Im Herbst live in Wien

Girl In Red: Aus dem Welpenschutz von Taylor Swift

Musik
13.04.2024 09:00

Mit ihrem zweiten Album „I‘m Doing It Again Baby!“ setzt die Norwegerin Marie Ulven aka Girl In Red ganz auf Popwelt-Eroberung. Nach Konzerten im Vorprogramm von Taylor Swift hat sie auch ihre Fanschar potenziert. Im September kommt die 25-Jährige erstmals live nach Wien.

(Bild: kmm)

Als wir vor gut drei Jahren mit der damals noch relativ unbekannten Marie Ulven aka Girl In Red sprachen, war sie gerade kurz vor dem großen Durchbruch und schien eine Bombenkarriere ohne große Plattenfirma im Hintergrund zu starten. Nun waren die Versuchungen (und Vertragsmodalitäten) des Branchenprimus Sony Music doch groß genug, um das lang ersehnte Zweitwerk auf großer Fläche global vertreiben zu lassen – die eher ruhige Norwegerin hat es freilich verdient. Girl In Red schaffte es schon mit ihren ersten Songs zu einem TikTok- und Internet-Hype. Die Single „I Wanna Be Your Girlfried“ wurde 2018 zu einer Art Pop-Manifest der queeren Szene und wenn im virtuellen Raum die Frage „Do you listen to Girl In Red?“ aufgeworfen wurde, schwang die Frage mit, ob man lesbisch sei. Vom Querness-Ideolisierungsstatus rückte Ulven mit dem Debüt „If I Could Make It Go Quiet“ dann bewusst ab, weil sie sich auch inhaltlich weiterentwickeln wollte.

Support der Königin
Im April 2021 veröffentlicht, gelang der Norwegerin damit ein mehr als beachtlicher Erfolg. In England kam das Album mühelos in die Top-10, die Skandinavier und Holländer waren sowieso verrückt nach dem leichtfüßigen Pop mit Indie-Zitaten und – die vielleicht wichtigste Errungenschaft – trotz der fehlenden Werbemittel im Budget wurde Girl In Red (Internet sei Dank!) mit dem Album auch in den USA zu einem gerne gestreamten neuen Top-Talent. Neben zahlreichen eigenen Liveauftritten war dann vor allem ein Ereignis besonders prägend – Girl In Red durfte sich 2023 bei einer Handvoll Konzerten von Taylor Swift als Supportact beweisen. Und was wir vom aktuellen größten Popstar des Planeten definitiv wissen: wenn die „Swifties“ jemanden in ihre Musikfamilie aufnehmen, dann ist langfristiger Erfolg fast schon garantiert.

Die Tour war für Ulven auch insofern lohnend, als Swift ihr größtes Idol ist und federführend verantwortlich zeichnet, dass aus ihr selbst eine Musikerin geworden ist. Wie es bei nach Freiheit strebenden Kindern eben oft ist – der Welpenschutz von Swift war für Girl In Red wichtig, doch um sich nun aus dem Kokon zu schälen, brauchte sie die metaphorische Musikmutter nicht mehr. Das zweite Album „I’m Doing It Again Baby!“ wurde von ihrer Plattenfirma – in diesen Zeiten schon recht unüblich – wie ein heißer Erdapfel behandelt und so lange wie möglich zurückgehalten, um den Vorab-Hype so weit wie möglich weiter zu schüren. Wie schon beim Erstwerk setzt das Girl In Red inhaltlich auf Selbstreinigungsrituale und Texte, die tief in die Welt der eigenen seelischen Gesundheit hineinreichen. Kein Wunder bei einer Künstlerin, der ärztlich Zwangsneurosen und Angststörungen attestiert wurden.

Seelenreinigung im Kinderklang
Im sehr ungewöhnlich, aber gerade deshalb spannend klingenden Opener singt sie folgerichtig „I’m back, I feel like myself / I was gone for a minute, ‘cause I went to get help / It’s not like I want to die, at least not now, I love being alive / I was feeling so inadequate, never been so out of it / didn’t think I make it this far“. Das ist Seelenstriptease und verstörende Einsicht zugleich, verpackt in einem zuckersüßen, fast an einen leichtfüßigen Kinderreim erinnernden Klangreigen. Wählen von Ulvens Kolleginnen derartige Begrifflichkeiten gerne als trendige Klischees, nimmt man ihr die ständige Suche nach sich selbst und der Zufriedenheit im Leben zu jeder Sekunde ab. In der bereits seit geraumer Zeit rotierenden Radio-Single „Too Much“ spricht sie das gängige Problem an, dass man den anderen oft in vielerlei Hinsicht zu viel ist und sich lieber hinter einer ruhigen Maske versteckt, um in der genormten Gesellschaft nicht zu schnell aufzufallen und zu verstören. Der Preis, den man dafür zahlt: Das Gefühl, nicht man selbst sein zu können.

Die teils intensiven, teils allumfassend interpretieren Themen packt Girl In Red gerne in süße Melodien. Der Anteil des zugänglichen Mainstream-Pop hat sich im Vergleich zum Debüt deutlich gesteigert. Dass sie im Gegensatz dafür einige Ecken und Kanten ihres Sounds geschliffen hat, ist schade, weil die klar definierte Identität der Künstlerin nicht mehr so hervorsticht, wie es noch vor drei Jahren der Fall war. Den Indie-Aspekt legt sie in Songs wie „New Love“ und dem klar an Taylor Swift erinnernden Song „Phantom Pain“ vor. „A Night To Remember“ zeigt Girl In Reds Händchen für eine kraftvolle Ballade, während „Ugly Side“ sich in Funk-Gefilde wagt. Inhaltlich dient „I’m Doing It Again Baby!“ immer noch als Leitfaden für das persönliche Glück, musikalisch merkt man doch, dass sich zunehmend Produzenten und Berater von außen eingeschlichen haben. Die Karrierekurve steigt mit diesem Album aber weiter steil nach oben – und vielleicht gibt es auch noch einmal ein Bühnencomeback mit Taylor Swift.

Live im Gasometer
Am 22. September kommt Girl In Red erstmals nach Österreich – und zwar in den Wiener Gasometer. Unter www.oeticket.com gibt es Karten und alle weiteren Informationen zum Pop-Ereignis des Frühherbstes.

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