In Österreich tragen noch immer die Hälfte der Frauen die Kosten für die Verhütung allein, was sich auch auf die Wahl des Schutzes auswirkt. Ohne flächendeckenden kostenlosen Zugang zu Verhütung und Beratung liegt Österreich im EU-Vergleich nicht gerade an vorderster Stelle. Ein Pilotprojekt soll nun die Kehrwende bringen.
Dass Verhütung ein Thema für zwei ist, ist nicht gerade neu: Dennoch teilen sich nach wie vor nur rund 27 Prozent der Österreicher die Kosten für Kondome, Pille und Co. Die Hälfte der Frauen kommt allein dafür auf, zeigt der Verhütungsbericht 2024 des Gesundheitsministeriums. Konkret verhüten derzeit rund 1,2 Millionen Frauen im reproduktiven Alter zwischen 14 und 45 Jahren.
Die Kosten liegen je nach Verhütungsmittel zwischen rund 30 und 230 Euro pro Jahr. Laut Bericht sind Kondome, Pille, Minipille und Spirale der am häufigsten verwendete Schutz. Generell verhüten aber überhaupt nur 66,3 Prozent der befragten Frauen, 33 Prozent gar nicht.
Das ginge deutlich besser: Wenn in Österreich Verhüterli aller Art kostenlos zur Verfügung gestellt würden, würden 36,6 Prozent entweder überhaupt verhüten, anders oder regelmäßiger bzw. häufiger.
Weniger Abbrüche
Und das wäre durchaus sinnvoll: Denn wie diverse Untersuchungen zeigen, führt ein solch niederschwelliger Zugang zum Schutz in Kombination mit sexueller Bildung zu einer deutlichen Verringerung von Schwangerschaftsabbrüchen.
Vor allem Langzeitverhütung wie die Pille oder die Spirale ist teuer und für viele Frauen „einfach nicht leistbar“, weiß Studienautorin Sylvia Gaiswinkler von der Gesundheit Österreich GmbH.
Kostenloser Schutz nur vereinzelt
Doch eine kostenlose Bereitstellung von Verhütungsmitteln passiert hierzulande nur über einzelne Initiativen: So etwa gibt es im Haus der Aidshilfe Wien bis zu drei Gratis-Kondome pro Tag oder die Spirale zum vergünstigten Preis über die Österreichische Gesellschaft für Familienplanung (ÖGF) für armutsgefährdete Frauen.
Generell ist Verhütung bei uns also nach wie vor Privatsache. Dabei empfahl das UN-Frauenrechtskomitee (CEDAW) schon 2019, dass der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen und Verhütungsmitteln gesichert und von der Krankenversicherung übernommen werden sollten. Was bei uns nur in einigen Ausnahmefällen wie teils bei Endometriose möglich ist.
Es fehlt auch an Beratung
Was den Zugang zu Information zum Thema Schutz betrifft: Verhütungsberatung ist in Österreich ebenfalls nur für Jugendliche bis 18 Jahren von der Krankenkasse gedeckt. Einige Stellen bieten zwar kostenfreie Beratung an, das Angebot ist aber nicht flächendeckend für alle.
Laut Umfrage besuchen die meisten Frauen für Information und Beratung einen Frauenarzt (75,9 Prozent) – allerdings gleich gefolgt von „Dr. Google“: 42,6 Prozent der befragten Frauen gaben an, Suchmaschinen zu bemühen. 27,7 Prozent fragen Bezugspersonen und 27,3 Prozent lesen Info-Webseiten über Verhütung.
Im EU-Vergleich hinten
Viele andere EU-Länder bieten längst besseren Zugang zu Gratis-Verhütung, Beratung und Information, so liegen im Vergleich von 46 Ländern ganz vorne: Luxemburg, Großbritannien, Frankreich und Belgien. Österreich hingehen hat seit 2017 zehn Positionen verloren und landete von Platz zehn im Ranking nun auf Platz 20.
Für Gaiswinkler zeigt das Ergebnis der Umfrage „Aufholbedarf“ etwa bei kostenloser Beratung und Verfügbarkeit, Geschlechtergleichheit; Gesundheitsminister Johannes Rauch sieht einen „klaren Handlungsauftrag, sich mit dem Thema auseinander zu setzen“.
Pilotprojekt in Vorarlberg
Deshalb startet im Herbst ein Pilotprojekt: Über „femail Fraueninformationszentrum Vorarlberg“ erhalten rund 3500 Frauen und Mädchen ab 14 Jahren in Vorarlberg von Herbst 2024 bis Ende 2026 kostenlos Verhütungsmittel ihrer Wahl und gratis Beratung.
Eine Million Euro stehen vorerst zur Verfügung; nach einem Jahr soll evaluiert werden. Ziel ist ein bundesweites Beratungs- und Versorgungsmodell.
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