Anschlag in Russland

Kreml: Tötung von Militärblogger war „Terrorakt“

Ausland
03.04.2023 17:32

Am Sonntagabend wurde der russische Propagandist Wladlen Tatarski in einem Café in der russischen Ostseemetropole Sankt Petersburg getötet. Nun hat der Kreml die Ermordung als „Terroranschlag“ eingestuft. Vermutet werden hinter dem Attentat - laut der russischen Führung zumindest - ukrainische Geheimdienste und der russische Oppositionelle Alexej Nawalny. Das Team des Putin-Gegners weist die Vorwürfe vehement zurück und sieht wiederum den russischen Inlandsgeheimdienst FSB als Drahtzieher.

Wie Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag bekanntgab, sei der russische Präsident Wladimir Putin umgehend über das Attentat, bei dem mehr als 30 Menschen verletzt worden waren, informiert worden. Das staatliche Ermittlungskomitee verkündete am Montag, man habe eine 26-jährige Frau namens Darja Trepowa festgenommen. Laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Tass handelt es sich um eine russische Staatsbürgerin, die wegen Protests gegen den Krieg in der Ukraine bereits früher einmal festgenommen worden war.

Innenministerium veröffentlicht angebliches Beweisvideo
Das Innenministerium in Moskau veröffentlichte ein Video, in dem die mutmaßliche Täterin zugibt, am Sonntag in dem Café gewesen zu sein. Sie habe Tatarski, der mit bürgerlichem Namen Maxim Fomin heißt, eine Büste übergeben, die dann später explodierte. Der 40-Jährige starb, beim Messagingdienst Telegram folgten ihm mehr als 560.000 Menschen. Auf die Frage, wer ihr diese Büste gegeben habe, meinte die Tatverdächtige, dass sie das später sage.

Peskow warf der Führung in Kiew vor, „terroristische Handlungen“ in Russland zu unterstützen. Es ist der zweite Fall seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor gut einem Jahr, in dem ein russischer Propagandist getötet wurde. Im vergangenen Jahr starb die Publizistin Darja Dugina bei einer Autoexplosion bei Moskau.

Mutmaßliche Täterin soll Verbindungen zu Nawalny haben
Kiews Geheimdienste hätten den „Terroranschlag“ gegen Wladlen Tatarski geplant und dafür eine inzwischen inhaftierte Verdächtige herangezogen, teilte das Anti-Terror-Komitee am Montag mit. Nach Darstellung des Anti-Terror-Komitees stand die festgenommene Frau mit der Anti-Korruptions-Stiftung des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny in Verbindung. Zuvor hatten Medien berichtet, die mutmaßliche Täterin habe in der Vergangenheit an Demonstrationen für die Freilassung Nawalnys teilgenommen und sei wie der Oppositionsführer überzeugte Kriegsgegnerin.

Für Nawalny-Team russischer Geheimdienst FSB Drahtzieher
Nawalnys Team wies die Vorwürfe kategorisch zurück. Verantwortlich für die Ermordung des Propagandisten seien vielmehr Agenten des Inlandsgeheimdienstes FSB, teilten die im Exil im Ausland lebenden Oppositionellen Iwan Schdanow und Leonid Wolkow am Montag mit.

Schon seit Jahren versuche der Machtapparat, der Opposition Terror anzuhängen, sagte Schdanow. Für die russischen Ermittler sei der Vorwurf einer Tatbeteiligung der Opposition an dem Mord insofern bequem, als dass Nawalny so zur Höchststrafe wegen Terrors verurteilt werden könne, führte er fort.

Schadnow und Wolkow warfen dem FSB vor, schon seit Jahren politische Morde zu inszenieren. Der FSB habe diesen Blogger, der auch die Kriegsführung des Verteidigungsministeriums in Moskau kritisierte, selbst „beseitigt“. Denn Russland brauche nicht nur den äußeren absoluten Feind in Gestalt der Ukraine, sondern auch einen inneren Feind in Gestalt des Nawalny-Teams.

Wagner-Chef vermutet Gruppe von Radikalen hinter Attentat
Die Zahl der Verletzten bei dem mutmaßlichen Bombenanschlag auf einen bekannten russischen Militärblogger in Sankt Petersburg ist einem Medienbericht zufolge auf 32 gestiegen. Zehn von ihnen befänden sich in ernstem Zustand, meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA am Montag unter Berufung auf das Gesundheitsministerium. Der Chef der Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, sieht eine Gruppe von Radikalen hinter dem Mordanschlag auf den Militärblogger.

Ukraine spricht von russischem „Inlandsterrorismus“
Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak sagte, in Russland mache sich „Inlandsterrorismus“ breit. Der von Russland eingesetzte Chef des besetzten ukrainischen Gebiets Donezk, Denis Puschilin, wies der Regierung der Ukraine die Verantwortung für Tatarskis Tod zu. Prigoschin sagte hingegen, er würde dem „Regime in Kiew“ nicht die Schuld geben. Er gab zudem an, dass das Cafe früher ihm gehört habe. Er habe es aber „patriotischen“ Aktivisten überlassen, die dort Treffen abhielten. Reuters konnte die Angaben nicht unabhängig verifizieren.

Prigoschin lobte den Blogger als Patrioten und widmete ihm eine Aktion in der umkämpften ostukrainischen Stadt Bachmut. Dort ließ er auf dem Verwaltungsgebäude eine russische Flagge hissen - mit dem Namen von Tatarski auf dem Stoff. Der Wagner-Chef behauptete, dass Bachmut eingenommen sei.

Die Eroberung der Verwaltungszentrale sei „rechtlich“ der Beweis, dass die Ukraine keine Kontrolle mehr habe über die Stadt. Die ukrainische Führung hat die Lage in Bachmut stets als schwierig bezeichnet, aber auch betont, den strategisch wichtigen Ort zu halten. Weder Kiew noch die russische Militärführung in Moskau haben einen Fall Bachmuts bestätigt.

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