Großes Interview

Guru Guru: „Haben Hitlers Staub weggeblasen“

Kultur
25.01.2024 09:00

Seit den späten 60er-Jahren steht das deutsche Kollektiv Guru Guru rund um Bandgründer und Drummer Mani Neumeier für musikalische und gedankliche Freiheit, die zwischen Space Rock, Jazz, Krautrock oder Avantgarde Pop mäandert. Mit 83 veröffentlichte das Mastermind jüngst ein neues Studioalbum und ist noch immer auf Tour. Ein Gespräch über ewige Jugend, Kommunen und Hippie-Ideale der 68er-Generation.

Jimi Hendrix, die Rolling Stones, The Who, viel Frank Zappa, psychedelischer Space Rock und Free Jazz - die Inspirationsquellen für die deutsche Krautrock-Kultband Guru Guru waren im Gründungsjahr 1968 mannigfaltig. Federführend unter Schlagzeuger Mani Neumeier, der sich mit Guru Guru-Bassist Uli Trepte und der Pianistin Irené Schweizer schon Jahre davor im Free Jazz austobte, revolutionierte die Hippie-Truppe zur Kultband. Mit Acts wie Can, Amon Düül oder Xhol Caravan war man dick befreundet, Cluster, Kraan oder Kathargo waren im Umfeld immer wiederzusehen und zu -hören. Guru Guru zählten früh zum anarchischen Spaßgeschwader, zeigten sich aber auch sehr politisch und kämpften unermüdlich für die Linke und Hippie-Ideale.

Jahrelang lebten die wechselnden Mitglieder rund um Fixkonstante Neumeier kommunenartig in Westdeutschland, mäanderten musikalisch zwischen straightem Rock, Jazz, Space Rock, Psychedelik und absoluten Dadaismus. Guru Guru schrieben den „Elektrolurch“ oder den „LSD-Marsch“, wurden zeitweise als Gammler beschimpft und durchtauchten mit einer fast schon beneidenswerten stilistischen Borniertheit sogar die 80er-Jahre, in der ihr Sound ungefähr so fern von Popularität war wie der Stern Sirius B von der Erde. Der mittlerweile 83-jährige Mani Neumeier hält das Projekt mit neuen Mitstreitern bis heute zusammen. Das im Herbst erschienene Album „The Incredible Universe Of Guru Guru“ kokettiert mit Dance- und Hip-Hop-Sounds und weist niemand Geringeren als den „God Of Hellfire“, Arthur Brown, als Gastsänger auf. Im „Krone“-Talk blickt Neumeier auf eine einzigartige Karriere zurück und bekräftigt, dass er mit Guru Guru und als Musiker an sich noch viel vor hat.

„Krone“: Mani, wie hast du die Corona-Jahre überstanden?
Mani Neumeier:
Ich war zum Glück nie krank. Zwei von uns hat es erwischt, aber wir haben uns alle schnell geimpft, was sehr gut war.

Du bist seit rund 60 Jahren auf allen Bühnen der Welt unterwegs, aber während der Pandemie musstest auch du mal zwei Jahre lang stillsitzen. Wie bist du damit klargekommen?
Es war der „Rockdown“. (lacht) So etwas ist zum ersten Mal passiert. Ich hatte oft im Sommer ein paar Wochen keinen Gig, aber das war was anderes. Wir hatten schon viel geplant und mussten alles absagen und verschieben. Ich habe dann eine Zeit lang auf Sparflamme gelebt, aber ich bin ein Naturbursche und war viel in meinem Garten. Ein paar Monate ohne Konzert waren aber schon arg.

Hast du in der Zeit neue Hobbys oder Interessen für dich gefunden?
Ich habe viel im Garten gearbeitet und war immer wieder im Studio. Ich bin im Odenwald bei Heidelberg daheim und das Studio ist bei Zeus B. Held, unserem Keyboarder, in Freiburg. Einmal habe ich ein Streaming-Solokonzert versucht, mit dem Mixer von Peter Maffay und dem Filmemacher von Udo Lindenberg, aber es gab kein Geld - und auch keine Reaktion. Das war wie Trommeln unter der Bettdecke. Ein einmaliges Experiment. Wichtig ist, dass wir die Zeit gesund überstanden haben und uns neue Songs überlegt haben, die wir aufnahmen. „The Incredible Universe Of Guru Guru“ ist schon unser 34. Album. Eine Art Best-Of von 1971 bis heute haben wir auch herausgebracht. „Three Faces Of Guru Guru“. Rock, Weltmusik und Space-Rock - das sind die drei Pfeiler der Band. Eine irre Sammlung von verschiedensten Stilen in sich, die aber einen gemeinsamen Nenner haben.

Was ist denn deine persönliche Lieblingsära von Guru Guru?
Ich mag das Spacige schon gerne, aber wenn es mal richtig einfach dahingehen soll, dann spiele ich das genauso gerne. Solange es echte Musik ist, mag ich alles Mögliche.

Da siehst du schlagartig wieder, was du im Laufe der Jahre schon so alles gemacht hast.
Und zum Teil vergessen habe. (lacht) Manches klingt heute nicht mehr so gut, aber im Großen und Ganzen waren wir immer sehr okay. Die Anfänge waren brachial. Wir haben quasi den Krautrock geboren, aber der hieß damals noch nicht so. Es gab damals auch Kraftwerk, Can oder Amon Düül. Das waren sehr verschiedene Musikstile, aber die Presse hat alles in einen Topf geworfen, damit es ein Etikett gibt.

Mit der Bezeichnung Krautrock warst du ziemlich lange unglücklich …
Inzwischen macht mir das nichts mehr aus. Es geht ja nicht nur um das Kraut, das man isst, sondern um das Kraut, das man raucht. Das passt dann wieder. (lacht) Im Ausland ist Krautrock so ein positiver Begriff wie Blues Rock oder Speed Metal. Junge Bands machen in dieser Schiene weiter und wir haben auch viele US- und britische Bands beeinflusst. Brian Eno, David Bowie oder Jello Biafra von den Dead Kennedys. Wie man uns nennt, ist mir längst wuascht. Ich war mehr als 20 Mal in Japan und bin dort ein Teil der Szene. Da habe ich ein traditionelles Kabuki-Theater gesehen, das hat mich inspiriert und wir haben ein Stück daraus gemacht, das weder Rock noch Jazz ist. Wir können uns das erlauben. Die Leute sind dann entweder perplex oder erstaunt, aber sie finden es interessant.

Guru Guru haben sich niemals Grenzen gesetzt. Würdest du sagen, dein größtes Glück ist es, dass ihr euch immer in alle Richtungen bewegt habt?
Diese Grenzenlosigkeit haben wir uns einfach genommen. Wir haben Geräusche eingebaut, Jazz, indische Musik oder Stockhausen. Unsere Meister waren John Coltrane, Miles Davis oder Duke Ellington. In Zürich, wo ich damals wohnte, habe ich sie alle gesehen. Wir haben uns auch nie lange an eine Plattenfirma gebunden. Guru Guru hatten immer viel Freiheit und wenig Geld. (lacht) Es hat aber immer zum Leben gereicht und viel mehr braucht es nicht. Es ist schön, wenn einem keiner reinredet oder man sich nach niemandem richten muss. Ich kann mit 83 noch spielen wie ein junger Hirsch, das ist ein Geschenk.

Gerade der Reiseaspekt ist nicht so ohne in diesem Alter.
Ich fahre ja alles selbst und manchmal ist die Fahrt viel anstrengender als jedes Konzert. Mit der Zeit kriegt man aber Übung. Ich mache eigentlich keinen Sport, wandere ein bisschen und spiele immens viel Schlagzeug, was gut für die Muskeln ist. Ich versuche Stress zu vermeiden und ernähre mich sehr gut. Zwischendurch rauche ich etwas Gras, aber ich nehme sonst keine Drogen und trinke sehr wenig Alkohol.

Das Motto „Keine Drogen“ war früher bei Guru Guru aber nicht so streng ausgelegt ...
Alkohol war bei uns früher verboten. Hasch ist ja viel gesünder und wir machten damals Werbung dafür. Ein Stück hieß „LSD-Marsch“, weil wir überzeugt waren, dass das alles besser war als Alkohol und herkömmliche Zigaretten. Ich kenne weniger Hasch-Tote, als Alkohol- oder Zigaretten-Tote. Heute gibt es so billige Modedrogen, die total schädlich sind. Opiate, die in den USA unheimlich viele Menschen umbringen. Dagegen kommt die Polizei kaum an.

Wann habt ihr denn mit der Einnahme von Hasch und LSD aufgehört?
Mit den Trips haben wir nach ein paar Jahren aufgehört, weil das zwar was brachte, aber nicht mehr notwendig war. Zur Beruhigung der Nerven schadet aber ein Joint ab und zu nicht.

Haben die LSD-Trips wirklich eure Kreativität gefördert und zur Musik geführt?
Schon ja. Es ging nicht nur um den Konsum, sondern auch um spirituelle Erfahrungen. Wir gingen damit zurück zur Kindheit und lernten Sachen, die man auf einer Universität nicht lernt.

Ähnlich wie die Schweizer von OM, habt ihr neue Klangterritorien erforscht. Hast du damals nicht auch lange in Zürich gelebt?
Das stimmt. Mit Fredy Studer von OM wollte ich noch unlängst was aufnehmen, aber dann ist er im Sommer 2022 verstorben. Das tut mir natürlich sehr leid, ist aber auch eine Mahnung dafür, dass man immer alles gleich machen sollte, was man so vorhat.

Haben sich Bands wie ihr zwei, Amon Düül, Can und Co. gegenseitig befruchtet?
Roedelius und Möbius waren da ganz wichtige Figuren in dieser Szene. Mit Can, Amon Düül, Embryo oder Kraan waren wir immer gut befreundet. Auch Tangerine Dream, Inga Rumpf und Udo Lindenberg habe ich kennengelernt. Ich habe immer versucht, die Leute zusammenzubringen. Wir haben uns nichts voneinander abgeschaut, aber gemerkt, dass wir zusammen einen neuen Wind nach Deutschland bringen, um den alten Staub von Adolf wegblasen. (lacht)

Ihr wart nie eine direkt politische Band, habt euch aber nicht davor gescheut, politisch Position zu beziehen. Ihr seid zum Beispiel in Gefängnissen für den sozialistischen deutschen Studentenbund aufgetreten.
Wir haben auch „Rock gegen Rechts“ gespielt. Ich marschierte nie mit einem politischen Fähnchen voraus, war aber immer klar links und gegen die Nazis. Wir haben für Aufruhr gesorgt und müssen jetzt darauf schauen, dass die Braunen, also die AfD, nicht zu stark wird.

Wolltet ihr vor allem die Botschaft von Freiheit und Individualität nach außen tragen?
„Mach dein Ding“, kann man sagen. Das war eine wichtige Geschichte. Wir haben die Freiheit in die Musik gebracht. Manchmal haben wir endlose Lindwürmer an Klängen gespielt, aber die Leute haben es gemocht, weil es anders war. Wir haben uns den Platz gewährt, vieles zu machen, was nicht klassischen Akkorden und Harmonien folgt. Das haben wir nicht erfunden, sondern uns ein bisschen von Stockhausen aufgesaugt und einfließen lassen. Der Freiheitsgedanke kam aus dem Free-Jazz, den ich schon drei Jahre davor praktizierte. Wir haben alles auseinandergenommen, aber irgendwann war es mir zu viel. Ich wollte Rhythmen haben und habe mich dann von Jimi Hendrix überzeugen lassen. Wir hatten mit Ax Genrich anfangs einen tollen Gitarristen und gingen früh in unsere eigene Richtung.

Guru Guru haben über die letzten mehr als 50 Jahre auch unzählige Besetzungswechsel hinter sich gebracht.
37 Leute waren wir insgesamt. Ich habe die Menschen aber nicht nach Frank-Zappa-Manier ausgewechselt. Manchmal wurde jemand krank, manchmal ging es zwischenmenschlich nicht, manchmal wollte jemand was anderes machen, manchmal wanderte jemand aus. Mit Roland Schäffer und Peter Kühmstedt spiele ich, mit ein paar Unterbrechungen, seit 1975 zusammen. Viele Auswechslungen waren einfach nicht zu vermeiden.

Ist Mani Neumeier Guru Guru oder ist die Band auch größer als du?
Ich bin das Rückgrat, der Motor oder das Herz der Band. Als die Neue Deutsche Welle in den 80er-Jahren kam, wollte niemand mehr psychedelische Rockmusik hören. Ich habe das aber durchgezogen und nicht angefangen, mich auf Computer zu spezialisieren oder Frisör zu werden. Mithilfe von Zen-Buddhismus stand ich das durch. Ich komme auch mit einer Handvoll Reis und wenig Geld aus. So kam ich irgendwann wieder hoch, als sich die musikalische Landschaft wieder veränderte.

Kam der Zen-Buddhismus bei dir nach den LSD-Trips?
Das passierte danach, ja. Es gab aber auch ein paar Parallelen. Bei der Meditation kommst du in Schwingungen wie bei den Trips, die aber sehr schnell und spontan passierten.

Kann dich nach so vielen Jahren noch irgendetwas aus der Ruhe bringen?
Wenn ich lese, dass die Nazis und Rechten wieder im Vormarsch sind, werde ich richtig zornig. Da pendle ich zwischen Wut und Übelkeit. Putin und ähnliche Artgenossen bringen mich auch aus der Ruhe. Ich hasse Ungerechtigkeiten, aber versuche all das wegzuschieben, weil ich es nicht ändern kann. Wir waren mit Guru Guru in China eingeladen und ich sagte einmal ab. Japanische Kollegen versicherten mir dann, dass die Organisation super wäre. Wir spielten dann einmal dort vor ca. 1000 Leuten. Das Publikum war so gut gelaunt wie hier 1969. Sie waren total ausgehungert, weil sie solche Shows nicht kannten. Viele jüngere Erwachsene denken auch nicht wie ihre Regenten, aber sie dürfen nichts sagen.

Mit japanischen Musikern habe ich drei Konzerte in Taiwan gespielt. Insgesamt habe ich 14 Konzerte in Japan gespielt und dort habe ich gute Freunde und kann auch wohnen. In Japan wagen sie viel mehr. Es gibt mehr Frauen in der Musik und in der Technik und sie limitieren sich weniger. Irgendwann wollten sie mich in Tokio im Wachsmuseum als Figur aufstellen. 1996 ist das wirklich passiert, wir waren als Guru Guru eingeladen und wurden gefeiert wie die Könige. Erst dort habe ich Japan entdeckt und lieben gelernt. Es wird nichts geklaut, das Essen ist gut und die Züge kommen auf die Sekunde genau. Meine Frau ist Japanerin, wir haben uns 2004 kennengelernt und später geheiratet.

Pendelst du in deinem Alltag heute zwischen dem Odenwald und Japan?
Wir sind jedes Jahr von Jänner bis März in Japan und sonst im Odenwald. Ich spiele dort auch immer einige Gigs und manchmal musste ich sogar welche absagen, weil es sonst zu viele wären.

Was ist denn der Grund, dass Guru Guru gerade in Japan eine solche Popularität erfahren?
Durch unsere ersten Schallplatten waren wir dort bekannt. Es gingen einige Tausend Stück über die Ladentische. Wir füllen dort keine großen Hallen, aber sind regelmäßig präsent und ich vernetzte mich mit den Musikern dort, flog mit eigens bezahltem Flugticket hin, um mit ihnen dort zu spielen. Ich bin dort nicht mehr nur ein Gast, so wie viele Amerikaner, sondern ich gehöre dazu. Ich habe auch in kleinen Clubs gespielt und viel mit Amateuren. Da gab es oft nicht einmal 100 Euro oder gar nichts, aber das ist mir egal. Da haben die Japaner gemerkt, dass ich nicht auf meine Prinzipien beharre.

Würdest du eigentlich noch einmal Free-Jazz spielen?
Manchmal mache ich das, aber im deutschsprachigen Raum würden die Jazz-Musiker nie auf die Idee kommen, mich für Projekte anzufragen, weil sie denken, ich sei ein Rockmusiker. Viele glauben auch, ich hätte gar keine Zeit. Angefangen habe ich mit Irené Schweizer, mit der ich 30 Jahre später wieder spielte. Von Jazz-Festivals werde ich nicht eingeladen, dafür bin ich zu stark in eine Schublade einsortiert.

Du hast dich in den 80er-Jahren zwar der Neuen Deutschen Welle und allen elektronischen Trends verwehrt, während der Pandemie hast du aber das Smartphone entdeckt, um Vogelstimmen aufzunehmen.
Weil ich sonst nichts zu tun hatte. (lacht) Die Vögel haben sich nicht um die Pandemie gekümmert und ich irgendwann auch nicht mehr. Ein paar Dutzend Platten habe ich davon gekauft, das war ein netter Spaß. Mit Möbius und Conny Plank habe ich schon 1981 eine Platte aufgenommen, die ihrer Zeit weit voraus war und heute noch gerne von DJs zum Mixen aufgelegt wird. Ich hätte auch so weitermachen können wie Klaus Schulze und Tangerine Dream, aber ich habe den Jazz im Blut. Mir tut aber auch der Rock’n’Roll gut. Ich mag Chuck Berry, Bo Diddley und die alten Blueser.

Ist dir rhythmische, allgemein nachvollziehbare Musik heute wichtiger als es früher der Fall war?
Wenn jemand sehr offen anfängt, dann spiele ich selbst wie ein kleiner Wasserfall. Dann kommt irgendwann ein Groove, den ich bestimme und alle spielen mit. Wenn es mir reicht, dann wechsle ich den Rhythmus, das macht mir am meisten Spaß.

In den 70er-Jahren habt ihr als Guru Guru in einer Kommune zusammengewohnt. Wie kam das zustande und wie kann man sich das vorstellen?
Wir sind im Bus herumgefahren und haben dort und da übernachtet. Wir merkten dann aber, dass wir uns in dieser Form gegenseitig aufreiben und ein Haus brauchen, wo wir Platz für uns haben. Um in Ruhe zu proben, fanden wir ein Haus im Odenwald. Das war riesig. Wir waren zu dritt mit einem Roadie und es kamen Gäste und Freunde dazu. Wir hatten 13 Zimmer und sind von dort aus nach Hamburg, Berlin, München, Österreich und die Schweiz gefahren. Es war alles sehr günstig und wir waren unabhängig. Ein bisschen später sind wir nach Finkenbach, auch im Odenwald, umgezogen. Das war strategisch gut, weil wir von dort überall schnell hinkamen. Ich organisierte anfangs alle Konzerte, weil es damals noch nicht so viele Clubs gab und das Ganze nicht so beamtet war wie heute. Wir spielten auf Unis, auf Straßen oder irgendwelche Open-Airs. Wir hatten später verschiedene Manager und im „Beat Club“ auch einen Fernsehauftritt. Sogar meine Mutter meinte dann, dass das wohl doch was Ordentliches sein müsste. (lacht) Wir waren auch die erste Band im Rockpalast, das war schon ein Markstein. Wir waren ganz anders als die anderen und hatten deshalb viel erreicht. Es gab keine Hits, die sich groß verkauft haben, aber wir hatten eine tolle Livepräsenz.

Nähert ihr euch mittlerweile nicht der Grenze von 4000 gespielten Konzerten?
3700 und ein paar zerquetschte sind es. 4000 Konzerte sind kein großes Ziel, denn das kann man nicht planen. Vielleicht sterbe ich nächste Woche, vielleicht spielen wir aber auch noch fünf Jahre und länger - man weiß es einfach nicht. Wir spielen auch deshalb so intensiv, weil jedes Mal das letzte Mal sein könnte. Wir setzen uns jedenfalls keine Grenzen, wie viele wir noch spielen wollen. Es ist schon alles erreicht. Wenn wir spielen, dann muss es gut sein. Egal, ob vor 50 oder 500 Leuten.

Gibt es noch Plätze oder bestimmte Länder, wo du unbedingt noch auftreten möchtest?
Ich bin froh, dass ich nach Corona wieder nach Japan konnte. Ich habe auch schon in Australien und Neuseeland gespielt und einmal waren wir in der Mongolei. Mit Guru Guru hatten wir auch eine Tour in den USA. Drei Konzerte spielte ich in kleinen Clubs in Hawaii. Ich freue mich, wenn wir ein paar gute Gigs spielen können und ein paar Leute kommen. Es ist heute schwierig, weil es allen am Geld fehlt und 30 Euro Eintritt für manche sehr viel ist. Der Veranstalter braucht das aber, weil er sonst selbst irgendwann in Konkurs geht. Wir haben auch einmal in Paris gespielt und in London, konnten aber beide Städte nicht erobern. London hätten wir schon 1972 anvisieren sollen, aber damals wollten sie nichts zahlen und wir haben England dann fallengelassen.

Damals entschieden oft Wochen oder Monate um Wohl oder Wehe. War man irgendwo rechtzeitig dran, hätte man es möglicherweise langfristig geschafft. Wie sehr haben denn das Sehen und Erkunden der ganzen Welt die Musik von euch inspiriert?
Schon stark. In Skandinavien waren wir nicht oft, aber von Indien ließen wir uns extrem stark beeinflussen. Jemand hat uns die indische Trommel beigebracht und das hat dann die Ausrichtung von Guru Guru stark beeinflusst. Die indische Tröte passt sehr gut zur Rockgitarre und das hat außer uns auch keine Band sonst gemacht.

Guru Guru waren immer eine Band, die für Frieden und Freiheit eingetreten sind. Wie geht es dir, wenn du dir die Welt von heute so anschaust?
Die Welt ist ein Chaos, aber die Botschaft von uns ist nicht gescheitert. Einfach gesagt, geht es uns um „Love And Peace“. Die Menschen merken schon, dass das, was wir machen, besser ist, als die Welt gerade aussieht. Wir machen uns alle eine Gaudi, spielen uns die Bälle zu und holen die Leute aus der harschen Realität raus. Ich kann Menschen nicht verstehen, die sich nur nach dem Geld orientieren. „Je mehr, desto besser“, dabei begreifen sie nicht, was wir für ein Glück haben. Wir alle fliegen um die Sonne herum und sind strenggenommen nichts anderes als Astronauten. Es ist unheimlich toll, wie diese Welt aussieht und was da wachsen konnte. Wenn man das nicht versteht, ist man ein Dummkopf.

Auch diese Tech-Giganten, die ihre Satelliten in den Himmel schießen und sich gegenseitig brüsten, wer als erster dran war. Mit diesem Geld könntest du ganz Nepal ein halbes Jahr lang ernähren. Die Richtung ist ganz klar: Wir stehen für Frieden und Freiheit, aber ein bisschen was haben wir sicher auch beeinflusst. Heute ist es salonfähig, dass man als junger Mensch lange Haare trägt oder bunt angezogen ist. Dafür wurde ich in Bayern noch aus der Schule geschmissen. Die Welt hat sich stark verändert, aber das heißt nicht, dass man jetzt nachlassen soll. Ganz im Gegenteil. Es ist die Gier, die heute alles versaut. Die meisten Leute wollen Harmonie im Leben, aber der kleinere, böse Teil, markiert gerne den Spielverderber.

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