Nach Angriffen
Selenskyj drängt auf Luftabwehrsystem aus Westen
Einen Tag nach den jüngsten russischen Raketenangriffen auf die ukrainische Infrastruktur sind in der Hauptstadt Kiew den Behörden zufolge alle Einwohner wieder an die Wasserversorgung angeschlossen. Auch die U-Bahn sei wieder in Betrieb, teilte Bürgermeister Vitali Klitschko am Samstag mit. Unterdessen verstärkte Staatschef Wolodymyr Selenskyj seine Forderung nach Lieferung von Luftabwehrsystemen.
Der Westen müsse gegenüber Russland „den Druck erhöhen“, sagte der Staatschef in der Nacht zum Samstag in seiner täglichen Videoansprache. Sein Land benötige dringend Luftabwehrraketen. Auch am Samstag gab es wieder landesweit Luftalarm. Die Militärverwaltung in Kiew rief die Bevölkerung über den Kurznachrichtendienst Telegram auf, Schutzräume aufzusuchen. In der südukrainischen Stadt Cherson ist Behördenangaben zufolge ein Mann getötet worden. Der 36-Jährige sei in seinem Auto ums Leben gekommen, als russische Truppen den westlichen Teil der Stadt mit Artillerie und Raketen angegriffen hätten, teilte Regionalgouverneur Jaroslaw Janukowitsch auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Zudem sei eine 70-jährige Frau verletzt worden.
Erst am Freitag hatte das russische Militär erneut massiv die zivile Infrastruktur in der Ukraine angegriffen und damit großflächig die Strom- und Wasserversorgung lahmgelegt. Dabei feuerte Russland mehr als 70 Raketen ab. Es war eine der schwersten Angriffswellen seit Beginn der Invasion am 24. Februar.
Auch auf russischem Gebiet gab es am Samstag Todesopfer. In einem von Russland besetzten Dorf in der Ostukraine wurden nach russischen Angaben drei Menschen durch ukrainischen Beschuss getötet. In Schtschastia in der Region Luhansk seien Raketen des US-Typs Himars eingeschlagen, teilten die von Russland eingesetzten Behörden mit. Fünf weitere Menschen seien verletzt, vier Häuser zerstört worden.
Wird Patriot-Abwehrsystem geliefert?
Kiew möchte vom Westen sehr gern das hoch entwickelte Patriot-Luftabwehrsystem für seine Armee. Diesem Wunsch stand die NATO lange sehr zögerlich gegenüber. Inzwischen wollen die USA laut Medienberichten aber doch eines dieser Raketensysteme an die ukrainischen Truppen liefern. Eine offizielle Bestätigung dafür steht aber noch aus. Besonders heikel ist die Lieferung aber, weil zur Bedienung des Systems US-Instruktoren, mit anderen Worten Soldaten, vor Ort eingesetzt werden müssten. Zudem sind Militärexperten skeptisch, ob das Patriot-System tatsächlich kriegsentscheidend sein könnte, zumal ja wohl nur wenige Batterien übermittelt würden. Diese hätten zwar lange Reichweiten, könnten aber flächenmäßig nur kleine Gebiete abdecken, meinte ein früherer hochrangiger Militärvertreter, der sich mit dem Abwehrsystem auskennt und anonym bleiben wollte, am Freitag gegenüber dem deutschen Sender ZDF.
Schutzschild über AKW Saporischschja
Eine etwas andere Art von Schutzschild baut derzeit die von Russland eingesetzte Verwaltung im ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja über eine Lagerstelle für nukleare Abfälle auf. Auf Videoaufnahmen ist zu sehen, wie Arbeiter in einer Höhe von etwa fünf Metern eine Art durchsichtige Plane über Dutzende Betonzylinder anbringen. „Zunächst schützt es vor Splittern und improvisierten Sprengsätzen, die von Drohnen abgeworfen werden“, erklärte ein russischer Vertreter. Später werde der Schirm substanzieller werden. Russland und die Ukraine werfen sich gegenseitig den Beschuss des Atomkraftwerkes vor.
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