Reaktion auf Offensive

Luhansk: Scheinreferendum für Beitritt zu Russland

Ausland
20.09.2022 15:42

Die Separatistenführung in der umkämpften Region Luhansk in der Ostukraine will noch diese Woche über den Anschluss an Russland abstimmen lassen. Das Referendum soll laut den Behörden vom 23. bis 27. September abgehalten werden. Es gilt als Reaktion auf die aktuelle ukrainische Gegenoffensive. Im gleichen Zeitraum sollen in der selbst ernannten Volksrepublik Donezk sowie in den umkämpften Gebieten Cherson und Saporischschja im Süden international nicht anerkannte Scheinreferenden abgehalten werden. Kiew kündigte postwendend eine gewaltsame Reaktion an.

„Die Bedrohung kann nur mit Gewalt abgewendet werden“, erklärte der Leiter des ukrainischen Präsidialamts, Andrij Jermak, im Online-Netzwerk Telegram. Die Ankündigung der Referenden sei eine „Erpressung“ durch Moskau, das angesichts der ukrainischen Geländegewinne von der „Angst vor einer Niederlage“ getrieben sei. Auf ähnliche Weise hatte Russland 2014 die ukrainische Halbinsel Krim annektiert. International wurde die Abstimmung nicht anerkannt. Auch diesmal ist eine Anerkennung nicht in Sicht.

Zuvor hatte der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew auf eine Annexion der separatistischen Regionen im Donbass in der Ostukraine per Referendum gedrängt. Dies könne die russische Militäroffensive im Nachbarland stärken. Die Referenden im Donbass seien nicht nur von großer Bedeutung für den Schutz der Bewohner, sondern auch, um „die historische Gerechtigkeit“ wieder herzustellen, schrieb Medwedew am Dienstag auf Telegram.

„Alle Mittel der Notwehr einsetzen“
Nach Ansicht Medwedews würde der rasche Beitritt zu Russland die Ukraine am Vormarsch hindern, denn „das Eindringen in russisches Gebiet stellt ein Verbrechen dar“, fügte er hinzu. Zur Selbstverteidigung könnte Moskau „alle Mittel der Notwehr einsetzen“, hob der heutige stellvertretende Vorsitzende des russischen Nationalen Sicherheitsrats hervor.

Russische Kommentatoren wiesen darauf hin, dass das Atomwaffen einschließe. Nach Ansicht der russischen Politologin Tatjana Stanowaja entschied sich Putin nach dem Scheitern seiner ursprünglichen Pläne, die Gebiete rasch einzunehmen, zu den Beitrittsreferenden. Nach Aufnahme der Gebiete habe er die Möglichkeit, die Territorien unter Androhung des Einsatzes von Atomwaffen zu verteidigen.

Sorge wegen Erfolgen der Ukrainer
Pro-russische Behörden in der Ukraine fordern, Referenden über einen Anschluss an Russland abzuhalten. Aufgrund der Gegenoffensive ukrainischer Streitkräfte im Nordosten und Süden der Ukraine, wo die Ukrainer große Gebiete zurückerobern konnten, wächst die Sorge der Besatzer. Der ranghohe pro-russischer Vertreter im Donbass, Denis Puschilin, erklärte am Dienstag, dass die separatistischen „Republiken“ Donezk und Luhansk seit Montagabend „aktiv“ an einer Abstimmung über den Beitritt zu Russland arbeiteten.

Zuletzt musste der Kreml eine empfindliche Niederlage hinnehmen, die russischen Truppen zogen sich nach ukrainischen Angriffen fast völlig aus dem Gebiet Charkiw zurück. Die Staatspropaganda warnte vor einer möglichen verheerenden Niederlage in dem Krieg. Der Kreml könnte nun darauf setzen, mit den Referenden innenpolitisch die Bevölkerung mobilisieren zu können - eventuell sogar durch Ausrufung des Verteidigungsfalls. Derzeit leidet das russische Militär in der Ukraine an Personalmangel. Die eingesetzten Soldaten auf Vertragsbasis haben nicht genügend Ressourcen für den Krieg, der in Moskau immer noch „militärische Spezialoperation“ genannt wird.

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