Iran-Israel-Krise

Nahost: Atempause oder Luft holen vor dem Sturm?

Ausland
20.04.2024 20:00

Nach den gegenseitigen Angriffen bemühen sich Israel und Iran um Zurückhaltung. Der Konflikt liegt – auf sehr dünnem – Eis. Im Nahen Osten wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen. Und auf die Atempause könnte ein Sturm folgen.

Die Welt hält nach wie vor den Atem an. Die Eskalationsspirale zwischen Israel und dem Iran wurde kurz vor einem Krieg zwischen beiden regionalen Großmächten gestoppt. Oder besser gesagt: Man hat auf Pause gedrückt. Die Rückkehr zum „Status quo ante“ – also zu den Beziehungen vor den Angriffen – ist nicht mehr möglich. Der Nahe Osten hat ein neues Kapitel aufgeschlagen. In dem sich Iran und Israel erstmals in ihrer Geschichte gegenseitig direkt angegriffen hatten.

Nun stellen sich ein paar Fragen, wie auch Ali Vaez, Berater des US-Präsidenten in Nahost-Angelegenheiten, formulierte: War das alles jetzt ein einmaliges Ereignis oder nur ein Vorspiel? Haben beide Seiten das gleiche Verständnis davon, wo die neuen Grenzen liegen? Und mit den nunmehrigen Präzedenzfällen, was passiert beim nächsten Mal?

Diesmal hat das israelische Raketenabwehrsystem funktioniert. (Bild: AP)
Diesmal hat das israelische Raketenabwehrsystem funktioniert.

Dass Israel ausgerechnet Isfahan angegriffen hat, war kein Zufall. Die Stadt hat nicht wegen ihrer reichhaltigen Geschichte und Kultur einen hohen Wert für das Regime, sondern weil es das Zentrum des iranischen Atomprogramms beheimatet. Das war eine unmissverständliche Drohung. Reinhard Schulze von der Universität Bern, einer der führenden Nahost-Experten im deutschsprachigen Raum, meinte zur „Krone“, dass Israel „stufenweise ansteigend interveniert“. Was wir jetzt gesehen haben, „war die unterste Stufe.“ Ein Signal, dass sie das Atomprogramm ins Visier nehmen können. Ein Signal, das auch der Iran mit seinem Angriff von über 300 Raketen, Drohnen, Marschflugkörpern ausgesendet hat.

Das Problem ist, dass beide sehr unterschiedliche Vorstellungen von roten Linien habe. „Israel definiert sich den gezielten Einsatz von Mittelstreckenraketen mit hoher Sprengkraft als rote Linie“, sagt Schulze. „Im Iran liegen die Verhältnisse aufgrund der komplizierten Machtverhältnisse anders. Die Revolutionsgarden, das Militär oder die Regierung haben jeweils sehr eigene Vorstellungen, was die roten Linien sind.“ Zudem die Islamische Republik aktuell mit immensen inneren Problemen zu kämpfen hat. Der Iran könnte aus den aktuellen – äußeren und inneren – Bedrohungen einen Kampf um die eigene Existenz gestalten.

Zentrifugen in der iranischen Anlage in Natans reichern Uran an, das möglicherweise für den Bau von Nuklearwaffen eingesetzt werden kann. (Bild: AP)
Zentrifugen in der iranischen Anlage in Natans reichern Uran an, das möglicherweise für den Bau von Nuklearwaffen eingesetzt werden kann.

Und obwohl das iranische Atomprogramm offiziell nur ziviler Natur ist und der geistige und weltliche Führer Ajatollah Ali Khamenei einen Nuklearwaffen-Einsatz für „unislamisch“ hält, könnte laut Experten der Iran daraus eine nukleare Drohkulisse zimmern. Momentan wurde bei der Spirale der Gewalt aber auf „Pause“ gedrückt. Was beim nächsten Mal passiert, ist noch schaurige Zukunftsmusik.

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