Es war kein ehrenvoller Abschied aus dem politischen Leben, doch nachdem Martinz vom Villacher Steuerberater Dietrich Birnbacher neuerlich schwer belastet wurde, brach sein Verteidigungskonzept zusammen und er gestand, gemeinsam mit dem ehemaligen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider illegale Parteienfinanzierungs-Ideen entwickelt zu haben (siehe Infobox). Anschließend kündigte Martinz seinen Rücktritt als Kärntner ÖVP-Obmann und seinen Austritt aus der Partei an. Damit knüpft Martinz an einer in den letzten Monaten immer öfter vorkommenden Vorgehensweise in der ÖVP an - und zwar der Rücktrittswelle.
Nicht alle gehen unehrenhaft
Freilich sind nicht alle Rücktritte in der ÖVP durch Skandale oder Vorwürfe illegaler Machenschaften ausgelöst worden. So hat sich etwa der prominente Abgeordnete Ferdinand Maier heuer im April nach Differenzen mit der Partei und vor allem mit seinem Klubchef Karlheinz Kopf aus dem Nationalrat zurückgezogen.
Korruptionsvorwürfe - konkret Kritik wegen Jagdeinladungen und einer günstigen Wohnungsmiete - waren hingegen beim Tiroler Finanzlandesrat Christian Switak der Grund für dessen Rücktritt im Februar (siehe Infobox). Nur einen Teilrückzug als Telekomsprecherin, nicht aber als Mandatarin gab es im März von der Abgeordneten Karin Hakl, nachdem bekannt geworden war, dass ihr Wahlkampf vom Telekom-Lobbyisten Peter Hochegger gesponsert worden sein soll.
Kapeller brachte den Stein ins Rollen
Angefangen hatte die Rücktrittshäufung in der ÖVP freilich schon 2011. Den Auftakt machte Wehrsprecher Norbert Kapeller Mitte März, er war wegen Parkens mit einem Behindertenausweises eines Verstorbenen unter Druck geraten. Nur eine Woche später war Ernst Strasser an der Reihe: Der damalige Leiter der ÖVP-Delegation im EU-Parlament war britischen Enthüllungsjournalisten auf dem Leim gegangen, die ihm als Lobbyisten getarnt Geld für das Einbringen von Gesetzesvorschlägen anboten. Strasser zeigte sich interessiert (siehe Infobox).
Die ÖVP-Delegation im Europaparlament verlor kurz darauf ein weiteres Mitglied: Hella Ranner machte zuerst durch die Insolvenz ihres Unternehmens von sich reden und musste dann auf Druck der Partei zurücktreten. Die Steirerin soll zur Tilgung privater Schulden auch die Spesen-Pauschale für EU-Abgeordnete genutzt haben.
Pröll musste aus gesundheitlichen Gründen gehen
Bald danach erkrankte der damalige ÖVP-Chef Josef Pröll schwer, am 13. April legte der Vizekanzler alle politischen Ämter nieder (siehe Infobox). Seinem Rücktritt folgten weitere Personalwechsel im ÖVP-Team. Familienstaatssekretärin Verena Remler musste zurück nach Tirol. Generalsekretär Fritz Kaltenegger verabschiedete sich aus der Politik, und auch die vor allem in den letzten Wochen ihrer Amtszeit umstrittene Justizministerin Claudia Bandion-Ortner - zwar kein Parteimitglied, aber auf einem ÖVP-Ticket - wurde ausgewechselt.
Ebenfalls noch im April kostete dem burgenländischen Agrarlandesrat Werner Falb-Meixner ein Fehltritt als Bürgermeister den Job. Er hatte zwei Hauptschüler in der Gemeinde Zurndorf zum Schein angemeldet. Nachdem der Oberste Gerichtshof die Verurteilung des Landesgerichts bestätigt hatte, zog er die Konsequenzen und trat zurück.
Telekom-Affäre setzte Schüssel unter Druck
Dem inzwischen gekürten neuen Parteichef Michael Spindelegger war nur eine kurze Verschnaufpause gegönnt, denn immer weitere Details aus der Telekom-Affäre - und damit Verfehlungen aus der schwarz-blau/orangen Regierungszeit - wurden bekannt. In die Kritik geriet dabei Altkanzler Wolfgang Schüssel, der zwar nach seiner Wahlniederlage 2006 nicht mehr der Regierung, wohl aber dem Nationalrat angehörte. Um Druck von der Partei zu nehmen, wie er sagte, gab Schüssel im September seinen Abgang bekannt, wiewohl ihm keine persönlichen Verfehlungen vorgeworfen worden waren (siehe Infobox).
Nur wenige Tage später und nicht ganz überraschend nahm die als Wiener ÖVP-Chefin und Klubobfrau unglücklich agierende Christine Marek den Hut. Als Grund hierfür nannte sie interne Angriffe und mangelnde Unterstützung. Marek wechselte als Abgeordnete in den Nationalrat, wo sie den Sitz von Maria Rauch-Kallat übernahm, die nach Jahrzehnten in der Spitzenpolitik aus dieser mit dem Hymnen-Antrag freiwillig ausschied.
Erschöpfung in den Bundesländern
Ebenfalls auf Jahrzehnte im Dienst der ÖVP und Landespolitik zurückblicken konnte der Vorarlberger Herbert Sausgruber, als er im Oktober 2011 seinen Rückzug bekannt gab. Der zu diesem Zeitpunkt 65-Jährige begründete dies mit seiner mangelnden Leistungsfähigkeit - er könne nicht mehr als 50 Stunden die Woche arbeiten, für einen Landeshauptmann sei dies zu wenig, bedauerte er (siehe Infobox).
Im Monat darauf hieß es schon wieder "Time to say goodbye" in den schwarzen Reihen: VP-Bauernbund Fritz Grillitsch legte im November seine Funktion als Bauernbund-Präsident sowie als Vizeklubchef der ÖVP im Parlament zurück. Dass er mit Aktionen wie der medial viel beachteten Veranstaltung mit dem umstrittenen Buchautor Thilo Sarrazin auch in der eigenen Partei irritierte, habe mit seinem Abschied aber nichts zu tun, betonte Grillitsch. Er führte gesundheitliche Gründe ins Treffen.
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