abzugeben“, keinen direkten Kontakt zu anderen Beschuldigten, Stiftungsvorständen oder Geschäftsführern von Tochterunternehmen aufzunehmen. Die Richterin ist klar und eindeutig in ihrem Urteil, Benkos Verteidiger erheben gegen die wiederholte Verlängerung der U-Haft auch keine Rechtsmittel.
Die Richterin hält fest: Ein solches Gelöbnis des Immobilienspekulanten sei „nicht ausreichend.“ Benko habe „sich bereits in der Vergangenheit nach außen hin Strohmännern bedient“ und sei „offiziell nicht persönlich in die Geschäfte der Signa-Gruppe involviert“ gewesen. Im Hintergrund habe er aber „sehr wohl proaktiv an den jeweiligen Entscheidungen mitgewirkt“.
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