"Der Feind Batmans"

USA: Amokschütze hielt sich für Film-Bösewicht “Joker”

Ausland
21.07.2012 09:06
Nach dem Kino-Massaker von Colorado mit zwölf Toten befinden sich die USA im Schockzustand. Behörden und Filmtheater haben ihre Sicherheitsvorkehrungen verschärft, US-Präsident Barack Obama und sein Herausforderer Mitt Romney setzten den Wahlkampf aus. Unterdessen wurde bekannt, dass Amokschütze James Holmes im Polizeiverhör angegeben hatte, sich für den "Joker, einen Feind Batmans" zu halten, wie Raymond Kelly, Chef der New Yorker Polizei, bekannt gab. "Es handelt sich offensichtlich um einen Geistesgestörten."

Der Todesschütze soll sich zudem Haare und Bart rot gefärbt haben, wird Kelly in US-Medien zitiert. Auroras Polizeichef Dan Oates wollte Kellys Aussagen zunächst nicht bestätigen, erklärte aber, mit dem New Yorker Polizeichef über den Fall gesprochen zu haben.

Waffen legal erworben
Die Behörden teilten mit, dass James Holmes nicht vorbestraft und nur einmal als Verkehrssünder aufgefallen sei. Während der Tat habe er eine Faustfeuerwaffe der österreichischen Marke Glock, ein halbautomatisches Sturmgewehr und ein Schrotgewehr benutzt. Oates sagte dem Sender CNN, der Täter habe 6.000 Schuss Munition im Internet gekauft.

Die Waffen sowie die schusssichere Spezialkleidung, die er während seiner Tat anhatte, hatte er in den vergangenen Monaten legal in lokalen Geschäften oder übers Internet erworben. Holmes studierte Neurowissenschaften in Denver, soll aber sein Studium in jüngster Zeit vernachlässigt haben. Er sei dabei gewesen, seine Ausbildung aufzugeben, berichtete der TV-Sender NBC.

Sprengfallen: "So etwas haben wir noch nie gesehen"
Kopfzerbrechen bereitet den Ermittlern unterdessen die mit Sprengsätzen präparierte Wohnung des Amokschützen. Sicherheitshalber wurden neben dem Wohnhaus des Täters auch vier umliegende Apartmenthäuser evakuiert. Die komplizierte Konstruktion aus Sprengstoff und entzündlichen chemischen Substanzen beschrieb Polizeichef Oates als etwas, "das wir noch nie gesehen haben". "Es gibt eine Menge Drähte", sagte er.

Nach dem Attentat verschärften die US-Kinos ihre Sicherheitskontrollen. In Washington gibt es Taschendurchsuchungen beim Einlass in die Kinosäle, in New York patrouilliert die Polizei verstärkt vor Lichtspielhäusern. Polizeichefin Cathy Lanier sagte dem Sender News4: "Wir stellen sicher, dass Polizeibeamte die Kinos am ganzen Wochenende genau im Auge haben." Die USA-weit zweitgrößte Kinokette AMC teilte mit, dass die Sicherheitsvorkehrungen in ihren Häusern verstärkt würden. Bis auf Weiteres sei es in den AMC-Kinos nicht erlaubt, Gesichtsmasken zu tragen oder Spielzeugwaffen mitzubringen, hieß es mit Blick auf verkleidete Besucher.

Batman-Regisseur Nolan: "Sinnlose Tragödie"
Batman-Regisseur Christopher Nolan hat unterdessen seine "tiefe Trauer" über das Blutbad ausgedrückt. In einer Mitteilung im Namen der Schauspieler und Mitwirkenden von "The Dark Knight Rises" sprach der britische-amerikanische Regisseur von einer "sinnlosen Tragödie", berichtete das US-Branchenblatt "Hollywood Reporter". "Das Kino ist mein Zuhause. Die Vorstellung, dass jemand diesen unschuldigen und erwartungsvollen Ort derart brutal entweiht, ist einfach verheerend", führte Nolan weiter aus. Er sprach den Opfern und ihren Familien seine Anteilnahme aus.

Auch der US-Filmverleih Warner Bros. zeigte sich schockiert. "In dieser tragischen Stunde geht unsere aufrichtige Anteilnahme an die Familien und Freunde der Opfer", teilte das Studio mit.

"The Dark Knight Rises" hat nach ersten Schätzungen in der Nacht auf Freitag in den USA Spitzeneinnahmen erzielt. Die Branchenblätter "Variety" und "Hollywood Reporter" bezifferten die Mitternachtseinnahmen mit bis zu 30 Millionen Dollar (umgerechnet knapp 25 Millionen Euro). Der Film war in 3.700 US-Kinos angelaufen, am Wochenende sollte er in über 4.400 Lichtspielhäusern gezeigt werden. Eine geplante Gala-Premiere wurde abgesagt.

Wahlkampf ausgesetzt
Der Amoklauf brachte auch den US-Präsidentschaftswahlkampf zum Stillstand. In Colorado setzte das Wahlkampf-Management von Amtsinhaber Barack Obama zunächst alle Fernsehspots aus. Statt in Florida Wahlkampf zu machen, eilte der Präsident nach Washington ins Weiße Haus zurück. Die Nachrichten von der Tragödie müssten alle ermahnen, "als amerikanische Familie zusammenzustehen", sagte Obama in einer kurzen Ansprache.

In New Hampshire gedachte auch Romney der Opfer, statt seine übliche Wahlkampfrede zu halten. "Ich stehe hier heute nicht als ein Bewerber um ein Amt, sondern als Vater, Großvater, Ehemann und Amerikaner", erklärte er. Das Massaker entfachte auch eine neue Debatte um die liberalen US-Waffengesetze. New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg rief Obama und Romney auf, das Waffenrecht zu verschärfen.

Viele Filmfans gedachten der Opfer von Colorado auch im Kurznachrichtendienst Twitter. "Sehe Batman heute Abend in (Washington) DC, vielleicht sollte es eine Schweigeminute für die Kino-Schießerei in Colorado geben", schrieb ein Fan.

Elf Menschen weiter in Lebensgefahr
Der 24-jährige Student James Holmes hatte bei der Nachtpremiere des neuen "Batman"-Films in einem Kino bei Denver zwölf Menschen erschossen und bis zu 60 Menschen verletzt (siehe auch Storys in der Infobox). Die Polizei gab bekannt, dass in der Nacht auf Samstag elf Verletzte weiterhin in Lebensgefahr schwebten.

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