225 Tage Didi Kühbauer

„Mit 65 stehe ich sicher nicht mehr an der Linie“

Anfangs von den Fans mit großer Skepsis empfangen, hat LASK-Trainer Didi Kühbauer den Linzer Klub wieder konsolidiert und auf Platz drei in der Bundesligatabelle geführt. Im „Krone“-Interview gibt der 51-Jährige sehr private Einblicke in sein Leben auf der Überholspur.

„Krone“: Was bedeutet Weihnachten für Sie?
Didi Kühbauer: Es ist eine ganz spezielle Zeit mit bestimmten Ritualen, die man gerne beibehält. Ich bin aber nicht so der Weihnachtstyp und habe ein Problem mit der Weihnachtsmusik, wenn sie schon im November rauf und runter gespielt wird. Meine Geschenke versuche ich so bald wie möglich zu besorgen, weil diese Massenhysterie an den letzten Tagen halte ich nicht aus.

Einen Christbaum gibt’s aber schon?
Natürlich eine Tanne, die meine Frau und ich bis vor zwei Jahren immer selbst geschmückt haben. An der Lichterkette sind wir regelmäßig gescheitert. Jetzt stelle ich den Baum nur noch hin und meine beiden Töchter müssen ihn aufputzen. Gesungen wird nicht mehr, seit die Mädels nicht mehr musizieren.

Was kommt auf den Festtagstisch?
Nach der Bescherung fahren wir zur Familie meiner Frau. Dort gibt’s traditionell jedes Jahr zuerst Beef Tatar und dann Geselchtes.

Als Trainer steht man permanent unter Strom – helfen die Feiertage auch zum Entschleunigen?
In der Woche vor Weihnachten kann ich schon abschalten. Aber ab 27. switche ich wieder in den Fußball-Modus, das steckt im Hinterkopf drin. Du willst es ausschalten, aber es funktioniert nicht ganz. Als Spieler ist es sicher einfacher. Du machst im Urlaub dein Trainingsprogramm – oder vielleicht auch nicht. Als Trainer machst du dir tausend Gedanken und hast noch mehr Verantwortung.

Verstehen Sie Trainerkollegen wie Jürgen Klopp oder Ralph Hasenhüttl, die aus diesem Hamsterrad ausbrechen wollen und mit einer Auszeit spekulieren?
Derzeit macht es noch Riesenspaß, aber mit 65 werde ich definitiv nicht mehr an der Linie stehen. Soweit bin ich jedoch bei weitem noch nicht.

Sie sind seit 225 Tagen Trainer des LASK. Wie schaut denn die persönliche Zwischenbilanz aus?
Es ist in allen Belangen nach oben gegangen, die Herbstsaison war in Ordnung. Wir wollen ins Obere Play-off und in einen internationalen Bewerb. Ich bin in Linz angekommen und fühle mich wohl. Und ich denke, man spürt, dass ich alles für den Klub gebe.

Vereine wie Rapid, Sturm oder die Austria haben durch ihre Tradition und Fans eine ganz besondere Kraft. Kann man das auch vom LASK behaupten?
Ich denke schon, die Unterstützung durch die Fans ist überragend, und durch das neue Stadion wird noch mehr möglich sein. Wir bekommen mit der Raiffeisen-Arena ein Schmuckkastl, aber auch dann muss die Arbeit getan werden. Ein Stadion schießt aber keine Tore. Das wird kein Selbstläufer. Aber die Fans honorieren harte und ehrliche Arbeit.

Wie haben Sie die Mannschaft nach einer schlechten Saison wieder aufgebaut?
Es geht natürlich zuerst um Fußball, aber mir war es auch immer wichtig, dass in der Kabine ein gutes Klima herrscht, dass alle gerne zum Training kommen. Das geben dann die Spieler auch zurück.

In der neuen Raiffeisen-Arena gibt es eine runde Kabine. Neuland auch für Sie?
Das hatte ich noch nie. Ich bin selbst neugierig und hoffe, wir gehen dann nicht alle im Kreis.

Wir leben heute in einer herausfordernden Zeit, die durch Dauerkrisen gekennzeichnet ist. Ist man da noch dankbarer für das Privileg, Profisportler zu sein und praktisch in einer Blase leben zu dürfen?
Das habe ich schon immer gesagt. Ich habe sehr viel Respekt vor einem seriösen Profi oder Trainer im Fußball. Aber mein Leben war nicht immer rosig, daher kann ich das Privileg, Fußballer zu sein, besonders schätzen. Ich bin nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren worden und habe deshalb vielleicht auch mehr Biss und Motivation, um erfolgreich zu sein. Es ist wichtig, dass man sich nicht verändert, wenn es einem irgendwann besser geht. Das traue ich mich von mir zu behaupten. Ich habe heute noch die Freunde, die ich früher hatte. Fußballprofi zu sein, ist ein wunderbarer Job - aber deshalb zählt ein Bauarbeiter genauso viel.

Die Weltmeisterschaft in Katar ist in der Endphase – gab’s für Sie als Trainer besondere Erkenntnisse?
Nein. Ganz ehrlich: Diese WM hat mich nicht geflasht. Die kleineren Länder mauern ohne Ende, die Großen haben ihre Probleme damit. Jede Mannschaft kann gut verteidigen. Das permanente Pressing, das eine Zeit lang modern war, ist vorbei. Das ist auch Brasilien zum Verhängnis geworden, die ich lieber im Semifinale gesehen hätte. Aber irgendwer wird sicher eine Statistik auspacken und von neuen Erkenntnissen sprechen.

Freuen Sie sich mit Leo Messi, der sein Lebenswerk am Sonntag im großen Endspiel finalisieren könnte?
Ich würde es Messi gönnen, weil er dafür verantwortlich ist, dass Argentinien so weit gekommen ist. Er ist ein unglaublicher Spieler, der drei Minuten an derselben Stelle herumsteht und dann in einer Sekunde ein Spiel entscheiden kann. Da musst du ein Ausnahmefußballer sein. Messi hat so viel Genialität in sich. Aber es ist lustig, ihm zuzuschauen. Man bekommt den Eindruck, das Match interessiert ihn gar nicht - und dann schlägt er plötzlich zu.

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