Auf dem Markt für Arzneien tobt ein heftiger Wettbewerb. Und Österreich droht laut Ärztekammer abgehängt zu werden.
Österreich steuert nach Einschätzung führender Mediziner auf eine Versorgungskrise bei Medikamenten zu. „Dass Schmerzmittel, Antibiotika oder Hustensäfte für Kinder fehlen, ist für ein wohlhabendes Land wie Österreich beschämend“, sagt Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer. Dass es so weit kommen konnte, führt er vor allem auf ein strukturelles Problem zurück: Österreich gilt für Hersteller als „Billigland“. Ein Preisband, das den Abgabepreis von Medikamenten nach unten deckelt, sorge dafür, dass Pharmafirmen ihre Präparate lieber in andere Länder liefern, in denen höhere Gewinne winken.
Forschung in Europa ja, Produktion fehlt aber
Die Pharmaindustrie agiere letztlich nach betriebswirtschaftlichen Prinzipien, betont Ernst Agneter, Pharmakologe und Präsident der Gesellschaft der Ärzte in Wien: „Wenn es Engpässe gibt, wohin werden die Medikamente wohl geliefert? Dorthin, wo die besseren Preise erzielt werden.“
Auch die aktuelle „America First“-Doktrin könnte zu weiteren Verschärfungen führen. Denn während die USA hohe Preise bezahlen und damit auch Forschung und Entwicklung stützen, profitiere Europa von diesen Fortschritten bisher, ohne dafür angemessen zu zahlen.
Aktuell verschwinden laut Ärztekammer pro Monat rund 20 Generika aus dem Erstattungskodex, weil ihre Herstellung für die Pharmafirmen einfach unrentabel geworden ist.
Produktion oft nicht mehr rentabel
Agneter: „Jede politische Entscheidung, die neue Kosten verursacht oder den Verkaufserlös unter jenen der Produktionskosten drückt, muss von jemandem bezahlt werden. Wenn niemand zahlen will, verschwindet das Produkt schlussendlich vom Markt.“ Nun einfach mehr zu zahlen, kann aber angesichts maroder Finanzen in Bund und Krankenkassen aber auch nicht die Lösung sein. Und zusätzliche Millionen für die Pharmabranche lassen sich in der Öffentlichkeit vor diesem Hintergrund auch nur schwer verkaufen.
Dass kranke Menschen dringend benötigte Medikamente nicht bekommen, ist aus medizinischer Sicht inakzeptabel und für ein wohlhabendes Land wie Österreich beschämend.

Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer
Bild: Stefan Seelig
Marode Kassen zwingen zum Sparen
Die Lösung? Steinhart plädiert für eine Rückverlagerung der Medikamentenproduktion nach Europa: „Wir haben gesehen, wie schnell globale Lieferketten zusammenbrechen können, wenn Schifffahrtsrouten blockiert sind oder politische Krisen ausbrechen.“ Die Anstrengungen der Vergangenheit hätten jedoch wenig Früchte getragen.
Produktion nach Europa holen
Beide Experten mahnen daher zu mehr Geschwindigkeit. „Es ist höchste Zeit, die Arzneimittelversorgung wieder als das zu sehen, was sie ist: eine unverzichtbare Säule der Gesundheitsversorgung, die auch etwas kosten darf“, sagt Steinhart. Ansonsten drohe nicht nur eine Fortsetzung, sondern eine Verschärfung der Engpässe.
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