"Eine neue Ära"

“Brave New World” erobert den “Civ”-Olymp

Spiele
17.07.2013 11:17
"Es war schon immer so: Wenn unsere Erinnerung an die alte Welt langsam verblasst, bricht eine neue Ära an und füllt die Leere", mit diesem Statement startet das Intro zum Erweiterungspaket "Brave New World" für "Civilization V" - und die Ansage ist Programm. Mit diesem Add-on hat Firaxis nicht nur nette Zusatzfeatures, neue Zivilisationen (etwa Brasilien, Marokko, Polen) und Welten geschaffen, sondern de facto ein komplett neues Spiel kreiert. "Brave New World" ist damit eine der kompaktesten, spannendsten und genialsten "Civ"-Versionen, die es jemals gab. Im Gespräch mit zwei Entwicklern des Spiels erklärt sich auch, wieso.

Freilich ist es bei Weitem nicht so, dass die Erinnerung an "Gods & Kings" (erschien immerhin erst 2012) und die Originalversion von "Civilization V" (2010) bereits verblasst wäre. Auch diese beiden Spiele haben neue Maßstäbe gesetzt und sicher nicht nur Fans und Freunde der Kultreihe begeistert. "Brave New World" erzeugt mit seinen Änderungen allerdings ein ganz neues Spielgefühl und ermöglicht völlig neue Strategien. Wer nun nach dem Warum fragt, dem sei das Kampagnenmotto von Bill Clinton zur US-Präsidentschaft 1992 entgegnet: "The economy, stupid" - zumindest für den Anfang.

Die Karawane verlässt die alten Trampelpfade...
Die erste Änderung greift bereits früh im Spiel und verleiht ihm völlig neue Möglichkeiten, auch wenn sie für die "Civ"-Reihe nicht völlig neu ist. Bereits in "Civilization II" beförderten Karawanen Güter von Stadt zu Stadt und trugen so zum Reichtum der aufstrebenden Nation bei. Nun kommt dieser Antrieb der Wirtschaft wieder und führt dazu, dass vor allem in ökonomischer Hinsicht weit mehr Spielräume entstehen. Karawanen können entweder Nahrung oder Produktionseinheiten ("Hämmer") innerhalb der Nation transportieren oder Gold durch Handel mit fernen Ländern sowie Stadtstaaten produzieren.

Hinzu kommt aber, dass nicht nur Wirtschaftsgüter exportiert werden, sondern vor allem auch kulturelle Werte - wie etwa im späteren Verlauf Religion. Dies ist der zweite Punkt, auf den die Macher besonders viel Wert gelegt haben und der eine Reihe von Neuerungen mit sich bringt. Der Export von Kultur erfolgt nämlich nicht nur über Händler, sondern auch über den "Import" von Touristen - ein gänzlich neues Feature bei "Civilization".

Touristen aller Länder, versammelt euch!
Bildungshungrige aus aller Herren Länder bereisen und konsumieren nämlich neuerdings - so vorhanden - die Weltwunder und die großen schriftstellerischen, musikalischen Werke der eigenen Zivilisation und tragen dadurch zur Verbreitung ebendieser bei. Dies kann soweit führen, dass die Kultur einer Nation zur dominierenden in einem anderen Land aufsteigt und dessen Herrscher den "Konsum eurer Bluejeans und Popmusik" beklagt (was - als kleiner Schwachpunkt vermerkt - durchaus auch schon im 16. Jahrhundert oder früher passieren kann).

Auch diese Änderung führt dazu, dass der Spielspaß schon früh völlig neue Dimensionen erreicht und man sich daran berauscht, die geistigen Werke seiner Künstler in den dazu nötigen Gebäuden unterzubringen. Etwas später im Spiel kommt zusätzlich die Archäologie zum Tragen, die sich auf die Suche nach längst vergessenen Kulturgütern der eigenen oder anderer Nationen begibt und diese dann stolz in den dafür nötigen Museen ausstellt.

Wenn der Weltkongress tagt, zittert selbst der Stärkste
Damit nicht genug, greift ein weiterer Zusatz dann aber noch viel entscheidender ins Spielgeschehen ein und bringt alte Strategien der Vorgängerversionen gehörig ins Wanken: der Weltkongress. Erstmals einberufen, wenn eine Nation die Druckerpresse und sämtliche andere teilnehmenden Zivilisationen entdeckt hat, bietet er die Möglichkeit, selbst als kleiner Fisch im Haifischbecken gehörig umzurühren.

Durch die Beeinflussung von Abgeordneten anderer Länder kann man dominanten Nationen hier gehörige Prügel vor die Füße werfen und dem Spielgeschehen eine völlig neue Wendung geben. Nicht zuletzt dadurch ist "Brave New World" eine der dynamischsten Versionen (vielleicht sogar die dynamischste) der gesamten "Civ"-Reihe geworden, die selbst in fortgeschrittenem Stadium noch neue Perspektiven und Strategien ermöglichen.

"Civ"-Entwickler: "Wollten die Leute vollkommen verzücken"
Vor allem Letzteres war eines der großen Ziele der Entwickler, wie krone.at im Gespräch mit den beiden Firaxis-Spieleentwicklern Dennis Shirk (Senior Producer) und Ed Beach (Lead Designer) erfuhr. "Uns war bereits früh klar, dass die militärischen Aspekte in den beiden Vorgängerversionen gut funktionierten und vor allem bei den ökonomischen und kulturellen Aspekten angesetzt werden muss. Wir wollten, dass man sich nicht mehr so früh im Spielverlauf für einen Pfad des Sieges (kulturell, militärisch, diplomatisch, etc., Anm.) entscheiden muss", erklärte Beach. "Für einen kulturellen Sieg musste die Zivilisation bisher klein gehalten werden, da wollten wir eingreifen. Wir wollten, dass es dem Spieler ermöglicht wird, einerseits die beeindruckendste Kultur der Welt zu erschaffen, diese aber andererseits auch unter anderen Nationen zu verbreiten."

Eine Rechnung, die auch laut den ersten Reaktionen der Fans vollständig aufgegangen zu sein scheint. "Ich bin wirklich erfreut über die bisherigen positiven Rückmeldungen, dass es möglich ist, das Ruder im Spiel noch einmal herumzureißen. Das zeigt uns, dass 'Brave New World' wirklich dynamisch ist und sehr viel Potential da ist, auch im späteren Verlauf noch zu dominierenden Nationen aufzuschließen", so Beach. Mit den Änderungen habe man vor allem auch Spieler erreichen wollen, die mit den bisherigen Versionen "nicht vollkommen bedient" worden seien. "Wir wollten diese Leute wirklich vollkommen verzücken. Und ich denke, dass wir sehr, sehr nah dran sind, genau dies auch erreicht zu haben."

Fazit: Als bekennender "Civilization"-Fan ist es natürlich schwer möglich, eine vollkommen "neutrale" Bewertung zu einer neuen Version des Spiels oder einer Erweiterung desselben abzugeben - andererseits hängen aber, vor allem aufgrund der beinahe lebenslangen Beziehung zu diesem Klassiker, die Trauben wohl auch sehr hoch. "Brave New World" überzeugt jedenfalls von Beginn an und verspricht durch seine hohe Komplexität so manche durchgezockten Nächte, in denen der Spielspaß nicht so schnell verloren geht. Dazu kommt, dass die beiden neuen Szenarien (Amerikanischer Bürgerkrieg und Eroberung Afrikas) - trotz eines durchaus intensiven Tests - noch nicht einmal angespielt werden konnten. Die Höchstnote ist daher praktisch Pflicht, mehr geht (leider) nicht.

Plattform: PC
Publisher: 2k
krone.at-Wertung: 10/10

P.S.: Keine Landung auf "Alpha Centauri II" in Sicht
Weniger gute Nachrichten gibt es hingegen für Fans von "Sid Meier's Alpha Centauri", das 1999 in der Tradition von "Civilization" veröffentlicht wurde. Laut Dennis Shirk liegt eine Fortsetzung des Klassikers nämlich so schnell wohl nicht im Bereich des Möglichen - zumindest nicht für Firaxis. "Die Entscheidung für eine Fortsetzung würde uns allen sehr leichtfallen, allerdings besitzen wir nicht die Rechte am Spiel. Es gibt eine Menge Fans, die 'Alpha Centauri' sehr gern und intensiv spielen, aber eine Fortsetzung steht derzeit leider nicht auf der Tagesordnung."

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