„Krone“-Interview

The Raveonettes: „Heute geht es vor allem um Spaß“

Musik
27.05.2025 18:50

In den 2000er-Jahren gehörte das dänische Duo The Raveonettes zu den coolsten und progressivsten Garage-Rock-Combos des Planeten. Die Leichtigkeit wich über den Jahren einer gewissen Düsternis – elf Jahre nach ihrem letzten Österreich-Auftritt und kurz nach einer fünfjährigen Pause kehrten Sune Rose Wagner und Sharin Foo mit ihrem neuen Album „Pe‘ahi II“ ins Wiener Flex zurück – am Donaukanal sprachen die beiden vorher mit uns über ihre Karriere.

kmm

Die erste Österreich-Erinnerung, den dem dänischen Rock-Duo The Raveonettes beim Gespräch mit der „Krone“ einfällt, ist eine bittersüße. „Wir fuhren vor vielen Jahren einmal bei euch im Westen herum, nahe Innsbruck, und hatten einen Reifenschaden“, sinniert Songschreiber Sune Rose Wagner, „wir waren auf dem Weg nach Salzburg und standen stundenlang in der Kälte herum, bis der Pannendienst kam. Also sind wir in den angrenzenden Ort gegangen, wo eine nette alte Dame uns Einlass gewährte. Sie hat uns Wiener Schnitzel gemacht und wir haben einen österreichischen Pinot Noir getrunken. Aus einem der schlimmsten Ereignisse in unserer Tourgeschichte wurde somit eines der besten.“ Ein bisschen spiegelt diese Story auch das Wesen der Raveonettes wider. Wagner und seine Kollegin Sharin Foo sind nach fünfjähriger Abwesenheit wieder zurück. Mit im Gepäck haben sie das neue Studioalbum „Pe’ahi II“, den losen Nachfolger des beliebten Albums von 2014.

Ausbruch zum originären Sound
Damals verarbeitete Wagner den plötzlichen Tod seines Vaters und damit einhergehend Themen wie Verlust, Trauer, Niedergeschlagenheit und Ohnmacht. Das aktuelle Werk ist viel universeller ausgefallen, kümmert sich aber immer noch gerne um die dunklen Seiten des Daseins. Musikalisch bleibt man dem Erfolgsrezept der 2000er-Jahre treu und vermischt Surf-Gitarren mit Shoegaze, Indie-Pop und viel Dissonanz. Wo man um die nächste Ecke einen eingängigen Refrain vermutet, wird man mit neuen klanglichen Ecken und Kanten überrascht. Den Raveonettes gelang es mithilfe von Jazz-Drum-Samples, der richtigen Verstärkereinstellung und der Liebe zum Ausbruch, einen originären Sound zu erzeugen. „Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir unsere Hörer überfordert haben“, blickt Foo lachend auf die eigene Diskografie zurück, „die stilistischen Sprünge waren teilweise sehr heftig, aber wir sind damit immer durchgekommen.“

Eigentlich haben die Raveonettes 2017 bereits an ein verfrühtes Karriereende gedacht, wie beide im Gespräch zugeben. „Dann kam aber das Angebot, als Vorband von Depeche Mode auf Tour zu gehen. So etwas kann man unmöglich abschlagen.“ Aus einem potenziellen Ende wurde eine Pause, die sich weit über die Pandemie hinauszog. „Wir waren kreativ leer und wussten lange nicht, ob wir noch was zu sagen haben“, blickt Wagner ohne Groll zurück, „zwischen uns beiden gab es nie ein Problem, das war kein Thema. Aber musikalisch waren wir einfach auserzählt.“ Wagner probierte sich mit einem Solowerk und Filmprojekten aus, Foo zog nach Jahren in Los Angeles wieder zurück in die Heimat. Mittlerweile sind die Raveonettes eine den Ozean übergreifende Band. Foo lebt wieder in der dänischen Hauptstadt, Wagner, laut eigenem Bekunden, „zu 60 Prozent in Nashville und zu 40 Prozent südlich im dänischen Jütland“. Die digitale Welt macht es heute leicht, trotzdem zu gemeinschaftlich-kreativen Ergüssen zu kommen.

Sonderbare Form von Konsens
Als die Raveonettes vor 15 bis 20 Jahren zu den Hochzeiten des Indie-Sounds zu Weltstars in ihrem eigenen Kosmos ausstiegen, war die Musikrezeption eine ganz andere. Wagner will sich nicht als zu alt hinstellen, versteht viele Dinge in der Gegenwart aber nicht so ganz. „Ich komme aus einer Generation, wo es noch absolut okay war, eine Band oder einen Stil nicht zu mögen. Daran ist auch nichts falsch. Heute gibt es erfolgreiche Influencer mit Millionen von Followern, die einen Act feiern und dadurch wird dieser besagte Act von den Fans des Influencers mitgefeiert, ohne dass sie die Art der Musik vorher wirklich mochten. Es herrscht so eine sonderbare Form von Konsens und alles wird gemocht. Daran ist nichts falsch und auch überhaupt nichts auszusetzen, aber ich verstehe es einfach nicht. Früher ging man noch blind auf ein Konzert, wenn man die Band nicht kannte, aber das Label dahinter. War ein Act von 4AD oder Matador Records am Start, bist du ziemlich sicher nicht enttäuscht worden.“

Wagners Gedankengänge sollen aber nicht auf falsche Fährten führen. The Raveonettes sind von einer gewissen Nostalgie durchzogen, existieren aber keinesfalls nach dem „früher war alles besser“-Prinzip. Dafür sind beide viel zu neugierig und nach der Wiedergeburt der Band viel zu experimentierfreudig. Während man mit dem aktuellen Album per Flugzeug in Europa von Stadt zu Stadt fliegt, arbeitet Wagner schon am nächsten Werk. „Es gibt viele tolle Ideen, ich muss sie aber alle sichten, noch einmal hören und ordnen. Sharin hat schon gesagt, dass das Material sehr nach Minimal-Sounds klingt. Vielleicht stellen wir aber auch endlich unser seit langem besprochenes Country-Album fertig“, lacht er dänisch-kühl. Der Schmäh kommt bei den beiden sich sehr vertrauten Musikern nicht zu kurz. So ernsthaft, düster und schwer manche ihrer Songs auch klingen, im persönlichen Gespräch wird man mit distanzierter, aber ehrlicher Warmherzigkeit konfrontiert.

Ein schönes Leben führen
Der große Hype um das Duo ist vorbei, damit haben sie sich schon abgefunden. Trends kommen und gehen, dagegen kann man als hart und ehrlich arbeitender Musiker nur bedingt etwas ausrichten und für die A-Liga waren die Raveonettes immer zu sperrig und wenig massenkompatibel. „Wir versuchen mit der Band einfach ein schönes Leben zu haben“, fast Wagner zusammen, „schöne Städte besuchen, vor unseren Fans tolle Konzerte zu spielen und eine gute Zeit bei den Aufnahmen zu haben. Manchmal besuche in Amerika einen guten Freund auf einem Weingut. Wir trinken Wein, sitzen zusammen und ich lasse meinen Ideen freien Lauf. Wir wissen längst, dass man nicht alle Menschen zufriedenstellen kann und es immer Meinungen gibt, die anders verlaufen. Umso wichtiger ist es, den eigenen Instinkten zu folgen und sich von der Musik leiten zu lassen. Dadurch macht es auch wieder großen Spaß“.

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