Genau 15,1 Tage war jeder unselbstständig Beschäftigte im Vorjahr in Krankenstand – seit dem coronabedingten Sprung hält sich dieser Durchschnittswert auf dem höchsten Stand seit Jahrzehnten. Das kostet an die 14 Milliarden Euro, die Sozialversicherung will daher Vorsorge und Anreize für Gesundheit verstärken.
Schon 1970 hatten wir diesen Wert, dann stiegen die Fehltage bis 1980 sogar noch leicht, seither aber wurden sie kontinuierlich weniger auf etwa 13 Tage. Bis dann Corona „zur Zäsur wurde. Seither liegen wir über 15 Tage. Und bereits 70,1 Prozent der Versicherten waren zumindest einmal im Krankenstand“, erklärt Wifo-Expertin Christine Mayrhuber zur Studie, die sie für die Sozialversicherung erstellt hat.
Zum Vergleich: 2019 blieben nur 54,7 Prozent krankheitsbedingt der Arbeit fern. Zudem geht die Schere zwischen den Fällen weiter auf. Gut 43 Prozent aller Krankenstände waren kurz (unter vier Tage) und machten daher nur unter 10 Prozent der Fehlzeiten aus. Eine kleine Gruppe von Langzeit-Erkrankungen hebt dafür die Statistik kräftig. Rund 3 Prozent der Personen, das sind etwa 167.000 Menschen, waren jeweils durchgehend mindestens 40 Tage krankgeschrieben, verursachten jedoch gleich 40 Prozent der Fehltage.
Ebenfalls auffallend ist, dass Frauen, die früher deutlich weniger als Männer ausfielen, nun mit durchschnittlich 15,9 Tagen sogar voran liegen (Männer: 14,5 Tage). Für die Expertin dürfte das an der steigenden Erwerbstätigkeit auch älterer Frauen, an den Berufen (viele in anstrengenden Sozial- und Gesundheitsjobs) sowie der Mehrfachbelastung liegen. Eher mehr Fehlzeiten haben weiters Jüngere bis 20 sowie dann Personen über 60. Sogar regional gibt es Unterschiede: Statistisch am gesündesten sind die Salzburger (12,8 Tage), während Niederösterreicher mit 17,5 Tagen Spitzenreiter waren.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind jedenfalls enorm. Direkte Kosten durch Weiterbezahlung der Löhne, zusätzliche Überstunden von einspringenden Kollegen usw. machen laut Wifo 5,8 Milliarden Euro aus. Ein Krankenstandstag kostet die Betriebe rund 250 Euro, rechnet die Wirtschaftskammer. Rechnet man noch den Ausfall des Arbeitsvolumens und andere Faktoren, dann sind es in Summe sogar bis zu 14 Milliarden Euro oder gut 4 Prozent der BIP, die verloren gehen.
Könnten die Langzeit-Fälle nur um 10 Prozent gesenkt werden, würde das alleine 2,6 Millionen zusätzliche Arbeitstage bringen, das entspricht etwa 7000 Vollzeit-Beschäftigten. Angesichts des voranschreitenden Fachkräftemangels könne man auf dieses Potenzial nicht verzichten, ergänzt Peter McDonald, Präsident des Sozialversicherungs-Hauptverbandes. Außerdem werde so die Finanzierung der Gesundheitsleistungen immer schwieriger. „Wir müssen daher trachten, Menschen länger gesund in Beschäftigung zu halten.“
Neben verstärkten Angeboten zu Vorsorgeuntersuchungen, bessere Beratung der Ärzteschaft im Fall von Krankschreibungen (in Ostösterreich wird nur in 50 Prozent der Fälle der Krankenstand befristet) und Missbrauchskontrolle auch mit KI-Einsatz will McDonald künftig Anreize für Versicherte schaffen, auf ihre Gesundheit zu achten. Möglich wäre etwa eine Refundierung der eCard-Gebühr, wenn man an ärztlichen Gesundheitsmaßnahmen teilnimmt.
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