Auflösungsprozess

"Zusammenhalt besudelt": Was bleibt vom BZÖ?

Österreich
03.10.2013 17:01
"Wenn der Wähler am heutigen Tag nochmals zur Urne gebeten worden wäre, hätte das BZÖ nicht einmal mehr ein Prozent", sagte der steirische Chef der Orangen, Gerald Grosz, am Mittwoch - nur drei Tage nach der Nationalratswahl. Diese endete mit einem Debakel für das Bündnis, schon Minuten danach setzte der Selbstauflösungsprozess ein. Josef Bucher floh nach Kärnten, trat am Mittwoch dann als Obmann zurück. Zwischenzeitlich war mit Stefan Petzner einer der schillerndsten Vertreter der Partei ausgeschlossen worden. Welche Zukunft hat das Bündnis also noch?

2005 als FPÖ-Abspaltung von Jörg Haider gegründet, erreichte das BZÖ bereits bei seinem zweiten Antreten bei einer Nationalratswahl den bisherigen - und nach den Entwicklungen der letzte Tagen wohl nie wieder erreichbaren - Zenit an Wählerstimmen. Mit 10,7 Prozent lag das Bündnis damals sogar vor den Grünen.

Unfalltod von Haider als negativer Wendepunkt
Der Unfalltod von Haider am 11. Oktober desselben Jahres bedeutete allerdings den Auftakt zum Abstieg der jungen Partei. Lediglich in Kärnten - wo es mit Gerhard Dörfler den Landeshauptmann stellte - erzielte das BZÖ im März 2009 einen Wahltriumph und seinen historischen Höchststand von 44,89 Prozent. Bei den Landtagswahlen in anderen Bundesländern allerdings scheiterten die Orangen an der Einzugshürde oder traten erst gar nicht an.

Doch nicht nur mit fehlenden Wahlerfolgen hatte das Bündnis zu kämpfen, interne Streitereien und Aus- bzw. Übertritte setzten ihm noch viel mehr zu. Dies wird augenscheinlich, wenn man sich die Bundeswahlliste von 2008 (im Bild bei der Präsentation, schwarz-weiß alle Politiker, die mittlerweile nicht mehr für das BZÖ aktiv sind) ansieht: Von den damals auf den ersten zehn Listenplätzen rangierenden Politikern sind gerade noch zwei für das BZÖ aktiv - drei, wenn man die in letzter Zeit politisch eher unauffällige Ursula Haubner auch noch mitrechnen würde.

Als stellvertretende Obfrau tritt Haubner aber nun immerhin gemeinsam mit Herbert Scheibner vorerst Buchers Erbe an. Haubner und Scheibner traten bei der Nationalratswahl 2013 zwar noch für das BZÖ an, allerdings an unwählbarer Stelle.

Bilanz der Auflösung: Nur noch 2 aus 10
Neben dem verstorbenen Listenersten Jörg Haider ist durch den Ausschluss von Petzner und den Rückzug Peter Westenthalers in die Privatwirtschaft (bei ihm ging zuletzt sogar das Gerücht um, er wechsle zum Team Stronach) von den vordersten Plätzen niemand mehr für das BZÖ aktiv. Der damals viertgereihte Ewald Stadler sitzt derzeit noch für die Orangen im EU-Parlament, dies könnte sich aber bereits bei der nächsten Wahl 2014 erledigt haben - wenn ihm durch seine gemeinsam mit Petzner vorgetragene Kritik der letzten Tage nicht schon zuvor ein Ausschluss droht.

Die Listenplätze 5 bis 8 waren damals von Politikern besetzt, die mittlerweile anderweitig ihre politische Zukunft fanden. Martina Schenk, Stefan Markowitz und Elisabeth Kaufmann-Bruckberger wechselten zum Team Stronach, Gernot Darmann zur FPÖ. Die diesmal bewusst an unwählbarer Stelle kandidierende Ursula Haubner (damals Listenplatz 9) weggerechnet, verbleibt mit dem Listenzehnten Klaus Kotschnig nur mehr ein zweiter Politiker, der auch heute noch auf das BZÖ schwört.

Instabiles Gebilde fällt auseinander
Somit lässt sich fünf Jahre nach dem größten Erfolg folgendes Fazit ziehen: Von den damals 21 Parlamentsmandaten blieben null (in Zahlen: 0) über, derzeit verfügt das BZÖ nur mehr über zwei Abgeordnete zum Kärntner Landtag und mit Stadler eben über einen EU-Parlamentarier. Dies kennzeichnet auch die bereits bisherige latente Schwäche des Bündnisses: Bis auf Kärnten gab und gibt es de facto keine wirklich stabilen Landesorganisationen, einzig der Parlamentsklub hielt das Gebilde zusammen.

Mit dem Wegfall der Mandate im Hohen Haus ist daher die Zukunft des BZÖ fraglich - wenn nicht sogar (im negativen Sinn) besiegelt. Nicht umsonst ist der bereits vorher erwähnte Aufruf von Gerald Grosz mit dringlichen Worten versehen: "Jeder, der mit öffentlichen Äußerungen das BZÖ und den inneren Zusammenhalt besudelt, steht einem Neustart und damit dem Fortbestand des Bündnisses im Wege." Eine Warnung, die mit höchster Wahrscheinlichkeit bereits zu spät kommt.

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