Wiener Suchtmilieu

Freundinnen tot: Trauriger Prozess um 18-Jährige

Wien
12.02.2024 15:38

„Drogentote werden immer jünger“ lautete letzte Woche die Schlagzeile, nachdem das Gesundheitsministerium seinen aktuellen Drogenbericht präsentiert hatte. Eine 18-jährige Wienerin, der wegen versuchten Raubes der Prozess gemacht wird, hat zwei ihrer besten Freundinnen durch Drogenmissbrauch verloren. In dem traurigen Prozess steht nicht das Urteil im Vordergrund. Sondern die Sorge um das suchtkranke Mädchen.

Die Statistik ist das eine, Gesichter und Geschichten hinter den Zahlen das andere. Wenige Tage nachdem das Gesundheitsministerium den aktuellen Drogenbericht präsentiert hat, wird im Wiener Landesgericht ein 18-jähriges Mädchen in Handschellen vorgeführt.

Vater mit dem Umbringen bedroht
Verena (Name geändert) muss sich vor dem Schöffengericht wegen mehrerer Diebstähle und versuchten Raubs verantworten. „Sie stahl Parfüm aus Drogeriemärkten, um sich die Sucht zu finanzieren“, leitet die Staatsanwältin ein. Seitdem sie 16 Jahre jung ist, sei die Jugendliche stark drogensüchtig. Als ihr der Vater die finanzielle Unterstützung abdreht, suchte sie am 10. Oktober 2023 dessen Wohnung auf, trat wütend gegen die Tür und tobte aggressiv: „Wenn du mir kein Geld gibst, bring‘ ich dich um“, schrie sie. Aus Angst vor der eigenen Tochter tätigt der Mann an diesem Abend den Notruf. 

Bei den Diebstählen war Verena mit ihrer ebenfalls süchtigen Freundin unterwegs - die zwischenzeitlich an einer Überdosis gestorben ist. „Es hat mich betroffen gemacht, als ich im Akt gelesen habe, dass Naomi (Name geändert) gestorben ist. Sie ist vor Jahren auch vor mir gesessen. Als Angeklagte und als Zeugin“, ist die erfahrene Jugendrichterin Daniela Zwangsleitner erschüttert. 

Aktueller Drogenbericht

  • Bundesweit 248 Drogentote 2022 bedeutet einen Höchststand seit Beginn der Messungen 2003.
  • Der Anteil der unter 25-Jährigen an allen Überdosierungen stieg von 18 Prozent 2018 auf 27 Prozent 2021. (Quelle: Gesundheit Österreich)

„Große Sorge, dass sie wieder konsumiert“
„Es sind zwei Freundinnen gestorben“, bestätigt die 18-Jährige mit leiser Stimme. Im Gerichtssaal gibt sie sich einsichtig: „Dass ich ihn umbringen werde, habe ich nur gesagt, weil ich impulsiv war. Ich bin doch keine Mörderin.“

Die junge Frau macht einen intelligenten Eindruck. In ihren Nebensätzen lassen sich schlimme Erfahrungen in der Kindheit erahnen. Sie gesteht: „Ich hatte starke Selbstmordgedanken. Jetzt geht es mir besser. Die Haft hat mir gutgetan. Ich habe mich für die Therapie in Kärnten entschieden. Dort hat man mir einen fixen Platz zugesagt.“ Schon nächste Woche könne sie anfangen. Doch was ist bis dahin, wenn sie nach dem Prozess entlassen werden sollte?

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Wenn sie es jetzt nicht schaffen, fürchte ich, dass es ein trauriges Ende nehmen wird. Jetzt haben sie es in der Hand. 

Richterin Daniela Zwangsleitner (Bild: Reinhard Holl)

Richterin Daniela Zwangsleitner

Besorgt meldet sich eine Sozialarbeiterin der WG, in der Verena vor ihrer Verhaftung wohnte, zu Wort: „Wir haben große Sorge, dass sie rausgeht und wieder konsumiert“, sieht sie einen nahtlosen Übergang zur Therapie als zielführend. Doch dass Jugendliche abgeholt und direkt zur stationären Drogentherapie begleitet werden, ist nicht vorgesehen. Eine Gesetzeslücke?

Richterin: „Zahl der Drogentoten auf Rekordwert“
„Abgängigkeit gibt es bis dahin aber nicht mehr“, mahnt Frau Rat, als sie neben sechs Monaten bedingt eine Weisung zur stationären Betreuung in dem Therapiezentrum in Kärnten ausspricht.

„Erst vor einigen Tagen war zu lesen, dass die Zahl der Drogentoten einen Rekordwert erreicht hat ... Wenn sie es jetzt nicht schaffen, befürchte ich, dass es ein trauriges Ende nehmen wird. Jetzt haben Sie es in der Hand. Machen Sie etwas aus Ihrem Leben“, gibt Zwangsleitner der Wienerin mit auf ihren Weg in die Freiheit. „Auf jeden Fall möchte ich mich bedanken für die Chance“, antwortet Verena. Ob sie in der Lage sein wird, diese zu nutzen, wird die Zukunft weisen. Vielleicht auch schon die nächsten Stunden.

 

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