1. Ultraschallbild

Schönbrunn-Elefant dank Tiefkühl-Sperma trächtig

Wissenschaft
14.08.2012 12:44
Weltpremiere im Tiergarten Schönbrunn: Im November 2011 wurde zum ersten Mal weltweit eine erfolgreiche Besamung eines Afrikanischen Elefantenweibchens mit Tiefkühl-Sperma eines freilebenden Bullen aus Südafrika durchgeführt. Das erste Ultraschallfoto (Bild 1) vom Elefantennachwuchs wurde am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz präsentiert. Die 26 Jahre alte Schönbrunner Dickhäuterin "Tonga" (Bild 2-4) ist mittlerweile im neunten Monat trächtig.

Das Ultraschallbild wurde am 18. April 2012, dem 141. Tag der Trächtigkeit, aufgenommen. Darauf sind Elefantenmerkmale wie Rüssel, Kopf sowie die Vorder- und Hinterbeine bereits klar zu erkennen. Der Fötus hat zu diesem Zeitpunkt eine Kopf-Rumpf-Länge von 10,6 cm. Mittlerweile muss das Elefantenbaby bereits rund 20 cm groß sein.

Das Projekt wurde vom Tiergarten Schönbrunn gemeinsam mit dem Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, dem Zooparc de Beauval und dem Pittsburgh Zoo verwirklicht. Diese "revolutionäre Technik" der Befruchtung mittels Tiefkühl-Sperma biete neue Chancen für die Nachzucht bedrohter Tierarten, so der Zoo Schönbrunn, wo das Projekt intern liebevoll "Operation Frozen Dumbo" genannt wurde. Denn gerade bei Elefanten sei das alles andere als einfach.

Harald Schwammer, Zuchtbuchkoordinator für den Afrikanischen Elefanten, hat derzeit 206 Tiere in Europa registriert, es gibt nur eine geringe Anzahl an zeugungsfähigen Bullen. Das aktuelle Männchen-Weibchen-Verhältnis beträgt rund 1:5, die genetische Vielfalt ist also limitiert. Tiergartendirektorin Dagmar Schratter: "Da das Überleben der Elefantenarten in ihrem natürlichen Umfeld bedroht ist, sind Zoos weltweit um ihren Erhalt bemüht. Eine künstliche Befruchtung mit dem Samen eines Wildbullen ist eine Chance, im Sinne des Artenschutzes den Genpool der Zoo-Elefanten zu bereichern."

Freilebender Bulle aus Südafrika als Vater
Künstliche Besamung bei Elefanten wird seit 1998 erfolgreich durchgeführt, die erste erfolgreiche Besamung in Europa fand 1999 ebenfalls im Tiergarten Schönbrunn statt. Allerdings wurde dabei stets frischer, beziehungsweise nur gekühlter Elefantensamen verwendet. Es sind auch zwei Versuche mit Tiefkühlsperma bekannt, die jedoch zu keinem Ergebnis führten.

Nun wurde erstmals gefrorener Samen von einem freilebenden Bullen (Bild 5) aus dem Phinda Private Game Reserve in Südafrika erfolgreich verwendet. Um an das Sperma des wilden Bullen zu kommen, musste dieser betäubt und via Elektro-Ejakulation abgesamt werden. Das Prinzip stammt aus der Humanmedizin und wird vor allem bei Querschnittslähmung eingesetzt. Das Risiko sei "sehr, sehr gering" gewesen, und man habe im Zuge der Vollnarkose auch gleich wichtige Untersuchungen durchgeführt, erläuterte Veterinär Frank Göritz.

Guter Samen zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Die Verwendung von gefrorenem Samen erspare einen enormen logistischen und finanziellen Aufwand. "Bei einer Besamung mit frischem Samen muss einem Elefantenbullen an einem entfernten Ort, oft mit großem Zeitunterschied, Sperma entnommen und dieses dann zur zu dieser Zeit fruchtbaren Elefantenkuh geflogen werden. Gefrorener Samen kann hingegen aufbewahrt und zum optimalen Zeitpunkt für eine Besamung verwendet werden", erklärt Schwammer.

Künstliche Besamung solle trotzdem immer nur als eine der Strategien im Populationsmanagement im Rahmen einer koordinierten Zucht bei bedrohten Tierarten stattfinden. Primär werde versucht, die Haltungen in Zoos zu verbessern und durch Aufbau von Männchen-Weibchen-Gruppen natürliche Paarungen vermehrt zu ermöglichen, heißt es vonseiten des Tierparks Schönbrunn.

Gefrorener Samen als Chance
Säugetier-Sperma einzufrieren, erfordert zudem einiges an Know-how. Thomas Hildebrandt, Leiter der Forschungsgruppe Reproduktionsmanagement am Leibniz-Institut, hat eine besonders schonende Gefriermethode entwickelt. Hildebrandt: "Bei Säugetierzellen ist das Gefrieren heikel, denn nicht jede Zelle verträgt einen Kälteschock von minus 196 Grad Celsius. Sie könnten durch die entstehenden Eiskristalle zerstört werden. Bei unserer Methode wird das Sperma nicht schlagartig, sondern stufenweise abgekühlt."

Diese neue Technologie bietet auch große Chancen für die Zukunft, was den Schutz der freilebenden Elefanten betrifft. "Diese Technik, bei der wir nun Sperma vom Freiland in die Zoopopulation gebracht haben, kann natürlich als Vision auch in die andere Richtung verwendet werden, falls Wildpopulationen in die Krise kommen."

Tonga brachte bereits "Mongu" zur Welt
Das Schönbrunner Elefanten-Weibchen Tonga hat 2003 bereits ein Jungtier zur Welt gebracht, Mongu wurde allerdings auf natürlichem Wege gezeugt. Der richtige Tag für die erfolgreiche Besamung wurde durch Auswertung täglicher Blutproben exakt vorausgesagt. Im November 2011 wurde Tonga vier Mal besamt, zwei Mal an zwei aufeinander folgenden Tagen. Ob es sich bei dem Mini-Rüsseltier um ein Weibchen oder Männchen handelt, wird man frühestens bei der Geburt nach rund 22 Monaten Trächtigkeit wissen. Manchmal ist es selbst dann noch schwierig, das Geschlecht zweifelsfrei zu bestimmen.

Tonga, die aus dem Kruger National Park stammt, scheint der Rummel nur wenig unter die dicke Haut zu gehen. Auch Schwangerschaftspfunde hat die Leitkuh kaum zugelegt. "Aber hundert Kilo fallen bei Elefanten auch nicht ins Gewicht" erläuterte Revierleiter Mathias Otto, der die Hietzinger Rüsseltier-Herde so gut kennt wie seine eigene Familie. Ein wenig scheine die graue Riesin aber "in sich hinein zu horchen" und vorsichtiger und ruhiger zu werden, so die Beobachtungen des Experten.

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