Ex-Weltfußballer Lothar Matthäus gilt heute als messerscharfer Analytiker: Im Interview mit der „Krone“ spricht der „Sky“-Experte über Salzburgs Chancen bei Milan und sein Wohnzimmer San Siro. „Der Klub ist toll aufgestellt und bekommt von mir die Höchstnote“, sagt die Legende über die Bullen.
„Krone“: Herr Matthäus, auf Salzburg wartet heute das „Grande Finale“ bei Milan. Wie beurteilen Sie die bisherigen Leistungen ihres Ex-Klubs in der Königsklasse?
Lothar Matthäus: Salzburg gibt im internationalen Vergleich immer eine gute Figur ab. Mit dem AC Mailand und Chelsea hat man zwei Topadressen als Gegner. Salzburg konnte aber bisher immer gut mithalten und hat Österreichs Fußball toll vertreten.
Wie schätzen Sie Salzburgs Chancen in Mailand ein?
Sie sind alles andere als chancenlos! Wenn wir das Bayern-Spiel (1:7, Anm.) weglassen, haben sie sich auswärts immer gut verkauft, ich denke da etwa auch an das 3:4 seinerzeit in Liverpool. In dieser Salzburger Truppe steckt große Qualität, sie können diesmal den Punch setzen, der bisher noch gefehlt hat. Es geht nur um Kleinigkeiten.
Wie bewerten Sie die Arbeit der vergangenen Jahre?
Ich hatte schon zu meiner Zeit (2006/07) im Kopf, junge Spieler zu entwickeln. Davon lebt Salzburg heute. Es ist ihnen sensationell gelungen, mit gutem Scouting Talente zu verpflichten und diese teuer zu verkaufen. Sie sind nicht wie früher auf Red Bull angewiesen, sondern finanzieren sich weitgehend selbst. Der Klub ist toll aufgestellt und bekommt von mir die Höchstnote!
Sie haben vier Jahre im fußballverrückten Mailand gespielt, allerdings für Inter. Warum können sich die Italiener so für Calcio begeistern?
Die Italiener sind Südländer und daher automatisch emotionaler und mit Begeisterung dabei. Zu meiner Zeit waren die Klubs internationale Topadressen. Derzeit sind sie das nicht, auch wenn der AC und Inter auf einem guten Weg sind.
Das Stadion San Siro ist eine Kultstätte, in dem Sie einige ihrer besten Spiele absolviert haben. Was zeichnet diese Arena aus?
Zunächst bin ich traurig, dass sie bald weg ist. Da geht eine Kultstätte verloren mit großen Geschichten im letzten Jahrhundert. Die Liste der Superstars, die darin gespielt haben, ist unglaublich lang. Das Stadion ist wie der Eiffelturm in Paris! Für mich war das auch immer mein Wohnzimmer, dort haben wir den Grundstein für den WM-Titel 1990 gelegt. Trotzdem verstehe ich, dass die Mailänder Klubs einen neuen Tempel errichten.
Mit Dietrich Mateschitz ist Salzburgs Mäzen kürzlich verstorben. Welche Erinnerungen haben Sie an ihn?
Wir hatten damals wenig Kontakt, er war ja immer schon sehr zurückgezogen und auch nicht oft im Stadion. Er hat aber immer eine klare Linie verfolgt und sich nie vom Weg abbringen lassen. Alles, was er angepackt hat, war erfolgreich. Viele Sportler hätten ohne ihn ihren Job nicht ausüben und einer normalen Arbeit nachgehen müssen. Was er als Geschäftsmann geschaffen hat, verdient Hochachtung!
Wem drücken Sie im großen Gruppenfinale die Daumen, und wie lautet Ihr Tipp?
Selbstverständlich drücke ich Salzburg die Daumen. Auch wenn die Zeit dort nicht so gelaufen ist, wie es geplant war - Hansi Flick und ich hatten Großes vor -, habe ich eine schöne Zeit in Salzburg verbracht. Im Leben gehört es dazu, dass einem nicht alles vergönnt ist. Was den Tipp betrifft: Mein Herz und meine Sympathie schlagen für Salzburg. Ich würde mir ein 2:1 für meinen Ex-Klub wünschen, glaube aber, dass der AC Mailand 2:1 gewinnt.
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