Niederländische Banden haben es auf Bankomaten in halb Europa abgesehen. Ein Wiener Anwalt mit holländischen Wurzeln verteidigt diese Täter und erzählt, wie die „Sprenger-Boys“ ticken, warum sie schneller geständig sind als üblich und wieso sie Haftstrafen als Berufsrisiko sehen.
Und es hat wieder „Bumm!“ gemacht: Am Freitag gegen 3.30 Uhr früh jagten Gangster, wie berichtet, im Welser Industrieviertel einen Bankomaten in die Luft – übrigens fast auf den Tag genau zwei Monate nach einem gleichartigen Coup in Alkoven. Doch wer sind diese Verbrecher, die heuer bundesweit bis zum 6. März bereits 14 Geldausgabeautomaten in die Luft gejagt haben?
Täter war sechsfach vorbestraft
Der Wiener Anwalt Evert Vastenburg, er ist gebürtiger Niederländer, vertrat beim Prozess am 4. März in Linz einen dieser Bankomatensprenger: Der sechsfach vorbestrafte Niederländer mit türkischen Wurzeln stammt aus der Stadt Almere in der Provinz Flevoland. Er war an insgesamt vier Coups beteiligt: einer in Windhaag bei Freistadt, drei in Niederösterreich. Bei dem Einbruch im Mühlviertel entstand ein Sachschaden von 157.000 Euro. Doch Beute wurde damals kaum gemacht, denn das ganze Geld – beim Prozess war die Rede von fast 140.000 Euro – wurde durch die Explosion in der gesamten Filiale verstreut. Der 28-Jährige wurde in einem Hotel in Prag festgenommen. Seine Gruppe hatte von Tschechien aus operiert, weil der Vater des Gauners dort wohnte.
Ich habe den Eindruck, dass es nicht eine einzige Organisation gibt, sondern autonome Gruppen, die sich Gebiete aufgeteilt haben.
Der Wiener Anwalt Evert Vastenburg ist gebürtiger Niederländer.
Bild: Evert Vastenburg
Auch interessant: Beim Prozess behauptete der sechsfach einschlägig vorbestrafte Kriminaltourist, dass er in Holland Sprengsätze an die Bande verkauft habe. Weil diese nicht wie gewünscht funktioniert hätten, sei er von den Verbrechern gezwungen worden, mit nach Österreich zu fahren.
Meist aus migrantischem Milieu
„Ich habe bereits drei solcher Angeklagten verteidigt und drei weitere in der Warteschleife“, sagt Anwalt Vastenburg dazu. „Es handelt sich dabei meistens um junge Männer aus migrantischem Milieu. Es sind aber nicht alle Marokkaner, wie oft behauptet wird. Sie stammen aber durchwegs aus kleinkriminellen Milieus. Für mich sind sie einfache Klienten, weil sie die Haftstrafen als Berufsrisiko sehen. Das ist ganz anders als sonst mit niederländischen Kunden, denen man zuerst einmal erklären muss, dass die Beweiswürdigung in Österreich anders funktioniert als in den Niederlanden.“
Die Profis wissen, wie unsere Justiz funktioniert
Die professionellen Bankomatsprenger wüssten bereits, dass ein Geständnis in Österreich der größte Milderungsgrund sei und würden sich vor Gericht dementsprechend verhalten. So war es auch bei dem Verfahren gegen den 28-Jährigen. Dieser fasste vier Jahre Haft aus und soll 380.000 Euro rückerstatten.
Österreich verfolgt Drogendelikte ernsthaft
Die Amsterdamer Bürgermeisterin Femke Halsema hatte übrigens im Vorjahr gewarnt, dass sich die Niederlande ähnlich wie Kolumbien zu einem „Narco-State“ entwicklen würden, wo die Drogen-Mafia das Sagen hat. Anwalt Vastenburg sagt, dass es tatsächlich einen Unterschied zwischen niederländischen und unseren Behörden gebe: „In Österreich wird die Strafverfolgung von Drogendelikten noch weitaus ernster genommen.“
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