Die Belegschaft des Lorenz-Böhler-Spitals in Wien lebt selbst im Chaos rund um die Schließungspläne Tag für Tag ohne Rücksicht auf sich selbst das vor, wozu eigentlich ihre Chefs verpflichtet wären.
Für 8:30 Uhr war zuletzt ein öffentlicher Protest der Lorenz-Böhler-Belegschaft gegen die Schließung ihres Spitals geplant. Wer tatsächlich erst um 8:30 Uhr vor das Krankenhaus kam, hatte allerdings schon die Hälfte verpasst: Die „Böhlerianer“ hatten die Betriebsversammlung früher begonnen – und beendeten sie auch früher, um möglichst schnell wieder bei den Patienten sein zu können, inklusive kerniger Mahnung des Betriebsrates, auf dem Weg zu den Arbeitsplätzen ja nicht zu trödeln.
„Alles wie immer“
Es war keine Pose für anwesende Medien: Bei einem „Krone“-Lokalaugenschein am Tag danach, als das Chaos rund um die Schließungspläne schon wieder ein Stück mehr eskaliert war, bekam man von befragten Patienten ausnahmslos nur ein und dieselbe Antwort: Beim Termin im Spital sei „alles wie immer“ gewesen: freundlich, einfühlsam, professionell –vom Chefchirurgen bis zur Reinigungskraft. Es gibt wohl nicht viele Spitäler in Wien, deren Patienten sich wünschen, alles solle „wie immer“ bleiben.
An den AUVA-Chefs kann es nicht liegen: Der jetzige Generaldirektor (siehe Kasperl der Woche) betrieb schon 2015 – da stand er in der AUVA irgendwo auf der Mitte seiner Karriereleiter – eine Machbarkeitsstudie dazu, wie man das Spital wegbekommen könnte. Das Zieldatum: 2025. Was für ein Glück für ihn, dass ihm genau jetzt katastrophale Brandschutzmängel im Spital in den Schoß fallen. Pech bedeutet das nicht nur für die Böhler-Belegschaft, sondern noch mehr für die jährlich 65.000 Patienten des Spitals und die Stadt, die nun eine Versorgungskrise abwenden muss.
Ein Spital als gallisches Dorf der Unbeugsamen
Der AUVA ist das Spital seit jeher ein Dorn im Auge: Es ist so etwas wie das gallische Asterix-Dorf in Österreichs medizinischer Landschaft und lässt sich nur wenig gefallen: keine Sparpläne, keine Arbeitszeitvorgaben, keine Stellenstreichungen. Und Unfallversorgung ist eben kein gutes Geschäft, auch wenn sie Leben rettet, wie gerade jetzt erst wieder in letzter Sekunde nach einem Bauchstich.
Man könnte also sagen, die Spitalsbelegschaft ist sehenden Auges in ihr Unglück gerannt. Man könnte aber auch sagen, dass sie einfach „das Richtige tun“ will, ohne Rücksicht auf sich selbst. Dafür hat sich das Böhler-Team zumindest den Titel als Wiener der Woche verdient – und wir uns, dass man es das machen lässt, was es will und am besten kann, wenn man ihm nicht ins Handwerk pfuscht: für andere da sein.
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